Deadlock
Kapitän Bemis weitergeben wollte, habe ich mir gestern bei der Eudora seine Unterlagen angesehen. Offensichtlich hat er sich vor seinem Tod eingehend mit diesen Dokumenten beschäftigt. Ich wüsste gern, ob es von Bedeutung ist, dass alle Pole-Star-Verträge schließlich bei Grafalk landeten.«
Bledsoe überflog die Kopien noch einmal. »Eigentlich nicht. Entweder waren sie billiger als wir, oder sie konnten einen früheren Liefertermin anbieten.« »Kommen wir zur nächsten Frage: Weshalb interessierte sich Champ in diesem Frühjahr für bestimmte Kalendertage?« »Für welche?«
»Zum Beispiel den dreiundzwanzigsten April. Die übrigen habe ich nicht im Kopf.« Ich hatte den Terminkalender zwar dabei, wollte ihn aber nicht zeigen. Bledsoe und Sheridan sahen sich nachdenklich an. »Der dreiundzwanzigste war der Tag, an dem die >Lucella< Fracht übernehmen sollte«, meinte Bledsoe schließlich.
»Sie meinen, der Tag, an dem Sie Wasser in den Frachträumen hatten?« Sheridan nickte.
»Vielleicht haben die übrigen Daten auch etwas mit Schadensfällen zu tun. Gibt es eigentlich Aufzeichnungen über derartige Vorfälle?« Bledsoe legte die Stirn in Falten und schüttelte den Kopf. »Das wäre zu arbeitsaufwändig. Es gibt viel zu viele Schifffahrtslinien und zu viele Häfen. Die Great-Lakes-Versicherung registriert die Fälle, sofern sie etwas mit Bordwandoder Frachtschäden zu tun haben. Dort könnten Sie's mal versuchen. Wenn's um neuere Daten geht, kann Ihnen unter Umständen auch einer von uns behilflich sein.«
Langsam hatte ich diese ganze Kleinarbeit satt, die letzten Endes doch zu nichts führte. Sicher konnte ich bei der Great-Lakes-Versicherung Auskunft über Frachtschäden erhalten, doch was sollte ich damit anfangen? War Champ etwa einer Verbrecherorganisation auf die Spur gekommen, die Anschläge auf Frachtschiffe verübte? Die Feststellung, dass sich solche Unfälle ereignet hatten, würde diese Frage auch nicht beantworten.
Winstein war wieder auf Deck gegangen, und Kapitän Bemis gesellte sich jetzt zu uns. »Auf meinem Schiff werden sich jedenfalls keine Unfälle mehr ereignen. Ich habe veranlasst, dass ein paar Mann das Deck bewachen, sobald die Ladetätigkeit beendet ist.«
Bledsoe nickte. »Ich habe mir schon überlegt, ob ich nicht mit Ihnen rausfahren soll.« Er grinste. »Damit will ich nicht Ihre Qualitäten als Kapitän in Frage stellen, John, aber die >Lucella< ist uns allen lieb und teuer. Ich würde die Ladung gern nach St. Catharines begleiten.«
»Kein Problem, Martin. Die Chefköchin soll die Kabine für Sie herrichten.« »So was wie Stewards gibt es auf Frachtern nicht«, erklärte mir Bledsoe. »Die Chefköchin kümmert sich um die Kabinen des Kapitäns und der Passagiere, und alle Übrigen sorgen für sich selbst ... Wann werden Sie voraussichtlich auslaufen, John?«
Der Kapitän sah auf die Uhr. »Wir brauchen noch ungefähr elf Stunden für den Rest der Ladung. Auf jeden Fall wird es später als sieben morgen Abend werden.«
Bledsoe erbot sich, mit mir einen Rundgang durch das Schiff zu machen, falls Bemis keine Einwände habe. Mit nachsichtigem Lächeln gab der Kapitän seine Erlaubnis. Sheridan folgte uns die schmale Holztreppe hinunter. »Ich möchte mit dem Maschinenraum anfangen«, sagte er.
Die Brücke saß auf dem Ruderhaus auf. Die Kabinen des Kapitäns und des Chefingenieurs befanden sich unmittelbar unter der Brücke. Sheridan öffnete kurz seine Kabinentür.
Ich war überrascht: Der Chefingenieur bewohnte eine Drei-Zimmer-Suite - mit einem riesigen Bett und einem Büro, das mit Papierkram und Werkzeug voll gestopft war. »Ich dachte immer, man schliefe in engen Kojen, neben einem winzigen Waschbecken.«
Bledsoe lachte. »Das war früher mal so, aber die Zeiten haben sich geändert. Die Besatzung schläft zu sechst in einer Kabine, aber zusätzlich haben sie noch einen großen Aufenthaltsraum. Dort gibt es sogar eine Tischtennisplatte, die besonders bei rauer See viel zur guten Laune beiträgt.«
Über eiserne Tritte kletterten wir in den Schiffsbauch zu den Maschinen. Bledsoe hatte sich schon vorher empfohlen. »Wissen Sie, wenn der Meister bei seinen Maschinen mal so richtig ins Schwärmen kommt, hört er so schnell nicht wieder auf«, sagte er grinsend.
Sheridan zeigte mir, wie ein Schiff manövriert wird. Er erinnerte mich an das, was er mir darüber erzählt hatte, als die »Leif Eriksson« die Kaimauer rammte. Mir fiel ein, dass es dabei um Hebel oder
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