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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Pole-Star-Linie war in nur zwei Räumen in einem der weitläufigen Gebäude am äußersten Ende des Kais untergebracht. Obwohl sie in ihrer Größenordnung bei weitem nicht an Grafalk heranreichte, herrschte in den Büros dasselbe wohl geordnete Chaos von Computern, Karten und Telefonen, das - gleich einer elektronischen Symphonie - von einer überlasteten, doch freundlichen jungen Frau dirigiert wurde. Sie ließ das Telefon klingeln und sagte mir, dass Bledsoe auf der »Lucella« in der Nähe von Silo 9 anzutreffen sei, und gab mir die ungefähre Richtung an - es ging etliche Kilometer den Calumet River hinauf.
    Als ich auf dem Weg zu meinem Wagen am Grafalk-Gebäude vorbeischlenderte, kam Phillips heraus. Er konnte sich nicht gleich entscheiden, ob er mich übersehen sollte oder nicht; ich löste das Problem, indem ich ihn begrüßte. »Was machen Sie denn hier?«, fragte er.
    »Ich schreibe mich für einen Wasserballett-Kurs ein. Und Sie?«
    Er wurde schon wieder rot. »Ich nehme an, Sie stellen immer noch Fragen über Ihren Vetter. Hat die Hydra noch mehr Köpfe gekriegt?«
    Sein Sinn für Humor überraschte mich. »Ich möchte einige grundsätzliche Dinge klären. Dazu muss ich noch mit der Besatzung der >Lucella< sprechen, bevor sie ausläuft.«
    »Sie verpulvern eine Menge Energie für eine aussichtslose Sache. Ich hoffe, dass Sie das bald einsehen.«
    »Ich tue mein Möglichstes. Wasserballett kann da sehr hilfreich sein.« Er schnaubte verächtlich und verzog sich zu seinem Alfa. Als ich in meinen Mercury stieg, brauste er splittschleudernd an mir vorbei. Silo 9 gehörte der Tri-State-Genossenschaft. Eine Kette grenzte das Grundstück mit den Silos zur Straße hin ab. Nur an einer Stelle führte ein Bahngleis durch. Am Tor stand ein korpulenter Mann mit hochrotem Kopf in seinem Wärterhäuschen und las die »Sun-Times«. Der Mercury holperte über tiefe Fahrspuren näher, und das Rotgesicht legte widerwillig seine Zeitung beiseite und fragte mich, wo ich hinwolle.
    »Ich möchte Martin Bledsoe oder John Bemis sprechen.«
    Er winkte mich durch. Allzu gut gesichert schien das Gelände nicht zu sein. Ich fuhr weiter und landete schließlich auf einem gekiesten Parkplatz. Ein paar Güterwagen rollten gemächlich die Schienen entlang; wenig später wurden sie mit dem Lastenaufzug hochgezogen und entluden ihre Fracht in die Silos. Erstaunlich das Ganze - kein Wunder, dass Champ davon fasziniert war. Ich lief um die Silos zu dem Kai, wo die »Lucella« festgemacht hatte. Was für ein Schiffsriese! Wieder ergriff mich das Gefühl einer geheimnisvollen Bedrohung. Der Riese lag ruhig da, gebändigt von zentimeterdicken stählernen Tauen. Doch was würde sein gewaltiger Kiel aufrühren, wenn er einmal aus seiner Ruhe erwachte? Ich starrte in das schwarze Wasser, das den Rumpf verbarg, und fühlte mich elend und benommen. Niemand wusste, dass ich hier war. Langsam begriff ich, wie es hatte geschehen können, dass Champs Unfall unbeobachtet geblieben war. Mir lief es kalt über den Rücken.
    Von hoch oben führte eine Ausziehleiter am Schiffsrumpf hinab bis zum Kai. Ich kletterte hinauf. Auf dem Kai hatte völlige Ruhe geherrscht. Nur gedämpfte Arbeitsgeräusche waren aus den Silos zu mir gedrungen. Anders an Deck. Man brauchte höchstens zwanzig Leute, um einen Frachter zu beladen, aber diese wenigen waren bienenfleißig. Ich betrachtete eine riesige Maschine. Es schien sich um ein Förderband zu handeln, das sich herumschwenken ließ, ähnlich wie der Gefechtsturm eines Panzers. Ein Schild verbot, dass man sich ohne Schutzhelm näherte.
    Eine Zeit lang nahm niemand von mir Notiz. Dann gesellte sich eine weißbestäubte Gestalt in blauem Overall zu mir. Nachdem der Mann seinen Schutzhelm abgenommen hatte, erkannte ich Keith Winstein, den Ersten Offizier. »Hallo, Mister Winstein. Ich bin's, V.I. Warshawski. Wir sind uns neulich begegnet. Ich suche Mister Bledsoe.«
    »Ach ja, ich erinnere mich. Bledsoe ist oben auf der Brücke beim Kapitän. Soll ich Sie begleiten? Oder möchten Sie erst noch ein Weilchen zuschauen?« Aus dem Materialraum hinter dem »Gefechtsturm« - einem so genannten Selbstentlader, wie er mir erklärte - holte er einen alten, zerkratzten Schutzhelm für mich. Ich erfuhr, dass der Selbstentlader mit weiteren Förderbändern in den Frachträumen verbunden war, und eine ganze Schiffsladung damit in weniger als vierundzwanzig Stunden gelöscht werden konnte.
    Winstein führte mich an Backbord weg von

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