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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Sekretärin kann Ihnen die Akten zeigen, sobald wir wieder in Chicago sind.«
    Ich bedankte mich höflich. Sein Angebot bedeutete nur, dass in den Akten der Pole Star nichts zu finden war - falls er überhaupt etwas zu verbergen hatte. Den restlichen Abend unterhielten wir uns über die Oper. In der Gefängnisbücherei von Cantonville hatte er alle verfügbaren Textbücher gelesen, und nach seiner Haft war er ständiger Besucher des Opernhauses von Cleveland geworden.
    »Jetzt fliege ich fünf- bis sechsmal im Jahr nach New York und gehe in die Met, und ein Abonnement fürs Schauspielhaus habe ich auch ... Es ist ein sonderbares Gefühl, mit jemandem über Cantonville zu reden. Meine Frau war die Einzige, die es wusste - außer Niels. Keiner von beiden hat es jemals erwähnt. Wenn ich jetzt darüber spreche, bekomme ich beinahe Schuldgefühle.«
    Gegen halb elf kamen zwei Matrosen mit einer Liege und einigen Decken herein. Sie stellten das schmale Bettgestell unter den Bullaugen auf der Steuerbordseite ab und machten es an der Wand fest. Bledsoe klimperte verlegen mit den Münzen in seiner Hosentasche - die typische Verlegenheitsgeste eines Mannes, der sich gern einer Frau nähern möchte, aber fürchtet, er könne abblitzen. Ich kam ihm keinen Schritt entgegen. Er küsste zwar gut, aber ich gehöre nicht zu den Frauen, die unbekümmert von einem Bett ins andere hüpfen. Und im Übrigen traute ich ihm immer noch nicht ganz über den Weg. »Zeit zum Schlafengehen«, sagte ich forsch. »Wir sehen uns morgen Früh.« Er suchte in meinem Gesicht nach einem Zeichen der Ermutigung, bevor er zögernd verschwand. Ich legte die Smith & Wesson unter das kleine Kopfkissen und schlüpfte angezogen unter die Decken. Trotz des Maschinenlärms und des schlingernden Schiffs schlief ich die ganze Nacht wie ein Murmeltier. Schon vor sechs Uhr wurde ich von Tellergeklapper aus der Kombüse aus dem Bett getrieben. Ich ging in das eine Treppe höher gelegene Bad und wechselte die Kleider. Das Frühstück war fertig, aber vorher begab ich mich an Deck, um den Tag zu begrüßen. Die Sonne stand als orangefarbener Ball tief am östlichen Himmel. Links zeichnete sich in etwa zwei Kilometer Entfernung die purpurrote Küstenlinie ab. Wieder fuhren wir an Inselgrüppchen vorbei. Sowohl Kapitän Bemis als auch der Chefingenieur und Bledsoe waren beim Frühstück besonders umgänglich. Wahrscheinlich versetzte sie die Tatsache, dass ich bald von Bord gehen würde, in gehobene Stimmung. Nun, jedenfalls war der Kapitän so liebenswürdig, mir persönlich unseren Kurs zu erklären. Wir bewegten uns an der südöstlichen Küste des Oberen Sees entlang Richtung St. Mary's Channel. »Dort ist die >Edmund Fitzgerald< neunzehnhundertfünfundsiebzig gesunken«, sagte er. »Als Zufahrt zum Kanal ist es die günstigste Route, obwohl es stellenweise sehr flach ist - manchmal nicht mehr als zehn Meter Wassertiefe.«
    »Wie ist das mit der >Edmund Fitzgerald< passiert?«
    »Ach, da hat jeder seine eigene Theorie - das wird sich nie ganz klären lassen. Das Schiff war in genau drei Teile zerbrochen, wie die Taucher nachträglich feststellten, und sofort gesunken. Ich habe immer der Küstenwache die Schuld gegeben, weil sie nicht dafür gesorgt hat, dass die Markierung der Fahrrinne in Ordnung war. In jener Nacht gab es haushohe Wellen. Von einer muss die >Fitzgerald< binuntergedrückt worden sein, sodass sie den Grund berührte und auseinander brach. Wäre die Fahrrinne ordnungsgemäß markiert gewesen, so hätte Kapitän McSorley die flachsten Stellen umfahren.« »Und dazu kommt«, warf der Chefingenieur ein, »dass Schiffe, die die Seen befahren, nicht besonders stabil sind, weil sie mittschiffs nur aus Frachtraum bestehen. Wird die Stabilität der Frachträume jedoch verstärkt, geht wertvoller Laderaum verloren. Gerät so ein Kahn hier draußen zwischen sechs bis zehn Meter hohe Wellenberge, wird er vorn und hinten in die Höhe gehoben, das Mittelschiff hat keinen Halt und bricht auseinander. Man sinkt dann sehr rasch.« Die Chefköchin, eine dicke Polin Mitte fünfzig, schenkte dem Kapitän gerade Kaffee ein; sie ließ die Tasse fallen. »Malen Sie bloß den Teufel nicht an die Wand, Chefingenieur! Das bringt Unglück.«
    Sheridan zuckte die Achseln. »Das ist der einzige Gesprächsstoff, wenn sich ein Sturm zusammenbraut. Mit Schiffskatastrophen ist es wie mit Krebs: Es trifft immer nur die andern.« Trotzdem bat er die Köchin um Verzeihung und

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