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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Charley wartete auch. Ihm schien das genug zu sein.
    »Denkst du, es könnte gegen das Gesetz verstoßen?« fragte Bill. »Meinst du, es gibt ein Gesetz für Chinesen in Brennöfen? Dieser Ort hier hat noch nicht mal Gesetze, die Kreuzigungen verbieten …«
    Charley machte einen Schritt zurück, damit Gott nicht verwechselte, wer das jetzt gerade gesagt hatte. »Außerdem«, sagte Bill, »bleibt, wenn wir fertig sind, nur ein bisschen Asche übrig. Der Sheriff würde gar nicht merken, dass wir den Ofen getestet haben.«
    Es verging eine Weile, bevor Charley wieder etwas sagte. So waren ihre Gespräche. Sie ließen die Worte sacken, bevor sie etwas hinzufügten.
    »Wie bist du in Besitz dieses Schlitzauges gekommen?« fragte er.
    Bill schüttelte den Kopf. »Dr. Wedelstaedt hat ihn mir gegeben. Er sagte, der Chinese sei von den anderen geächtet worden. Sie hätten nicht mit ihm geredet, wenn er an ihre Haustür kam, sondern einfach an ihm vorbeigesehen, wenn er vor ihnen stand. Er durfte nicht in Chinatown leben und nicht an ihren Ritualen teilnehmen.«
    »Du warst bei Dr. Wedelstaedt?« fragte Charley. Es gefiel ihm nicht, wenn mehr Leute als nötig in etwas involviert waren. »Was hat er gesagt?«
    »Er sagte, die Chinesen gehen ihre Wege und wir unsere. Er sei niemand, der über andere richte.«
    »Ich meine, über dich.«
    Bill sah zur Seite. »Es gibt Behandlungsmethoden, aber nichts davon hört sich besser an, als zu sterben. Eine davon ist ein Draht, den er in deinem Pimmel hochschiebt und dann erhitzt.«
    Charley versuchte zu erkennen, wie Bill diese Nachricht aufgenommen hatte, aber Bills Miene war unergründlich. »Er hat mir wieder Quecksilber gegeben«, sagte Bill, »und mir dann von dem Chinesen erzählt und was seine eigenen Leute ihm angetan haben. Er gehört zu der Sorte von Ärzten, die einem erzählen, wie schlecht es anderen Leuten geht, wenn sie einem selbst nicht helfen können.«
    Charley nickte. Von denen gab es viele. »Hat er gesagt, warum die Chinesen das einem von ihnen angetan haben?«
    Bill stand auf, streckte sich und strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Es hatte etwas mit einem Mädchen zu tun«, sagte er. »Vielleicht auch mit mehr als einem. Der Doktor kennt ihre Namen, für mich hört sich das nur wie ein und derselbe Singsang an. Es hatte etwas mit Geld und falschen Versprechen zu tun, wobei das eine vom andern abhing, und am Ende konnten sie nichts anderes tun, als ihn zu ächten oder sich einzugestehen, dass sie die letzten dreitausend Jahre eventuell etwas falsch gemacht haben. Die Schlitzaugen sagen zwar die ganze Zeit ›Tut-mir-leid, tut-mir-leid‹, aber wenn sie unter sich sind, können sie es gar nicht leiden, wenn sie nicht recht bekommen.«
    »Niemand hat mit ihm gesprochen, nur wegen eines Mädchens …«
    »Kein Mensch«, sagte Bill. »Sie haben ihn in den Wald geschickt, ich vermute, da war er seit dem Frühjahr. Der Doc meinte, er hätte nichts mehr von ihm gehört, bis er dann tot war. Als das passierte, waren die Chinesen wieder etwas versöhnlicher, zumindest haben sie seinen Namen wieder laut ausgesprochen.«
    Charley blieb auf der Stufe sitzen und schaute zu Bill hoch. Er dachte daran, wie gern die Chinesen redeten. Als könnten sie die Worte nicht schnell genug herausbekommen. »Das muss ein einsames Schlitzauge gewesen sein«, sagte er.
    »Nun«, meinte Bill, »das hätten wir also geregelt.«
    Der Chinese lag unter einem kleinen Haufen von Ästen und Kiefernnadeln, zwischen den Bäumen hinter der Weide, auf der Charleys Maultiere angebunden waren. Bill steuerte direkt auf die Stelle zu, obwohl er in der Abenddämmerung noch nicht einmal eine Armlänge weit sehen dürfte. Charley folgte Bill und trat aus Gewohnheit immer genau dorthin, wo Bill hingetreten war.
    Bevor sie zu dem Chinesen kamen, passierten sie seine kleine Hütte. Charley hielt an und schaute hinein. Alles war ordentlich entlang der Strohmatte, die dem Chinesen als Bett gedient hatte, aufgereiht, als wolle er die Sachen verkaufen. Ein Buch, das so etwas wie eine Bibel sein musste, ein Paar U.S.-Army-Stiefel, ein Ausbeinmesser und ein leerer Geldbeutel. »Da drinnen gibt’s noch nicht einmal ein Foto von irgendwem«, sagte Charley.
    »Vielleicht wollte er sie genauso wenig sehen wie sie ihn«, meinte Bill. Kurz danach fügte er hinzu: »Weiße Männer machen manchmal auch grausame Sachen.«
    Charley konnte den Chinesen schon sehen, bevor sie die Äste wegnahmen. Er war nicht viel größer

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