Deadwood - Dexter, P: Deadwood

gegessen«, sagte der Schwachkopf, »manchmal hab ich es mit Morphium gemacht, und einmal hab ich versucht, mich zu erhängen.« Er zog den Kragen seines Hemdes zur Seite, um Charley die Verunstaltung zu zeigen.
    »Ich hab’s schon gesehen.« Charley mochte weder Narben ansehen noch Kröpfe oder Klumpfüße. Er dachte dann immer an den Körper seiner Frau, weiß, schlank und makellos. Sie berührte gerne die Stellen, wo die Kugeln ihn am Bein getroffen hatten, was er nie verstand. An seinem rechten Bein sah die Wunde aus wie ein halbierter Stern, sie hatte die Farbe von Ketchup und saß etwa zehn Zentimeter unterhalb der Hüfte. Sein Bruder Steve hatte ihn angeschossen und die Kugel dann selbst entfernt. Er hatte dafür Charleys Jagdmesser benutzt und jedes Mal, wenn Charley sich bewegte, hatte Steve gesagt, es täte ihm leid.
    Am anderen Bein hatte ihn die Kugel von hinten getroffen, etwas weiter unten als die von Steve. Es war ein Ute-Indianer gewesen, und es passierte, als sie auf einen Baum vor einer Bärenhöhle geklettert waren. Sie schlug hinten ein und kam vorne heraus, was einen geringeren Erinnerungswert hatte als Steves Eingriff. Es waren nur zwei Dellen, eine schwarze und eine in demselben Rot wie der halbe Stern. Er gab den Utes keine Schuld, auch nicht diesem einen, aber er kletterte nie wieder vor einem Indianer einen Baum hoch.
    Matilda Nash war fasziniert von diesen Stellen, seit sie sie mit vierzehn Jahren das erste Mal gesehen hatte. Sie hatte seine Narben, seine Beine und seine Hoden berührt, als wüsste sie, wie es sich anfühlte, ein Mann zu sein. Als sie ihn das erste Mal berührte, konnte er kaum glauben, dass sie erst vierzehn war.
    Andererseits hatte sie manchmal seinen Pimmel in ihre kleinen weißen Hände genommen und mit ihm gesprochen, und Charley hatte sich geschworen, sie zu heiraten, denn wenn er das nicht täte, wäre er ein Kinderschänder. Sie hielt die Eichel mit einer Hand fest umschlossen und machte dann mit ihrem Finger die Öffnung auf und zu wie bei einem kleinen Mund. Sie nannte ihn »Baby Chipper« und erfand Geschichten für ihn.
    Sie sprach mit Charleys Pimmel seit dem ersten Mal, als sie sich ausgezogen hatten, während ihrer Hochzeitsnacht und in allen Nächten danach. Manchmal waren die Geschichten unglaublich fantasievoll und aufregend. Sie sprach mit seinem Pimmel bis zu dem Tag, an dem Bill nach Empire kam, einen Monat zu spät für die Hochzeit, und abends versehentlich betrunken bei ihnen ins Schlafzimmer hereinmarschierte.
    Bill verlor nie ein Wort darüber, was er gesehen oder gehört hatte, aber sie redete nie wieder mit Charleys Pimmel. Charley dachte, sie würde wieder damit anfangen, wenn Bill weitergezogen war, aber nichts dergleichen geschah.
    Doch die Welt sollte nicht lange ohne Illusionen bleiben. Ein paar Monate später erschien in
Harper’s Weekly
die Geschichte eines Augenzeugen, der erzählte, wie Bill auf einen Schlag alle zehn der M’Kandass Gang ausradiert hatte. Danach wurde alles, was er tat, unsterblich. Wenn er Schweinefleisch aß, hatte er das Schwein mittags Schlag zwölf auf der Straße erschossen. Er war schon vorher berühmt gewesen, aber nach
Harper’s Weekly
kamen die Reporter aus San Francisco, New York, Boston und Philadelphia. Bill sah, wohin das führen würde, und ließ sich davon mitreißen.
    Er gewöhnte sich daran, berühmt zu sein. Er unterstützte die Berichte und half auch, einiges zu erfinden. Das führte dazu, dass es noch mehr Reporter gab, mehr Frauen und auch mehr Schießereien, was keine große Unannehmlichkeit war. Im Duell war er eiskalt, ohne nachzudenken tötete er das, was vor ihm stand. Danach ging er fort, als hätte er nichts damit zu tun. Es war eine Form von Reinheit.
    Er war der beste Revolverschütze, den Charley je gesehen hatte, und der einzige, der beidhändig schoss. Ohne Frage hatte Gott ihn mit einer außergewöhnlichen Gabe bedacht, und Bill ging, wohin sie ihn führte.
    Zu sagen, wo Charleys Talente lagen, war etwas schwieriger. Wenn sie allein waren, schienen sie sich kaum zu unterscheiden, aber in der Öffentlichkeit drifteten sie auseinander. Viele Leute zogen Charley ins Vertrauen. Er nahm an, es lag daran, dass er so klein war. Ein Mann, dem es egal ist, dass er klein ist, ist jedermanns Freund.
    Der Schwachkopf zum Beispiel stand in der Tür und erzählte Charley von seinen Selbstmorden, während Charley im Eiswasser saß. »Giftige Eier schmecken schauderhaft«, sagte er. »Es ist