Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Antwort. Er hatte gerade die Kommode durchwühlt und schob jetzt Solomon vom Bett, damit er unter der Matratze nachschauen konnte. Nachdem er die Matratze zurückgelegt hatte, setzte Solomon sich wieder hin.
    Bullock stellte sich mitten ins Zimmer und musterte die Decke. »Es hat nie ein falsches Wort zwischen uns gegeben«, sagte Solomon.
    Bullock starrte ihn an, wütend und zugleich besorgt. Er wusste nicht, wo er anfangen sollte. »Ich dachte, Sie wären durch mit dieser verdammten Geschichte«, sagte er nach einer Weile. »Sie haben selbst gesagt, es wäre vorbei.« Er ging zum Kleiderschrank und sah hinein. Alles darin war ordentlich aufgeräumt, seine Anzüge hingen in der Reihenfolge der Wochentage, an denen er sie trug, auf seinen Schuhen spiegelte sich das Licht der Tischlampe. Aus irgendeinem Grund waren Solomons Schuhe niemals schmutzig. Nichts in diesem Kleiderschrank deutete auf einen Hang zur Gewalttätigkeit hin. Nach Bullocks Erfahrung – die allerdings nicht so umfassend war, wie er gerne behauptete – waren gewalttätige Menschen stets unordentlich. »Der Augenblick ist gekommen«, sagte er, »dass Sie die Sache mit dem Chinesen erklären.«
    Solomon saß mit den Händen im Schoß auf dem Bett. Er trug immer noch den Anzug, den er zu Mrs. Langrishes Party angezogen hatte, und seinen Hut. Er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe Sie zweimal gerettet«, sagte Bullock. Solomon schien in Trance zu fallen. Er begann sich auf dem Bett vor und zurück zu wiegen und schien Bullocks Worte gar nicht zu hören. »Wäre es kein Chinese gewesen«, fuhr Bullock fort, »hätte ich Sie da nicht rausholen können.«
    Solomon starrte auf seine Hände und schaukelte vor und zurück. Bullock hob die Stimme, was er in Mrs. Tubbs Pension noch nie zuvor getan hatte. Das war eine ihrer Vorschriften. Keine Hüte am Tisch, kein Dynamit in den Zimmern, keine lauten Stimmen. »Geht es um alle Chinesen oder nur um diesen einen? Wissen Sie, wie viele Schlitzaugen es gibt?« rief er. »Die sind mehr als wir. Es gibt ein ganzes Land voll von ihrer Sorte …« Solomon wiegte sich auf dem Bett hin und her. »Was ist mit diesem chinesischen Mädchen passiert?« fragte Bullock leise. Solomon starrte auf seine weichen, kleinen Hände. Bullock versuchte sich vorzustellen, wie er damit ein Werkzeug des Todes hielt, doch es wollte ihm nicht gelingen.
    Natürlich konnte er sich auch nicht vorstellen, wie Solomon eine Derringer aus der Hosentasche zog und in Elizabeth Langrishes Wohnzimmer auf einen zweihundert Pfund schweren Chinesen schoss. Diese völlig unerwartete Szene hatte ihn wie alle übrigen Anwesenden im Raum in eine Schockstarre versetzt, bis es zu spät war, etwas dagegen zu unternehmen. Der Chinese hatte es kommen sehen, sich umgedreht und zur Flucht angesetzt. Die Kugel erwischte ihn oberhalb des Ellbogens und wirbelte ihn halb herum. Eine Sekunde später hatte Bullock seinen Partner gepackt. Solomon hatte sich überhaupt nicht gewehrt, es war ein Gewaltakt ohne jede Leidenschaft.
    »Sie müssen mir etwas versprechen«, sagte Bullock nach einer Weile.
    »Nein, das tue ich nicht.« Solomons Stimme klang seltsam tonlos.
    Bullock verpasste ihm eine Ohrfeige. Solomon flog vom Bett, sein Hut rollte in eine Ecke. Bullock stand bewegungslos da. Solomon rappelte sich hoch und setzte sich wieder aufs Bett. Ein Tropfen Blut lief aus seiner Nase und rollte über seine Oberlippe.
    Bullock fragte sich, ob er selbst jetzt auch verrückt geworden war.
    Solomon zog ein Schnupftuch aus der Hosentasche und tupfte seine Nase ab. Die Gesichtshälfte, auf der er den Schlag abbekommen hatte, war bereits angeschwollen und stark gerötet, sein Auge tränte. Bullock hatte ihn noch nie ruhiger gesehen.
    »Sind Sie verletzt?« fragte Bullock. Er setzte sich neben ihn aufs Sofa und untersuchte seine Nase. »Ich hatte nie vor, meine Hand gegen Sie zu erheben«, sagte er. »In meinem ganzen Leben nicht.«
    Solomon schien völlig gleichgültig. Er betrachtete den Fleck auf seinem Schnupftuch, das er dann wieder an seine Nase drückte. »Sehen Sie, wohin das führt?« fragte Bullock. »Partner gegen Partner.«
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Solomon.
    »Wir beide haben ein Geschäft.« Bullock berührte Solomons Nase mit einem Finger. Solomon rührte sich nicht. Die Nase begann anzuschwellen. Bullock befürchtete, sie könnte gebrochen sein. »Was spielt keine Rolle?«
    Solomon stand auf und begann sich auszuziehen. Das Blut lief jetzt auch aus dem anderen