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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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bin krank.«
    Er nahm einen Schluck aus der Flasche und starrte auf seine Füße. Er spürte, wie er schwankte. Wieder hörte er ihre Stimme, näher dieses Mal. »Ist nichts Ansteckendes«, sagte sie. »Ich muss mich nur ausruhen, dann wird es wieder …«
    Und plötzlich wusste Charley, so sicher, wie sein Geburtstag im Juli war, dass der Hurentreiber sie geschlagen hatte und sie nicht wollte, dass er es sah. Charley war bereits auf dem Weg die Treppe hinunter, blieb dann aber stehen und ging zurück zur Tür. Er wollte sie mit eigenen Augen sehen, wollte ihr Bild im Kopf haben, wenn er Al Swearingen gegenübertrat.
    Diesmal klopfte er nicht an. Lautlos drehte er den Türknauf, um sie nicht zu erschrecken. Etwa einen halben Meter in den Raum hinein hatte sich die Bodendiele verzogen, und dort schlug die Tür an. Das Zimmer lag im Halbdunkel, und beim Öffnen der Tür schnellten zwei Gesichter vom Bett hoch. Sie sahen aus wie Gespenster. Ihres blieb, wo es war, seines rollte in Richtung Bettpfosten. Charley sah das dort hängende Holster und ließ sich auf den Boden fallen. Er hörte einen Stuhl zu Bruch gehen und zückte blitzschnell sein Messer. Die Distanz zwischen Tür und Bett hatte er bereits überbrückt.
    Charley zögerte keine Sekunde. Gerade noch stand er in der Tür, und einen Augenblick später hatte er Handsome Banjo Dick Browns Kopf im Schwitzkasten und hielt ihm das Messer an die Halsschlagader. In derselben Sekunde hatte Handsome Dick hinter sich gegriffen, und nun bohrte sich die Mündung seines Revolvers in Charleys Bein. Charley hielt ihn regungslos fest. »Mir ist schon mal ins Bein geschossen worden«, sagte er in Handsome Dicks Ohr. »Ist dir schon mal die Kehle durchgeschnitten worden?«
    Handsome Dick konnte nicht antworten, aber er schüttelte den Kopf, ein paar Millimeter hin, ein paar Millimeter her. Mehr ließ Charley nicht zu. »Lass die Kanone fallen, Singvogel«, sagte Charley, »oder ich tu’s.« Handsome Dick war nicht mehr nach Kämpfen, aber die Kanone ließ er trotzdem nicht fallen.
    Er hielt sie genau an die Stelle, an der Steves Schuss eingedrungen war. Charley erinnerte sich noch genau an die Schmauchspuren. Die hatten am meisten wehgetan. »Lass sie fallen«, sagte Charley wieder. »Du hast es hier nicht mit einem Bauernlümmel zu tun.«
    Erst nachdem Handsome Dicks Revolver auf den Boden fiel und Charley ihn aus dem Schwitzkasten gelassen hatte, machte Lurline den Mund auf. »Was in Gottes Namen …?« sagte sie. Charley strich sich mit den Händen durchs Haar, wie Bill es immer gemacht hatte, und wartete darauf, dass die Schwindelgefühle nachließen. Handsome Dick hatte sich aufs Fußende des Bettes fallen lassen, nachdem Charley ihn losgelassen hatte, und da lag er nun, splitternackt, und fasste sich mit beiden Händen an den Hals. Charley behielt ihn trotzdem im Auge, denn Handsome Dick blieb nie etwas schuldig. »Ich hab dich was gefragt«, sagte Lurline.
    »Hast du nicht«, sagte Charley und setzte sich neben Handsome Dick aufs Bett. »Nur weil es mit
was
anfängt, ist es noch lange keine Frage.«
    »Ich dachte, du wärst anders«, sagte sie, und das war eine Frage. Sie hatte sich im Bett aufgesetzt. Er sah, dass sie ihre rote und schwarze Unterwäsche trug, und es versetzte ihm einen Stich, dass sie die auch mit anderen teilte. Dass Lurline sich selbst mit den anderen teilte, setzte ihm weniger zu. »Ich dachte, du wärst einfühlsam«, sagte sie.
    Handsome Dick sah jetzt zu ihm auf, als würde er das genauso sehen. Charley schüttelte den Kopf. »Es ist nicht so oder so«, sagte er. »Ein Mensch ist nicht immer nur das eine.«
    Dann bemerkte er seine Flasche J. Fred McCurnin, drüben neben der Tür. Irgendwie war sie mit der Öffnung nach oben gelandet, als er sie fallen gelassen hatte. Sie war nicht zerbrochen. Soweit er sehen konnte, war nicht mal ein Tropfen verschüttet worden. Er stand unsicher auf, um sie aufzuheben. Als er sich bückte, musste er sich an der Tür abstützen. Es war nur schwer nachzuvollziehen, wie ein und derselbe Mensch nur drei Minuten zuvor die gleiche Entfernung in weniger als einer Sekunde hatte zurücklegen und dann auch noch Handsome Dicks Kopf in den Schwitzkasten nehmen können.
    »Du und ich, zwischen uns war’s anders«, sagte sie. »Das war nicht geschäftlich, und dann schneidest du auf meinem Bett einem Mann die Kehle durch.«
    Charley sah Handsome Dick an, der sich nicht gerührt hatte. Ein paar Blutstropfen klebten an einer

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