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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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wird eingemottet, was wiederum Geld kostet. Wir können also seine Kosten verhältnismäßig gut einschätzen, und dann sehen wir uns die Frachtaufträge an und wissen, wie viel er verdient.«
    Das hörte sich vernünftig an. Ich machte mich an meine Arbeit, wobei ich mich insgeheim über Ferrants Begeisterung an dem Projekt amüsierte. Offenbar teilte er Hogarths Gefühle für seine Versicherungsnehmer nicht. Aus der ersten Seite der 1977er Police ging hervor, dass es sich bei der Grafalk-Schifffahrtsgesellschaft um eine GmbH mit Geschäftsadresse in der North La Salle Street 132 in Chicago handelte. In der Übersicht über die versicherten Personen waren fünfzehnhundert Beschäftigte in acht verschiedenen Kategorien aufgeführt, darunter Matrosen, Sekretärinnen, Schauerleute, Lastwagenfahrer und Büroangestellte. Manager sowie höhere Angestellte waren von der Versicherung ausgenommen. Insgesamt beliefen sich die Prämien für 1977 auf vier Millionen achthunderttausend Dollar. Ich pfiff leise durch die Zähne. Eine beachtliche Summe.
    Die Seiten mit der Aufstellung der versicherten Personen und den verschiedenen Kategorien überflog ich nur, bis ich zur Jahresschlussrechnung kam, aus der ersichtlich war, wie viele Leute - nach Kategorien getrennt - tatsächlich pro Tag bei Grafalk gearbeitet hatten und was er demzufolge im Jahre 1977 bezahlen musste. Der Abschlag war beträchtlich, denn am Schluss ergab sich nur ein Gesamtbetrag von drei Millionen Dollar. Statt drei Millionen Arbeitsstunden hatten es Grafalks Angestellte in jenem Jahr lediglich auf knapp zwei Millionen Stunden gebracht.
    Inzwischen stellte Ferrant die Frachtversicherungspolicen unter Angabe des Frachtwerts und des jeweils eingesetzten Schiffes chronologisch zusammen; anschließend wollten wir die Zahlen mit der Tonnage der einzelnen Schiffe vergleichen. Als wir uns gerade durch die Papiermassen gekämpft hatten, kam Hogarth herein. Ich sah auf die Uhr. Es war beinahe sechs. »Irgendwas gefunden?«, fragte er.
    »Wir müssen die Zahlen noch addieren, aber allzu rosig sieht es nicht aus. Kommen Sie schon, Hogarth, machen Sie mit - und machen Sie kein so grantiges Gesicht. Betrachten Sie's doch einfach als akademisches Problem.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Madeleine versprochen, heute ausnahmsweise einmal pünktlich nach Hause zu kommen.« Sprach's und überließ uns unserem Schicksal. Nach und nach stellte sich heraus, dass Grafalk während der vergangenen fünf Jahre nur vierzig seiner dreiundsechzig Schiffe im Einsatz gehabt hatte. Mitte 1979 hatte er sogar drei Schiffe aus seiner Flotte abgestoßen.
    »Er hätte noch mehr verkaufen müssen«, meinte Ferrant düster. »Vielleicht wollte sie keiner haben?«
    Gegen halb neun lag die Geschäftsanalyse des Grafalk'schen Unternehmens in groben Zügen vor uns. Wurde ein Schiff nicht eingesetzt, so entstanden ihm tägliche Kosten von zweitausend Dollar, im Einsatz dagegen von zehntausend Dollar. Die Gesamtkosten beliefen sich folglich auf rund hundertzwanzig Millionen Dollar im Jahr. Dem stand im Jahre 1977 nur ein Auftragswert von hundert Millionen Dollar gegenüber. Das Verhältnis sah 1978 und 1979 zwar etwas günstiger aus, aber es hatte sich in den letzten beiden Jahren nicht wesentlich verbessert.
    »Damit dürfte sich Ihre Frage beantwortet haben«, bemerkte Ferrant. »Der Knabe macht eindeutig Verlust.« Er ordnete seine Aufzeichnungen zu kleinen Stößen. »Merkwürdig, dass er in den letzten fünf Jahren so viele Aufträge von der Eudora bekommen hat. Sie machen beinahe zwanzig Prozent seines Gesamtumsatzes aus.«
    »Allerdings sehr merkwürdig«, bestätigte ich. »Aber die Eudora ist schließlich ein großer Konzern ... Wie hat Grafalk nur seine Verluste ausgeglichen? Die sind ja beängstigend.«
    »Die Schifffahrtsgesellschaft ist nicht sein einziges Unternehmen.« Ferrant schob die Policen in ihre Hüllen zurück. »Ihm gehört noch eine einträgliche Eisenbahnlinie, die den Hafen von Buffalo mit Baltimore verbindet, sodass er seine Schiffe in Buffalo entladen und die Fracht per Bahn zu den Hochseefrachtern in Baltimore transportieren kann. Ein Bombengeschäft! Außerdem besitzt seine Familie ein dickes Aktienpaket einer Computerfirma, von dem sie sich möglicherweise getrennt hat, um die Verluste zu decken. Ganz am Rande ist er an diversen Firmen beteiligt, und auch seine Frau ist, so viel ich weiß, gut betucht. Die Schifffahrtsgesellschaft war jedoch immer sein liebstes

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