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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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stellte er sich die Ereignisse vor und versuchte, die Hand davon abzuhalten, das Streichholz fallen zu lassen. Er schaffte es nicht, noch nicht einmal in Gedanken. Als Mons Jensen sich erst einmal festgekettet hatte, gab es nichts mehr auf dieser Welt, was das Streichholz hätte aufhalten können. Er nahm an, dass es sich genau so zugetragen hatte, dass es einen Punkt gab, an dem der Farmer nicht mehr umkehren konnte, selbst wenn er gewollt hätte. Charley legte die Zeitung weg, um die Bilder aus seinem Kopf zu vertreiben. Lesen war etwas sehr Persönliches für ihn, denn er fand sich immer selbst in den Worten wieder. Manchmal war das gut und manchmal nicht. Einige von den Briefen, die Bill schrieb, waren in dieser Beziehung echt umwerfend.
    Er schloss die Augen, und nach einer Weile begann Bill zu reden. »Mich haben die Dinge, die ich gemacht habe, nie interessiert, wenn ich damit fertig war«, sagte er. »Was vorbei ist, ist vorbei, aber jetzt gibt es etwas, das ich fast so bedaure, als wäre ich gerade dabei, es zu tun.«
    Charley gefiel nicht, wie er das sagte. Er öffnete die Augen und sah Bill immer noch an die Decke starren. Er blickte immer nach oben, wenn er über Liebe redete.
    »Es betrifft Agnes Lake«, sagte Bill. »Ich erinnere mich an den Tag, als ich sie das erste Mal gesehen habe. Sie tanzte in Cheyenne auf dem Hochseil und hatte diesen besonderen Ausdruck auf dem Gesicht, während sie da oben war und jeden kleinsten Lufthauch spürte. Dafür muss man perfekt sein, nichts Schlechtes darf in einem sein und im Weg stehen … Ich habe noch nie solche Beine gesehen, mehr Muskeln als bei mir …«
    Charley hatte Agnes’ Beine gesehen. Bill hatte recht, sie waren wie Sprungfedern. Ohne Vorwarnung konnte sie vom Boden auf ein Pferd springen. Sie konnte rückwärts über sich selbst springen, ihre Knie dabei greifen und auf demselben Fleck landen. Charley hatte sie all diese Dinge tun sehen und dachte an seine eigenen Beine und wie nutzlos sie im Vergleich dazu waren.
    »Sie war der vollkommenste Anblick, den man sich vorstellen kann«, sagte Bill. »An diesem Tag auf dem Hochseil. Ich habe in diesem Augenblick beschlossen, dass wir zusammengehören. Ich weiß nicht, ob ich es erwähnt habe, aber es gab eine Zeit, da war ich selbst ein fast vollkommener Anblick.«
    Als Charley hinüberblickte, lächelte Bill. Charley wollte zur Perfektion von Agnes Lake, die ohne Zirkus-Make-up fünf Jahre älter war als Bill, keinen Kommentar abgeben. Charley hatte seine Vollkommenheit lieber jünger und sanfter.
    »Natürlich«, räumte Bill ein, »gibt es nichts wirklich Vollkommenes. Und selbst wenn es das gäbe, bedeutete das nicht, dass eine vollkommene Sache eine andere bräuchte …«
    Während sie das sacken ließen, brachte der Flaschenfreund Charley eine neue Zeitung. »Was sie über mich dachte, musste nicht unbedingt stimmen«, sagte Bill. »Sie glaubte, ich wäre genauso gut wie sie, weil ich genauso berühmt war. Sie kennt immer noch nicht alle Seiten von mir.«
    »Vielleicht kennst du auch nicht alle Seiten von ihr«, meinte Charley.
    Bill setzte sich in der Wanne auf. »Was meinst du damit?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Charley, »aber wenn man so alt ist, hat man eine Menge hinter sich, was von außen nicht unbedingt zu erkennen ist.« Er spürte, dass er in etwas hineingeriet, wo er nichts zu suchen hatte, aber wusste nicht, wie er da wieder rauskam. Bill sah ihn immer noch an. »Ich meine«, sagte Charley, »sie war an genauso vielen Orten wie wir beide, also muss auch sie etwas von der Welt gesehen haben.«
    Bill nahm noch einen Schluck aus der Flasche und schaute wieder zur Decke. »Sie hat die Dinge nie so gesehen wie andere Leute«, sagte er. »Sie hat etwas Unschuldiges an sich, die Motive der anderen sieht sie nicht.«
    »Was waren deine Motive?« fragte Charley.
    »Keine«, sagte er. »Alles, was ich je von ihr wollte, seit ich sie das erste Mal auf dem Hochseil gesehen habe, war, zu ihr zu gehören und in ihren Gedanken zu sein, wenn sie auf das Seil klettert.«
    »Nun«, sagte Charley, »das hast du geschafft.«
    Bill schüttelte den Kopf. »Ich habe ihr etwas angetan. Sie war der vollkommene Anblick, und ich habe ihn ihr weggenommen und verändert.«
    »Wie willst du das wissen?« fragte Charley. »Sie ist in St. Louis.«
    Eine Weile war es still im Raum. »Ich weiß es«, sagte Bill, »weil ich mir dasselbe angetan habe.«
    »Ich habe von einem Knochensäger namens Wedelstaedt gehört, der

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