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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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hatte die Vision, sein Leben zu retten.
    Doch an ihrem ersten Abend in Deadwood lief sie im
Nuttall and Mann’s Number 10
Boone May in die Arme und ging mit ihm ins Bett. Bei Boone fühlte sie sich wohl. Sie meinte, jemand, der hässlicher war als sie selbst, würde sich nicht daran stören, wie sie aussah.
    Nun stand sie auf, zog sich an, wobei sie ihr Hemd vorne aufgeknöpft ließ, und krabbelte aus dem Zelt. Der Prediger stand immer noch auf seiner Kiste. Die Arme gen Himmel gestreckt, griff er in die Luft, während er um Gottes Schutz bat. Er erinnerte sie an ein Kind, das am Rockzipfel der Mutter hängt und versucht, auf sich aufmerksam zu machen.
    Sie stand auf und stopfte sich das Hemd in die Hose. Dann schnallte sie sich ihr Holster um die Hüfte und drehte es nach links, bis die Schnalle hinten war und der Revolver schräg über ihrem Unterleib hing. Sie fand, es passte zu ihr, ihre Schusswaffe über ihrer Weiblichkeit zu tragen. Sie band sich einen breiten, gelben Schal um den Hals und zog sich den Hut hinunter bis über die Ohren. Der Hut war rund. Sie fand, das machte ihre Gesichtszüge weicher.
    Mit langen Schritten und ohne auf den Matsch zu achten, ging sie vom Zelt hinüber zu dem Prediger. »Lass diesen Tag friedlich sein, o Herr«, sagte der Prediger, »damit wir uns auf die Prüfungen, die uns bevorstehen, vorbereiten können …«
    Jane schob sich durch die Goldgräber, Papierkragen und anwesenden Frauen – keine Hinterzimmerbräute, sondern Ladys – bis nach vorne zu der Kiste. Sie hob den Hut des Predigers vom Boden auf und ließ ihren Adlerschrei erklingen. Es war ein Laut, den niemand außer Calamity Jane hervorbringen konnte. Sie erzeugte ihn, indem sie Luft in ihren Kehlkopf einsog, anstatt auszuatmen, und jeder, der ihn einmal gehört hatte, sagte, es klänge wie ein Adler.
    Es war ein Geräusch, bei dem alle Leute innehielten bei dem, was sie gerade taten, besonders, wenn sie gerade zu Gott sprachen. Die Versammlung blickte beinahe gleichzeitig vom Matsch auf, um zu sehen, was es war. Dann traten sie gemeinsam einen Schritt zurück. Nur wenigen von ihnen war je etwas so Fremdes begegnet.
    Sie machte einen großen Schritt auf die Leute zu und hielt dem erstbesten Goldgräber den Hut hin. »Lass was springen, Pilger«, sagte sie. »Die alte Bergziege sieht pleite aus, und ich habe vor, neunzig Dollar für ihn zu sammeln.« Der Goldgräber stand still da und schaute sie an. Sie trat ihm gegen das Schienbein. »Los jetzt, rück was raus.«
    Der Goldgräber griff in seine Tasche und zog seinen Geldbeutel heraus. Er nahm ein winziges Stück Gold heraus und legte es in den Hut. Ein paar von den Goldgräbern, die im Whitewood suchten, hatten Claims, die ihnen etwa fünfzig Dollar pro Tag einbrachten. Doch die meisten hockten den ganzen Tag für zwei bis drei Dollar auf ihren Hacken im Wasser, gerade genug, um sich etwas zu essen zu kaufen.
    Die meisten wussten bereits, dass sie beim Goldschürfen keinen Erfolg haben würden, und hofften nun, dass das kleine Stückchen Land, das sie abgesteckt hatten, für jemand anderen mehr wert sein würde.
    Jane ging durch die Menge und sammelte für den Prediger. Bei ihrem Adlerschrei war er verstummt, aber jetzt, während sie mit dem Hut unterwegs war, hatte er wieder angefangen zu predigen.
    Der Name des Predigers war Henry Hiram Weston Smith, und er war schon fast ein Jahr in den Hills. Erst in Custer, dann City Hill, jetzt Deadwood. Als die Goldfunde nach Norden wanderten, zog Prediger Smith mit ihnen. Er hatte in Deadwood überwintert, und dabei hatte sein Gesicht alles Leben verloren. Aufgrund des Wetters oder der Dinge, die er gesehen hatte.
    Neben dem Predigen gab es noch einen anderen Grund, warum er nach Deadwood gekommen war, und er schämte sich dafür. Hier gab es Gold, und seine Frau hatte in ihrem ganzen Leben noch nie irgendwelche Annehmlichkeiten genossen.
    Aber dieser Grund war über den Winter etwas in Vergessenheit geraten, und nun gab es nichts mehr außer Gott. Den er, wie er erkannte, falsch verstanden hatte. Niemand verstand Gott. Henry Hiram Weston Smith hatte die Bibel von vorne bis hinten durchgelesen. In manchen Nächten träumte er ganze Kapitel, aber wo er früher immer nur Gott gesehen hatte, sah er nun Ihn. Prediger Smith hatte Angst, Ihn anzusehen, selbst im Schlaf, aus Furcht davor, was er danach sehen würde.
    Er hatte sich von Teilen der Bibel befreit. Wenn er predigte, las er nie aus ihr vor, obwohl er sie stets in der

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