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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Ähnliches gegangen war. Diese Hebel waren, wie ich jetzt feststellen konnte, große Metallhandgriffe, leicht zu bewegen und deutlich gekennzeichnet: »Volle Kraft voraus«, »Halbe Kraft voraus«, »Halbe Kraft zurück«, »Volle Kraft zurück«.
    Er warf einen Blick auf die Uhr und lachte. Es war nach fünf. »Martin hat Recht - ich könnte den ganzen Tag hier unten zubringen.«
    Ich versicherte ihm aus vollem Herzen, dass mich das alles faszinierte, auch wenn ich nicht gleich durchblickte.
    Ich kehrte zur Brücke zurück, um meine Unterlagen zu holen. Inzwischen war für die Lademannschaft Feierabend. Mehrere kleine Kräne setzten gerade die Lukendeckel auf die Ladeluken.
    »Sie werden diesmal nicht verriegelt«, erklärte Bemis. »Heute Nacht soll es klar bleiben - ein reines Wunder. Trotzdem möchte ich bei einer Vier-MillionenDollar-Ladung Gerste kein Risiko eingehen.«
    Bledsoe kam zu uns herauf. »Ach, hier sind Sie ... Ich muss mich bei Ihnen noch entschuldigen, weil ich Ihnen neulich den Appetit verdorben habe. Würden Sie sich vielleicht von mir zu einem Abendessen überreden lassen? Ich kenne ein gutes französisches Restaurant in Crown Point, Indiana - etwa zwanzig Minuten von hier.«
    Ich hatte einen schwarzen Cordanzug an, und der war mit feinem Gerstenstaub bedeckt. Bledsoe ertappte mich dabei, wie ich zweifelnd an mir herunterblickte. »So vornehm geht es dort auch wieder nicht zu. Außerdem gibt es in meiner Kabine eine Kleiderbürste. Sie sehen allerdings auch so fantastisch aus.«

11
    Außer Gefecht
    Das Abendessen in Louis Retaillous Restaurant Bon Appetit war köstlich. Das Lokal befand sich im Parterre eines alten viktorianischen Hauses; den ersten Stock bewohnten die Mitglieder der Familie Retaillou, die samt und sonders im Restaurant mitarbeiteten. An diesem Donnerstag war es sehr ruhig; nur wenige der intarsienverzierten Holztische waren besetzt, und Louis höchstpersönlich begrüßte Bledsoe, der häufig hier zu Gast war. Ich bekam die beste Ente meines Lebens serviert und dazu einen vorzüglichen St. Estephe.
    Bledsoe erwies sich als amüsanter Gesprächspartner. Beim Champagnercocktail einigten wir uns auf »Martin« und »Vic«. Er ergötzte mich mit Seefahrerschwänken, während ich versuchte, ihn über seine Vergangenheit auszuhorchen. Ich erzählte ihm ein bisschen über meine Kindheit in der South Side von Chicago und streifte dabei auch ein paar meiner Abenteuer mit Champ. Er revanchierte sich mit Reminiszenzen über sein Leben an der Küste von Cleveland. Dann erwähnte ich meine Studentenzeit während der turbulenten Jahre des Vietnamkriegs und fragte ihn nach seiner eigenen Ausbildung. Nach der High School hatte er gleich zu arbeiten begonnen. Bei Grafalk? Ja, bei Grafalk - wobei er sich wieder an seine erste Sturmfahrt auf einem Frachter erinnerte. Und so ging es weiter.
    Als Bledsoe mich an der »Lucella« absetzte, war es halb elf. Der Wachmann nickte ihm zu, ohne seinen Blick vom Fernsehgerät zu wenden. »Nur gut, dass Sie auf Ihrem Boot eine Wache haben. An diesem Kerl käme ja jeder vorbei«, bemerkte ich.
    Bledsoe nickte zustimmend. Sein kantiges Gesicht zeigte Besorgnis. »Auf dem Schiff«, meinte er geistesabwesend. »Ein Boot ist etwas, was sich an Bord eines Schiffs hieven lässt.«
    Er begleitete mich zu meinem Wagen, bevor er zu einem letzten Rundgang auf die »Lucella« zurückkehrte. Die Silos und das Boot - nein, das Schiff - erhoben sich drohend hinter dem schwach erleuchteten Parkplatz. Mich fröstelte. »Nett von Ihnen, dass Sie mich in dieses fantastische Restaurant geführt haben, Martin. Das nächste Mal lade ich Sie in ein italienisches Lokal in der West Side ein, das nicht jeder kennt.«
    »Gern, Vic. Das nehme ich dankend an.« Er drückte mir die Hand und wandte sich zum Gehen; dann beugte er sich noch einmal in meinen Wagen und küsste mich. Es war ein angenehmer Kuss - schön fest und nicht so feucht -, und ich erwiderte ihn mit gebührender Intensität. Er murmelte noch etwas in der Richtung, dass er mich anrufen würde, wenn er wieder in der Stadt sei. Dann ging er. Ich verließ den Parkplatz und bog auf die 130. Straße ein. Nur wenige Fahrzeuge waren unterwegs, sodass ich die 1-94 schnell erreichte. Dort war der Verkehr dichter, aber flüssig; im Schutz der Dunkelheit rasten LKWs mit verbotenen hundertzwanzig Stundenkilometern an ihr Ziel, im endlosen Strom von Großstadtbewohnern, die Gott weiß was vorhatten.
    Wie es der Wetterbericht

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