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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Hand hielt. Ab und zu floss ein bisschen was davon in seine Predigt ein – das Neue Testament spendete Trost, und Goldgräber brauchten Trost –, aber er hielt es ihnen nicht hin wie ein Geschenk, das sie nur anzunehmen brauchten. Das größte Missverständnis in der Welt war der Glaube, dass es Erlösung für jene gab, die darum baten.
    Prediger Smith war dreißig Jahre alt und sah aus wie fünfzig.
    »Du hast uns nach Deinem Antlitz erschaffen«, sagte er gerade. »Gib uns Deine Kraft für die Prüfungen, die da kommen werden …« Der Prediger spürte seit Kurzem, dass das Bild näher war, als er vorher gedacht hatte. Er hatte gesehen, wie Männer durch die erbarmungslose Kälte des Winters schwachköpfig geworden waren, sich selbst und andere umgebracht hatten, und er hatte begonnen, Gott auch in diesen Dingen zu sehen.
    »Bleib bei uns, o Herr«, sagte er. »Verlass uns nicht.« Als er das sagte, legte Jane Cannary den Hut neben ihn auf die Kiste. Er sah sie, blickte aber nicht nach unten. Er kam jetzt zum wichtigsten Teil, der Idee des Bösen in Gott. Es gab nämlich keinen Unterschied zwischen Gott und dem Teufel. Sie waren ein und derselbe. Er hatte schon den ganzen Morgen auf diesen Punkt hingearbeitet, und jetzt war es so weit.
    Jane machte ein Geräusch in ihrer Kehle und spuckte auf den Boden. Er schaute nicht nach unten, aber sie hatte ihn abgelenkt, sodass er den Faden verlor. Gott konnte böse sein, und doch war er immer noch Gott. Fast war er bei diesem Gedanken angelangt. Er schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren.
    »Guck nach unten, du alter Narr«, sagte Jane. Als er nicht antwortete, gab sie einen weiteren Adlerschrei von sich, und die Augen des Predigers öffneten sich. Er starrte nach unten und zu seinen Füßen stand die hässlichste Frau, die er je gesehen hatte, mit offenem Hemd, wie ein Bote von Gottes dunkler Seite. »Du hast noch genug Zeit zu predigen«, sagte sie. »Und jetzt steck das verdammte Geld ein, bevor deine Schafherde hier es sich anders überlegt.«
    Erst da schaute er in seinen Hut und erblickte Dollarscheine und Goldstaub. Er wusste nicht, was für eine Botschaft das war, aber etwas änderte sich ständig zwischen ihm und dem Herrn. Und trotz allem, was er bereits gesehen hatte, gab es immer noch etwas, das der Herr ihm zeigen wollte.
    Boone May ging los, um nach Lurline Monti Verdi Ausschau zu halten. Er war zwei Mal vorher bei Jane gewesen, in Cheyenne und in Sundance, und beide Male hatte es sich so lange falsch angefühlt, bis er bei einer richtigen Frau gewesen war und den Nachgeschmack weggespült hatte. Sie hatte etwas an sich, wodurch er sich klein fühlte. Er musste Lurlines Eau de Toilette riechen und sie wieder unter sich spüren. So konnte er alles bestimmen, sogar, wann sie wieder atmen durfte.
    Lurline war nicht in ihrem Zimmer im
Gem
. Ohne zu klopfen ging er hinein. Das Zimmer sah genauso aus, wie er es tags zuvor verlassen hatte. Das Bett war nicht gemacht, und die Scherben des Spiegels lagen noch auf dem Boden. Lurline machte immer irgendetwas sauber oder zupfte Essensreste aus seinem Bart oder von seiner Jacke. Sie war nicht zurückgekehrt.
    Dann dachte er an Wild Bill und die Art, wie sie ihn vom Fenster aus angesehen hatte. Boone fühlte sich schlecht. Die Vorstellung, dass seine eigene Frau – was sie war, wann immer Boone das wollte – mit Bill und seinem schicken Freund davonlief, gefiel ihm nicht. Er fragte sich, ob sie es den beiden besorgt hatte, und das Gefühl, mit dem er neben Jane aufgewacht war, wurde schlimmer.
    Er setzte sich aufs Bett und nahm Frank Towels’ Kopf aus dem Beutel. Was hatte der Barkeeper gesagt? Vielleicht war Franks Geist verärgert und er sollte Madame Moustache aufsuchen? Er dachte darüber nach und entschied, noch eine Weile länger mit dem Geist zusammenzuleben.
    »Verdammt noch mal, Frank«, sagte er und starrte auf das Gesicht, das mit jedem Tag weniger wie Frank aussah. Wenn man ehrlich war, sah es auch immer weniger wie ein Gesicht aus.
    Boone kam das Ganze langsam wie eine Verschwörung vor. Er würde den Kopf den ganzen Weg nach Cheyenne bringen, und jeden Tag würde sich der Kopf ein bisschen verändern und immer weniger wie ein Gesicht aussehen, bis zu dem Tag, an dem er ankommen würde und Frank nach gar nichts mehr aussah.
    »Verdammt noch mal, Frank«, sagte er wieder. »Das würdest du mir antun, stimmt’s?«
    Und genau in diesem Moment kam Al Swearingen in das Zimmer von Lurline Monti

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