Deadlock
gerieben. Aber verdient er auch was dabei? Wenn ich recht verstehe, sind doch die kleineren Schiffe unrentabel, und daraus besteht seine gesamte Flotte.« Ferrant zuckte die Achseln. »Wir tragen nur das Risiko für die Schiffe. Ob sie ausgelastet sind, kann ich Ihnen nicht sagen. Rentabilität ist ein relativer Begriff. Vielleicht macht Grafalk nicht solche Gewinne wie American Marine, aber deswegen muss er noch lange nicht unrentabel arbeiten.« Hogarth hatte den Raum betreten. »Warum interessiert Sie das, Miss Warshawski?«
»Nicht nur aus reiner Neugierde. Sehen Sie, bis jetzt hat sich noch keine Organisation gemeldet und sich zu dem Anschlag bekannt - weder die PLO, noch die FALN oder die Armenier. Wenn aber nicht irgendwelche Terroristen dahinter stecken, muss es einen anderen Grund geben. Ich versuche nun zu ermitteln, ob dahinter nicht die Absicht stehen könnte, das Auftragsverhältnis im Frachtverkehr zu Gunsten der kleinen Schiffe zu verändern.« Hogarth verzog ärgerlich das Gesicht. »Aber damit hat doch Grafalk nichts zu tun, Miss Warshawski - dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Niels Grafalk stammt aus einer sehr alten Reederfamilie. Er lebt nur für seine Flotte und für sein Unternehmen. Und im Übrigen ist er ein Gentleman.« »Das ist ja ein hervorragendes Leumundszeugnis«, sagte ich. »Es spricht für Ihr gutes Herz. Und doch wurde ein Fünfzig-Millionen-Dollar-Frachter in die Luft gesprengt, die nordamerikanische Frachtschifffahrt ist aus den Fugen geraten, und es gibt jede Menge Geschäftsausfälle. Ich weiß nicht, wie die Gerichte das sehen, aber irgendjemand muss doch diese Ausfälle finanzieren. Grafalk dagegen profitiert eine Menge durch das Schiffsunglück. Ich wüsste nur gern, wie er geschäftlich dasteht. Wenn sein Unternehmen gut läuft, hätte er kein so offenkundiges Motiv.«
Ferrant wirkte belustigt. »Sie haben eindeutig den Hang, die Menschen von ihrer weniger angenehmen Seite zu sehen ... Jack, Sie haben doch sicher eine Vorstellung von Grafalks Geschäftslage. Sehen wir uns doch einmal an, wie hoch seine Frachtversicherung ist, und welche Beiträge zur Betriebsunfallversicherung er leistet.«
Hogarth gab zurück, er müsse zu einer Sitzung, und außerdem sei das alles Zeitverschwendung.
»Dann mach' ich das«, sagte Ferrant. »Zeigen Sie mir nur, wo die Akten sind. Ich finde, diese Vermutung ist schon einer Überprüfung wert.«
Über die Gegensprechanlage bat Hogarth schließlich seine Sekretärin um die Grafalk-Akten der letzten fünf Jahre. »Und erzählen Sie dem alten Knaben ja nichts davon. In Sachen Familienehre ist er äußerst empfindlich.« Nach etwa zwanzig Minuten schob eine Frau mittleren Alters in einem Wägelchen eine Unmenge Aktenordner ins Zimmer. Ferrant war voller Elan. »Na, nun werden wir ja gleich sehen, wie die Geschäfte laufen. Wenn man, wie ich, mit Schiffsversicherungen zu tun hat, lässt sich das nämlich nicht feststellen.«
In fünf Jahren hatte sich eine beachtliche Menge von Unterlagen angesammelt. Vor allem gab es Versicherungsunterlagen aller Art. Ferrant sichtete den Papierwust mit geübtem Auge. »Wissen Sie, aus den Frachtversicherungen und den Betriebsunfallversicherungen lässt sich das meiste ablesen. Wir schauen uns nur den Frachtwert an und die Anzahl der Beschäftigten. Sie rechnen die Betriebsunfall-Versicherungspolicen zusammen. Aus der Jahresschlussrechnung ersehen Sie, wie viele Leute jährlich auf seinen Frachtern beschäftigt waren. Ich befasse mich inzwischen mit den Frachtpolicen.«
Wir setzten uns an einen runden Tisch. »Ich dachte immer, die ganze Schifffahrt leide unter der schlechten Wirtschaftslage. Wenn er nun wenig Aufträge hat, so beweist das eigentlich nur, dass er auch davon betroffen ist, oder etwa nicht?« »Guter Einwand.« Ferrant legte einen Stoß Betriebsunfall-Versicherungspolicen vor mich hin. »Es gibt da gewisse Wirtschaftsstatistiken - durchschnittliche Transportmenge im Verhältnis zum verfügbaren Frachtraum und dergleichen. Wir brauchen nur Vergleiche anzustellen. Das gibt zwar keine exakten Werte, doch wir wissen ziemlich genau, was der Unterhalt solch einer alten Schaluppe pro Tag kostet. Auch wenn sie nicht mit Fracht unterwegs ist, fallen die allgemeinen Unkosten an, denn irgendwo liegt sie ja vor Anker. Außerdem muss stets eine Notbesatzung an Bord sein, für den Fall, dass der Kahn rasch auslaufen muss, wenn er in einem anderen Hafen Fracht übernehmen soll - es sei denn, das Schiff
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