Deadwood - Dexter, P: Deadwood
saß genauso auf dem Pferd, wie er auf seinen Füßen stand. Ganz sicher, dass er es war. Mit den Augen des Mannes war noch alles in Ordnung.
Er war in den letzten sechs Wochen sechs Mal im
Gem
gewesen, aber nicht regelmäßig. Er ging, wann er wollte. Manchmal bezahlte er die Mädchen, manchmal den Mann.
Auch mit seinem Pimmel war noch alles in Ordnung.
Am Sonntag war er wieder da. Er kam am Nachmittag, gemeinsam mit zwei anderen, und hielt sich in den Büschen abseits des Pfades, um nicht gesehen zu werden. Als sie fort waren, ging der alte Mann hinunter zum Wasser. Der Junge war so unerbittlich wie der Bach, in dem er Gold wusch.
Er hatte es sich in den Kopf gesetzt weiterzumachen und hatte völlig vergessen, womit. Sieben Tage lang hatte er Nummer 12 bearbeitet und Gold im Wert von höchstens fünf Dollar herausgeholt. Ein Mann, der aus Versehen in den Bach fiel, hätte wahrscheinlich ebenso viel in seinen Taschen, wenn er wieder herauskletterte. Jedenfalls hatte der Junge kein Glück. Das war so klar wie die Tatsache, dass er kein Talent hatte.
Nicht, dass die zwei nichts miteinander zu tun hatten.
»Selbst der liebe Gott ruht sich am Sonntag aus«, sagte der alte Mann.
Der Junge schwappte Schotter über den Rand seiner Pfanne und blickte kein einziges Mal auf. »Ich mache mir nichts aus Religion«, sagte der Junge. »Ich mache mir nur aus dem etwas, was ich sehen kann.«
Der alte Mann setzte sich ans Ufer und sah ihm bei der Arbeit zu. »Es gibt manchmal keine klare Grenze«, sagte er, »zwischen dem, was man sehen kann und was nicht.«
Der Junge schüttelte den Kopf, als wäre er angeklagt worden. »Ich habe in den letzten Tagen nichts anderes gesehen als Schlamm und Schotter.« Der alte Mann sah, dass die Hände des Jungen an den Knöcheln aufgeplatzt waren. Er wusste, wie weh es tat, wenn man mit kaputten Händen arbeitete.
»Du musst langsamer machen«, sagte der alte Mann. »Schau dich um, du musst ein Gefühl dafür bekommen, was um dich herum ist…«
»Ich weiß alles über diesen beschissenen Bachlauf, was es zu wissen gibt«, sagte der Junge. »Ich weiß, dass ich einen Claim abgesteckt habe, und werde darin arbeiten, bis er sein Gold hergibt.«
»Es besteht doch kein Grund zur Eile«, sagte der alte Mann, aber er merkte, dass der Junge sich nichts sagen ließ.
»Vielleicht nicht für dich, alter Mann«, sagte der Junge. »Aber ich habe noch viel vor.« Der alte Mann stand auf und ging zurück in sein Camp. Er hätte dem Jungen von dem Mann erzählt, der zwei Mal da gewesen war und ihn beobachtet hatte, aber offensichtlich störte seine Anwesenheit den Jungen, der ihm sowieso nicht zuhörte. Er hätte es ihm gesagt, aber der alte Mann wurde nicht gerne »alter Mann« genannt.
Am selben Abend kam der Mann vom
Gem Theater
wieder, zusammen mit den anderen. Der alte Mann war im Wald und sammelte Kleinholz, als er ihre Pferde hörte. Der Junge war bis Einbruch der Dunkelheit im Bach gewesen, war dann den Hügel hochgegangen, hatte die Stiefel ausgezogen und war ohne Abendessen ins Bett gefallen.
Die Männer auf den Pferden hielten zwischen den Bäumen oberhalb des Camps, aber nur kurz. Dann banden sie ihre Pferde dort an und gingen nach unten. Der alte Mann suchte sich eine Stelle, von wo aus er sie beobachten konnte. Er hatte eine Schrotflinte in seiner Hütte, aber damit konnte er höchstens sich selbst erschießen.
Langsam näherten sie sich über die Felsen dem Zelt, wobei sie sich bemühten, keine Geräusche zu machen. Das hätten sie allerdings ebenso gut sein lassen können, denn der Junge schlief wie ein Toter. Als sie näher kamen, zogen zwei von ihnen ihre Revolver aus den Holstern. Der alte Mann dachte, sie würden den Jungen im Schlaf erschießen und sich dann nehmen, was sie wollten, aber sie blieben am Eingang des Zeltes stehen. Der Mann vom
Gem Theater
hielt sich am Zeltdach fest und versetzte dem Jungen, der im Zelt lag, einen Fußtritt. Man hörte ein Grunzen, aber nichts weiter. Der Mann vom
Gem Theater
trat wieder zu.
»Wach auf, Junge«, sagte er. »Al Swearingen ist hier, um seine Schulden einzutreiben.«
Der alte Mann konnte den Jungen im Zelt sprechen hören, verstand aber nicht, was er sagte. Der Mann vom
Gem Theater
trat wieder zu und wich dann zurück, als der Junge aus dem Zelt kam. Einer der anderen verpasste dem Jungen einen Schlag auf den Hinterkopf – der alte Mann meinte, er habe ihn mit der Waffe geschlagen, aber in der Dunkelheit war das schwer zu sagen
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