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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Leben lang gearbeitet und dabei Dinge versäumt hatte, die nicht wiederkamen, und nun sei es an der Zeit, jene Dinge zu tun, die ihm noch blieben. Und sie konnte die Hälfte der Ziegelbrennerei haben.
    Er wusste nicht, wie er das mit der chinesischen Frau erklären sollte. Weder seiner Frau noch Seth Bullock, der mindestens genauso auf ihn angewiesen war. Der Unterschied war, dass Solomon vor Seth Bullock keine Angst hatte.
    Die Goldgräber fingen an zu johlen, als der Sohn des Himmels Cian auf die Bühne brachte. Sie ging mit winzigen Schritten und hielt den Kopf gesenkt. Er meinte sehen zu können, wie sie innerlich bebte. Sein Blick fiel auf ihre Hände, und er sah den Ring, den er ihr geschenkt hatte. Ihre Finger waren wie die Finger eines Kindes.
    Sie ging in die Mitte der Bühne und wartete, bis der Klavierspieler begann. Es wurde still im Saal, und sie fing an zu singen. Ihre Worte hörten sich an wie Babysprache, sie hatten dieselbe Lieblichkeit. Aus ihrem Mund klangen selbst abgehackte Laute sanft.
    Sie sang fast eine Stunde lang, und am Schluss johlten die Goldgräber und ballerten mit ihren Schießeisen herum. Manche pfiffen durch die Finger. Bei den Huren wären sie besser aufgehoben gewesen.
    Ci-an wartete auf der Bühne, bis der Sohn des Himmels sie holte.
    Solomon genehmigte sich einen weiteren Drink, ließ ihr Zeit, sich herzurichten, dann ging er hinauf. Er klopfte an Ci-ans Tür, aber sie antwortete nicht. Er wartete. Er klopfte erneut. Eine alte Chinesin kam auf dem Flur auf ihn zu und murmelte besorgt vor sich hin. Sie hatte Handtücher auf dem Arm, und als sie bei Solomon angelangt war, sagte sie: »Sie jetzt gehen«, und trat an ihm vorbei in Ci-ans Zimmer.
    Er klopfte wieder an. Er hörte die alte Frau sprechen, dann Ci-an. Wenige Minuten später kam die alte Frau wieder heraus, die Handtücher hatte sie immer noch auf dem Arm. »Sie jetzt gehen«, sagte sie wieder. »China Doll krank sein.«
    »Krank?« wiederholte er und schob sich an ihr vorbei ins Zimmer. Ci-an lag auf dem Bett und starrte zur Decke. Sie sah schwach aus und blass, und er hatte den Eindruck, dass sie zitterte. »Was ist los?« fragte er. Er ging auf sie zu, doch Ci-an hob eine Hand, damit er nicht näher kam. Die alte Frau trat hinter ihm ins Zimmer und zog an seinem Arm.
    »Sie gehen«, sagte sie.
    Ci-an lächelte ihn an und schloss dann für einen Moment die Augen, um zu zeigen, dass sie schlafen wollte. Sie legte ihren Finger auf ihre Lippen, und er legte seinen Finger auf seine Lippen. Etwas an dieser Geste berührte ihn zutiefst. Die alte Frau schob ihn hinaus. »Sie gehen«, sagte sie.
    Er ging ans Ende des Flurs, fort von der Treppe, und setzte sich dort auf die Fensterbank. Er wollte auf sie aufpassen. Von hier aus konnte er den Flur im Auge behalten, ohne selbst gesehen zu werden. Solomon zeigte sich in Chinatown nicht mehr als unbedingt nötig. Er hatte sich verändert, aber den Verstand verloren hatte er nicht.
    Ein Luftzug fuhr durchs Fenster und kühlte seine Stirn. Ihm war bewusst, dass er schwitzte, es war allerdings nicht unangenehm. Lange Zeit saß er still da und dachte an jenen Morgen, den er zusammen mit Ci-an in einem Haus verbringen würde, das die Sonne früher einfing als die Schlucht. Es fühlte sich an, als beschütze er sie jetzt und leiste ihr Gesellschaft. Er fragte sich, ob sie seine Gegenwart wohl spüren konnte.
    Die alte Frau verließ wenige Minuten nach Solomon das Zimmer. Sie sprach mit Ci-an, noch während sie die Tür schloss, und klang besorgt. Zumindest klang es für Solomon besorgt, aber so hörten sich die Chinesen immer an. Er lächelte und wartete und dachte an das Haus. Er war glücklich, in ihrer Nähe zu sein.
    Zehn Minuten später kehrte die alte Frau zurück, in Begleitung eines kleinen Mannes, der eine Flasche billigen Whiskey in Händen hielt. Solomon sah, dass der Mann betrunken war. Er war frisch rasiert und trug saubere Kleidung, aber er war betrunken. Die alte Frau sah den Flur hinauf und hinunter, bemerkte jedoch nicht, dass er hinten am Fenster saß. Der Mann sah nirgendwohin, und Solomon fragte sich, ob er wohl dafür bezahlt hatte, sich zu der alten Frau legen zu dürfen. Es geschahen die merkwürdigsten Dinge.
    Nein. Die alte Frau öffnete Ci-ans Tür und zog den Mann ins Zimmer. Solomon dachte, der Mann müsse Arzt sein. Doch dann kam die alte Frau allein wieder heraus, und Solomon fiel ein, dass er gar keinen Arztkoffer bei sich gehabt hatte.
    Die Brise flaute ab,

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