Deadlock
Bissen in einer kleinen Grillbar und ging zur Ajax hinüber. Ich sagte dem Pförtner, dass ich Roger Ferrant von Lloyds, Abteilung »Besondere Risiken«, zu sprechen wünschte, und nach ein paar Minuten teilte mir Ferrant mit, ich sei ihm herzlich willkommen.
Mit meinem Besucherausweis am Revers fuhr ich in den dreiundfünfzigsten Stock. Ferrant kam aus seinem nussbaumgetäfelten Büro; eine glatte braune Haarsträhne fiel ihm über die Augen, und er rückte im Gehen seine Krawatte zurecht.
»Haben Sie etwas Neues für uns, was uns weiterbringt?«, fragte er gespannt. »Leider noch nicht. Ich muss Ihnen erst ein paar Fragen stellen, an die ich gestern nicht gedacht hatte.«
Er machte ein langes Gesicht, meinte aber fröhlich: »Nun, niemand kann zaubern! Schließlich haben das FBI, die amerikanische Küstenwache und der Technische Überwachungsverein bis jetzt auch noch nichts herausbekommen.« Höflich geleitete er mich in sein Büro, in dem es noch chaotischer aussah als gestern. »Ich bleibe noch bis zur offiziellen Untersuchung am nächsten Montag hier. Dann geht's zurück nach London. Meinen Sie, dass Sie den Fall bis dahin aufgeklärt haben?«
Das war natürlich witzig gemeint, doch ich erwiderte: »Ich dürfte meine Ermittlungen in vierundzwanzig Stunden abgeschlossen haben. Allerdings glaube ich nicht, dass Sie über das Ergebnis besonders erfreut sein werden.«
Er sah, dass ich das ernst meinte. Ob er mir glaubte oder nicht - jedenfalls hörte er auf zu lachen und fragte mich, ob er mir irgendwie behilflich sein könne. »Hogarth erwähnte gestern, dass es niemanden gebe, der sich in der Frachtschifffahrt der Großen Seen besser auskenne als Sie. Ich hätte gern gewusst, wie sich der Schaden an der Schleuse auf den Frachtverkehr auswirkt.«
»Vielleicht könnten Sie mir ein bisschen genauer sagen, worauf Sie hinauswollen?«
»Ich meine: Der Unfall in der Schleusenkammer muss doch schwer wiegende Folgen haben. Können denn überhaupt noch Schiffe durchgeschleust werden?« »Nun, völlig zum Erliegen ist der Schiffsverkehr ja nicht gekommen. Die MacArthur-Schleuse und die Davis-Schleuse waren zwar ein paar Tage geschlossen, weil man Wrackteile entfernen und ihre Funktionsfähigkeit überprüfen musste, aber die Sabin-Schleuse - in kanadischem Gewässer - ist noch in Betrieb. Die größten Schiffe können natürlich ein Jahr lang nicht auf den nördlichen Seen verkehren, zumindest so lange, bis die Poe-Schleuse repariert ist. Sie war die Einzige, die auch für Dreihundert-Meter-Frachter geeignet war.« »Hat das nicht verheerende Folgen - zum Beispiel finanzieller Art?« Er wischte sich das Haar aus der Stirn und lockerte seine Krawatte. »Die meisten Transporte werden zwischen Duluth und Thunder Bay sowie den südlicheren Häfen abgewickelt. Sechzig Prozent der nordamerikanischen Getreideernte werden in diesen beiden Häfen verladen, das ist eine beachtliche Menge, denn die gesamte Produktion von Manitoba und dem nördlichen Mittelwesten gehört dazu - schätzungsweise achtzehn Milliarden Bushel jährlich. Und obendrein das gesamte in Duluth geförderte Eisenerz.« Er schob gedankenvoll die Lippen vor. »Durch die Soo-Schleusen läuft mehr Fracht als durch den Panama- und den Suezkanal zusammen. Dabei sind sie nur neun Monate im Jahr geöffnet, im Gegensatz zu den beiden anderen. Ganz sicher werden sich finanzielle Konsequenzen ergeben.«
»Der Frachtverkehr läuft also weiter, jedoch zum Nutzen der kleineren Schiffe?« Ich fragte hartnäckig weiter.
Er lächelte. »Nur so lange, bis die Poe-Schleuse wieder offen ist. Natürlich herrscht zurzeit große Aufregung auf dem Getreidemarkt und unter den Reedern der Großen Seen. Die wird sich aber in ein paar Wochen wieder gelegt haben, wenn die Leute feststellen, dass der Schiffsverkehr in den meisten Fällen nicht beeinträchtigt wird.«
»Außer bei den Firmen, die sich hauptsächlich auf Drei-hundert-Meter-Frachter verlegt haben.«
»Ja, sicher. Doch davon gibt's ja nicht allzu viele. Getreideverschiffungsgesellschaften wie die Eudora bemühen sich natürlich, ihre Fracht auf kleineren Schiffen unterzubringen und verzichten sogar auf Zweihundert-Meter-Frachter. Grafalk bekommt jetzt eine ganze Reihe von zusätzlichen Aufträgen.«
»Macht Grafalk eigentlich gute Geschäfte?«
Er sah mich überrascht an. »Er hat das größte Schifffahrtsunternehmen an den Großen Seen.«
Ich musste lächeln. »Das weiß ich - ich kriege das ständig unter die Nase
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