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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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so an, als hielte man einen Feuerwerkskörper, der gerade explodierte. Er legte die Waffe in die Hand des Flaschenfreunds und schloss dessen Finger darum.
    »Die ist klitzeklein, oder?« sagte Boone. Der Flaschenfreund schaute auf die Taschenpistole. »Also, wenn bestimmte Leute wieder in dein Badehaus kommen, will ich, dass du diese klitzekleine Kanone neben ihr Ohr hältst und den Abzug drückst, damit sie es hören können.«
    Zum ersten Mal sah der Schwachkopf ängstlich aus. »Keine Sorge«, sagte Boone. »Sie ist nur klitzeklein. Du gehst hinter ihn, als ob du Wasser bringst, und hältst es direkt hinter sein Ohr. Ganz dicht …«
    Er schob den Blödmann vom Stuhl und nahm seinen Platz ein. Dann bewegte er die Hand mit der Waffe, bis sie direkt hinter seinem Ohr war. »Siehst du? Und dann drückst du den Abzug.«
    Der Flaschenfreund ließ die Hand sinken, sowie Boone ihn losließ. »Und dann«, sagte Boone, »gehören all diese Flaschen dir.« Der Schwachkopf schaute auf die Flaschen. »Du kannst sie jetzt schon mitnehmen«, sagte Boone, »aber sie gehören dir erst, wenn es erledigt ist.«
    »Was erledigt?« fragte der Flaschenfreund.
    Boone stand vom Stuhl auf, ging zurück zur Fensterbank und überlegte, wie er es formulieren sollte. »Für die Flaschen«, sagte er. »Du magst doch die kleinen Flaschen, oder?«
    Im Zimmer war es plötzlich still.
    Boone versuchte nicht weiter, höflich zu sein. »Du und ich, wir haben eine Vereinbarung«, sagte er, »und niemand macht einen Rückzieher, wenn man etwas vereinbart.« Er zog das Messer aus seinem Gürtel und hob es hoch, damit der Schwachkopf es sehen konnte. »Wenn man einen Rückzieher macht«, drohte er, »hat man plötzlich ein Messer im Bauch.« Er wollte sehen, ob der Flaschenfreund Angst vor einem Messer hatte. Jeder hatte vor irgendetwas Angst, bei einem Schwachkopf war es nur schwerer herauszufinden, vor was.
    Der Flaschenfreund machte einen Schritt nach vorn, um sich das Messer näher anzusehen. Er berührte die Schneide mit der Fingerspitze und lächelte.
    »Geh weg da«, sagte Boone, doch der Flaschenfreund drückte auf die Schneide – Boone konnte den Druck spüren – und zog den Finger über die Klinge. Es passierte, bevor Boone überhaupt begriff, was er da tat. Und von allen Dingen, die er je gesehen oder getan hatte, einschließlich Frank Towels’ Kopf abzuschneiden und die Nacht mit Calamity Jane Cannary zu verbringen, hatte sich nichts so angefühlt wie jetzt, als er auf die Schneide herabblickte, wo die Fingerspitze des Schwachkopfs hing, halb abgetrennt, neben einem Blutstreifen.
    »Um Himmels willen, was soll das?« brüllte er.
    Der Flaschenfreund hielt seinen Finger mit der anderen Hand, gemeinsam mit der Taschenpistole. Das Blut rann ihm an beiden Armen herunter und er hatte einen Ausdruck im Gesicht, der genau das Gegenteil von dem war, was Boone gerade fühlte.
    »Ich will aber niemanden mit einer klitzekleinen Waffe erschießen«, sagte er.
    Boone nahm ihm die kleine Pistole aus der Hand, legte sie zurück in Lurlines Schublade und befleckte dabei ihre Sachen mit Blut. »Halt still«, sagte Boone. »Wickel einfach deinen Finger ein …« Er blickte sich im Zimmer um und fand ein Spitzenhöschen von Lurline neben dem Schrank liegen. Es war hellgrün, wie eine Zitronentorte, und kam aus New Orleans, Louisiana. Sie hatte ihm das erzählt, als ob New Orleans ein Ort sei, an dem man unbedingt gewesen sein musste, und Zitronentorte etwas, was er kennen sollte. Er hob es vom Boden auf und wickelte es um den Finger des Schwachkopfs.
    Das Blut lief ihm inzwischen vorne am Hemd herunter, seine Hosen und sein Gesicht waren voll damit. Boone hatte noch nie so viel Blut aus einer so kleinen Wunde kommen sehen. Es war auf dem Fensterbrett, auf dem Boden und an den Wänden. Immer wenn sich der Schwachkopf bewegte, hinterließ er an einer neuen Stelle Blutspuren.
    Boone wickelte das Höschen zweimal um den Finger und drückte fest zu. »Hier«, sagte er, »drück da drauf.« Der Schwachkopf lächelte und versuchte, die Bandage abzuwickeln.
    Boone gab ihm eine Ohrfeige, um ihn davon abzubringen. Der Gesichtsausdruck des Schwachkopfs wurde leer. »Jetzt hör zu«, sagte Boone, »geh runter ins Badehaus und wasch dich. Wenn irgendjemand fragt, weißt du nicht, wie das passiert ist. Sag, du hättest gerade Holz gesägt.«
    »Ich will niemanden für dich erschießen«, sagte der Flaschenfreund.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, entgegnete Boone.

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