Deadlock
wechselte das Thema.
Bemis sagte mir, dass wir gegen drei in die Soo-Schleuse einfahren würden, und lud mich ein, von der Brücke aus die Einfahrt in den Kanal zu verfolgen. Nach dem Mittagessen packte ich meine Segeltuchtasche und verstaute darin auch meinen Revolver, den ich an Bord nicht mehr brauchte. Ich wollte startklar sein, denn wir hatten nur zwei Minuten Zeit, um an Land zu gehen, ehe das Schleusentor geöffnet wurde und die »Lucella« in den Huronsee einfuhr. Ich sah nach, ob sich meine Kreditkarten und mein Geld in der Jeanstasche befanden. Die Reisetasche ließ ich neben dem Ruderhaus stehen. Dann ging ich auf die Brücke. Wir befanden uns nun schon seit geraumer Zeit in der Fahrrinne des St. Mary's River, eingereiht in eine Prozession von Schiffen, die nur langsam vorankamen.
»Es hängt von der Position in der Kanalmündung ab, an welcher Stelle man in die Schleuse einfahren darf«, erklärte mir Bemis. »Alle möchten die Ersten sein. Heute Früh haben wir mehrere Hundertfünfzig-Meter-Schiffe überholt. Es geht mir gegen den Strich, vor der Schleuse zu ankern - die Besatzung langweilt sich, und alle werden nervös.«
»Ankern ist auch zu teuer«, warf Bledsoe dazwischen. »Das Schiff hat Betriebskosten von zehntausend Dollar pro Tag - da zählt jede Sekunde.«
Ich hob die Brauen und versuchte die Kosten zu überschlagen. Bledsoe sah mich ärgerlich an: »Schon wieder ein finanzielles Motiv, nicht wahr?« Achselzuckend ging ich zu Red, dem Rudergänger, hinüber; aus seinem pausbäckigen Gesicht ragte, wie üblich, ein Zigarrenstummel. Er drehte an seinem Rad und steuerte das riesige Schiff elegant an verschiedenen Seezeichen vorbei.
Als wir uns der Schleusenkammer näherten, meldete sich die US-Küstenwache über Funk beim Kapitän. Bemis nannte den Namen des Schiffs sowie Länge und Tonnage. Vier Schleusen gleichen das sieben Meter hohe Gefälle zwischen dem Oberen See und dem Huronsee aus; die Poe-Schleusenkammer ist als Einzige groß genug für Dreihundert-Meter-Frachter. Vor uns befand sich nur ein Schiff. Bemis drosselte die Dieselmotoren zunächst, sodass sie mit geringster Kraft liefen, dann gab er Befehl an den Maschinenraum: Leerlauf. Hinter uns warteten drei oder vier Schiffe im Kanal; die letzten machten für die Dauer der Wartezeit am Ufer fest. Winstein, der Erste Offizier, instruierte eine Gruppe Matrosen an Deck, die später über Fallreeps auf die Schleuse hinunterklettern sollten, um die »Lucella« zu vertäuen - eine Hundearbeit, die viel körperliche Anstrengung erforderte. Während das Schiff sich senkte, mussten die Taue immer wieder straff gezogen werden; kurz bevor die Schleusentore zum Huronsee geöffnet wurden, lösten sie dann die Taue und sprangen an Bord.
Wir stoppten knapp zwei Seemeilen vor der Schleuse. Die Sonne glitzerte auf dem Wasser und verschönte die schäbige Silhouette der Zwillingsstädte Sault Ste. Marie. Das kanadische lag zu unserer Linken.
Nach vierzig Minuten erhielt Bemis von der Küstenwache die Erlaubnis zur Einfahrt. Während die Maschinen wieder auf kleiner Fahrt liefen, passierte uns unter lang gezogenem Tuten ein riesengroßer Frachter und nahm Kurs nach Norden. Mittels Knopfdruck erwiderte Bemis das Signal; dann setzte sich sein Schiff in Bewegung, und schon wenig später fuhren wir vorsichtig in die Schleuse ein.
Die Poe-Schleuse ist zweiunddreißig Meter breit, die »Lucella« dreißigeinhalb. Red hatte also genau fünfundsiebzig Zentimeter Spielraum auf jeder Seite. Ganz langsam glitten wir vorwärts, erreichten die Mittelmarke und kamen etwa sechs Meter vor dem südlichen Schleusentor zum Stehen. Red hatte kein einziges Mal auf sein Steuerruder geblickt.
Die Schleusentore sind massive, durch wuchtige Stahlverstrebungen verstärkte Holzkonstruktionen; sie werden vom Ufer aus elektronisch gesteuert. Fasziniert beobachtete ich, wie sie sich hinter uns schlossen.
Die Mannschaft ließ die Fallreeps hinab. Ich bedankte mich bei Bemis für die freundliche Aufnahme und ging mit Bledsoe an Deck.
Die Durchfahrt hatte fast die gesamte Besatzung an Deck gelockt. Selbst Chefköchin Anna hatte ihre Kombüse verlassen, sodass ich ihr mit ein paar Brocken Polnisch für ihre Kochkünste danken konnte. Strahlend überfiel sie mich mit einem polnischen Redeschwall, dem ich mich so geschickt wie möglich entzog.
Innerhalb einer Viertelstunde ergießen sich neun Millionen Liter Wasser aus der Schleuse in den Huronsee. Sobald sich die »Lucella« mit
Weitere Kostenlose Bücher