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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Gruppe von Männern versammelt. Die meisten von ihnen hielten ihren Hut in den Händen und starrten vor sich in den Matsch, in dem sie standen. Wenn man seine Kleider ein Jahr lang anbehielt, begannen sie, an einem herunterzuhängen, wie die Haut bei alten Leuten.
    Charley rieb sich das Gesicht und streckte seinen Kopf aus dem Wagen. Bill lag auf dem Boden und schlief, neben ihm der Hund und daneben der Junge.
    »Herr«, rief der Prediger, »erlöse uns von dem Bösen, finde uns an diesem Ort mit Deiner Liebe und beschütze uns …« Von Zeit zu Zeit fiel ein Dollar in den Hut, den er neben sich auf die Kiste gelegt hatte.
    Selbst wenn der Prediger die Gaben zur Kenntnis nahm, verzog er keine Miene.
    »Bewahre die Goldgräber in Deinem Herzen, o Herr, genauso wie sie Dich in ihrem bewahren …«
    Charley zog seine Hosen an und kletterte langsam aus dem Wagen, wobei er sich vorsichtig auf den Boden ließ, um seine Beine zu schonen. Der Morgen danach war immer eine schlechte Zeit für seine Gelenke.
    Er holte seinen Waschbeutel vorne aus dem Wagen – Seife, Rasiermesser, Natron und einen Spiegel – und ging die Straße hoch zum Badehaus. Es war aus Holz gebaut und neigte sich nach Norden, in einem Winkel, bei dem man zwei Mal hinschauen musste, um zu sehen, ob nun das Dach schief war oder man selbst. Ein in Lumpen gekleideter Mann mit einem schwarzen Chinesenhut auf dem Kopf saß draußen auf einem Hocker, neben ihm stand ein Leinensack, der oben zusammengebunden war. Mit dem Nacken des Mannes stimmte etwas nicht, mit der Art, wie er den Kopf hielt. »Sauberes Wasser macht fünfzig Cent«, sagte er, »heißes Wasser kostet noch ’nen Zehner extra, aber heute gibt’s keins.«
    Charley merkte gleich, dass er ein Schwachkopf war. »Ein nettes Geschäft haben Sie hier«, sagte er und schaute sich um.
    Der Mann zuckte die Achseln. »Der Mann, der es aufgebaut hat, ist ein Doktor«, sagte er. »Dr. O. E. Sick. Er hat es mir überlassen, wenn ich verspreche, mit den Selbstmordversuchen aufzuhören.«
    Charley nickte höflich, als wäre das eine ganz normale Sache. »Es war schlau, dieses Geschenk anzunehmen«, meinte er.
    Der Mann zuckte wieder die Achseln. »Niemand benutzt es, außer den Huren«, sagte er. »Dr. Sick hat gesagt, er kann sich nicht um die Badegewohnheiten der Freudenmädchen kümmern, er sei viel zu beschäftigt damit, ihre Dummheiten wieder in Ordnung zu bringen. Es hat ihm sowieso kein Geld eingebracht. Sagten Sie ›sauberes Wasser‹?«
    Das Gebäude war etwa sechs Quadratmeter groß, mit einer Badewanne in jeder Ecke. In der Mitte stand ein Ofen. Zwei der Wannen waren halb voll. Das Wasser war dunkel und voller Insekten – Schwim mer und Nichtschwimmer. »Sauberes Wasser«, sagte Charley.
    »Heiß macht zehn Cent extra«, sagte der Mann, »aber es gibt keins.« Er nahm zwei Eimer, ging durch die Hintertür und füllte sie im Whitewater Creek. Dann leerte er sie in die nächstgelegene Wanne. Das wiederholte er, bis das Wasser dreißig Zentimeter unterhalb der Oberkante stand. Charley zog seine Hosen aus und stieg hinein. Es verschlug ihm den Atem. Der Mann stand an der Tür und grinste.
    »So kaltes Wasser müsste eigentlich Eis sein«, sagte Charley.
    Der Mann ging hinaus und kam mit seinem Sack zurück. Er blieb an einer Stelle stehen und schaute zu, wie Charley sich mit Seife abschrubbte. Die Seife war hart und körnig. Auf seiner Haut fühlte sie sich an wie Sand. Charley überlegte, ob das Badehaus zu klein für all die Kunden sein würde, wenn man eines Tages eine angenehmere Seife erfinden würde.
    »Was haben Sie in dem Sack?« fragte er.
    »Meine Flaschen«, sagte der Mann. »Ich hab noch mehr zu Hause. Elfhundertundsechzehn und heute noch acht.«
    »Gut«, sagte Charley, »Sie besitzen ein Geschäft und haben obendrein ein Hobby.«
    »Doc Howe behandelt keine Selbstmörder«, sagte der Schwachkopf. »Er sagt, niemand soll ihm absichtlich Arbeit machen, also musste immer Dr. Sick kommen …«
    »Ich meinte die Flaschen«, sagte Charley. »Selbstmord ist kein Hobby.«
    Der Mann schenkte ihm ein Grinsen und zuckte mit den Schultern. »Immer wenn ich daran denken musste, hab ich’s gemacht«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie oft.«
    Charley ließ sich in der Wanne nieder. Er fand es sympathisch, dass dieser Mann wusste, dass er elfhundertundsechzehn Flaschen sein Eigen nennen durfte, aber nicht, wie viele Selbstmordversuche er hinter sich hatte.
    »Manchmal hab ich giftige Kröteneier

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