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Deadlock

Deadlock

Titel: Deadlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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entwirren.« Ich stand auf. Es war wohl eine Schnapsidee gewesen, als blinder Passagier an Bord zu gehen. Hier würde ich aus keinem etwas herausbekommen, und mir war schleierhaft, wie ich Loyalität gegenüber Schiff und Bordkameraden von dem Versuch unterscheiden sollte, ein Verbrechen zu vertuschen. »Aber ich werd's schon noch rausfinden.« Unbewusst hatte ich laut gesprochen.
    »Vic, warum sind Sie bloß so verbohrt? Keiner hier an Bord hat versucht, Sie umzubringen - falls das überhaupt jemand versucht haben sollte.« Er hob abwehrend die Hand, als ich ihm ins Wort fallen wollte. »Ja, ja, Ihr Wagen wurde beschädigt. Aber das waren vermutlich ein paar Punks, die Sie noch nie in ihrem Leben gesehen haben.« Ich schüttelte müde den Kopf. »So viele Zufälle auf einmal gibt's gar nicht, Martin. Es will mir einfach nicht einleuchten, dass Champ verunglückt ist, der Nachtpförtner in Champs Wohnung ermordet wurde und auch ich beinahe ums Leben gekommen wäre, ohne dass es da eine Verbindung geben soll. Langsam frage ich mich, weshalb Ihnen und dem Kapitän so viel daran liegt, mir einzureden, dass alles nur Zufall ist.«
    Er steckte die Hände in die Taschen und pfiff leise vor sich hin. »Erklären Sie mir doch mal Ihren Standpunkt. Ich muss ihn ja nicht übernehmen, aber zumindest wüsste ich, woran ich bin.«
    Ich holte tief Luft. Falls er der Schuldige war, dann wusste er sowieso über alles Bescheid, und war er es nicht, konnte es auch nicht schaden, wenn ich ihm reinen Wein einschenkte. Ich berichtete also von Champs Tod, von der Durchsuchung seiner Wohnung, seinem Streit mit Phillips und von der Ermordung Henry Kelvins.
    »Es muss einen Grund für all diese Ereignisse geben, und der ist am Hafen zu suchen. Hundertprozentig. Sie sagten, die Frachtverträge, die ich Ihnen letzte Woche zeigte, seien okay. Folglich muss ich woanders ansetzen. Eine Möglichkeit wäre, dass Phillips die Frachtverträge manipulierte, um die Chicagoer Niederlassung der Eudora zu ruinieren. Obwohl ich der Meinung bin, dass ihm Argus schon längst auf die Schliche gekommen sein müsste, besonders, wenn er's schon seit zehn Jahren macht.« Ich schob meine Baskenmütze zurück und rieb mir die Stirn. »Ich hatte gehofft, dass alles mit den Frachtverträgen zusammenhängt, denn deswegen hat Champ zwei Tage vor seinem Tod mit Phillips Krach gehabt.«
    Bledsoe sah mich ernst an. »Da die Verträge selbst in Ordnung zu sein scheinen, sollten Sie einmal die Rechnungen prüfen. Vor allem müssten Sie feststellen, auf welche Beträge sie lauten. Wie gut kennen Sie sich in der Materie aus?« »Nicht besonders.«
    »Also, Phillips' Hauptaufgabe ist eine Kontrollfunktion. Eigentlich soll er die Verhandlungen seinen Vertretern überlassen und sich ausschließlich mit den Finanzen befassen. Außerdem muss er über die Preise und die Marktlage informiert sein, damit er beurteilen kann, ob seine Vertreter zu optimalen Bedingungen abgeschlossen haben. Kurz: sein Ressort sind die Finanzen.«
    Ich kniff die Augen zusammen. Ein Mann, der solche Gelder verwaltete, musste genauer unter die Lupe genommen werden. Das Problem war nur, dass absolut alles in diesem vertrackten Fall unter die Lupe genommen werden musste, und ich kam nicht vom Fleck. Ich massierte meine in der Kälte steif gewordene Schulter und versuchte, den Mut nicht sinken zu lassen.
    Bledsoe redete immer noch, obwohl ich nur mit halbem Ohr zuhörte. »Sie gehen in Sault Ste. Marie von Bord? Ich fliege Sie nach Chicago. Mein Flugzeug wartet dort. Ich will noch diese Woche wieder im Büro sein.« Wir standen auf und machten uns auf den Rückweg über das Deck. Die Sonne war untergegangen; der Himmel verfärbte sich von Purpur zu Grauschwarz. Über uns schienen die ersten Sterne wie leuchtende Stickmuster auf dem Vorhang der Dämmerung. Ich musste unbedingt noch einmal hinaus, wenn es vollkommen dunkel war - in der Stadt bekommt man nicht allzu viele Sterne zu Gesicht.

17
    Deadlock
    Bledsoe und ich trafen am Kapitänstisch den Chefingenieur bei Roastbeef mit Kartoffelbrei an. Bemis war noch auf der Brücke, und dort blieb er, so sagte mir Bledsoe, bis das Schiff eine tückische schmale Fahrrinne verlassen und die Mitte des Oberen Sees erreicht hatte. Wir drei waren die Einzigen in diesem Speiseraum - die übrigen Offiziere aßen mit der Besatzung. Die handgeschriebenen Speisekarten neben unseren Tellern boten zwei Hauptgerichte und zwei Beilagen zur Auswahl an sowie einen Nachtisch. Bei

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