Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
Vom Netzwerk:
Transportgeschäft war, dass es nur gut lief, wenn man die Wagen selbst fuhr, was für einen Mann mit schmerzenden Beinen keine Option für die Zukunft war.
    Der Plan mit dem Pony-Express war besser, aber natürlich hatte er noch nie ein solches Geschäft betrieben. Es gab den Dienst von Enis Clippinger bereits zwei Mal in der Woche, aber da brauchte ein Brief bis zu zwei Wochen von Boston oder San Francisco nach Cheyenne und dann noch einmal so lange in die Hills. Und dann, je nachdem, ob der Reiter lesen konnte oder nicht, waren oft die Siegel aufgebrochen und die Briefe steckten falsch herum im Umschlag.
    Manchmal kamen die Briefe gar nicht bei den Goldgräbern an. Enis Clippinger veröffentlichte dann Anzeigen, in denen er Indianern oder Banditen die Schuld gab. Er behauptete auch, niemand verstehe mehr von dem Geschäft als er, was für Charley letztendlich den Ausschlag gab. Am Donnerstag schickte er Briefe an den
Black Hills Pioneer
und den
Cheyenne Leader
und kündigte seinen neuen Dienst an.
    Herr Charles Utter hat einen Pony-Express zwischen Deadwood und Cheyenne eingerichtet, der in Kürze seinen regulären Betrieb aufnimmt. Keiner der angeheuerten Reiter kann lesen. Der Pony-Express wird Ihnen große Annehmlichkeiten bieten, und wir hoffen auf regen Zuspruch
.
    Er brauchte nur eine Minute für das Schreiben. Bill stand neben ihm und schaute zu. »Ich weiß nicht, wie du das machst«, sagte er. »Als wären die Worte bereits in deinem Stift.«
    »Es ist nur das, was schon im Kopf ist«, erklärte Charley. »Am besten, man schreibt die Worte so auf, wie sie aus einem heraussprudeln.«
    »Die Dinge in meinem Kopf sprudeln nicht in Worten«, meinte Bill.
    Der Zustand des Jungen war unverändert, oder auch schlechter geworden, schwer zu sagen. Charley fütterte ihn mit Milch, bis er sie verweigerte, wusch ihn und wechselte die Laken. Das Sprechen hatte er fast aufgegeben, der Junge hörte nicht zu, schien gar nicht wahrzunehmen, wer er war. Er dachte darüber nach, jemanden anzustellen, der sich um ihn kümmerte, bis sich sein Zustand änderte, in die eine oder andere Richtung. Wenn man sich lange genug auf eine bestimmte Art und Weise verhielt, dachte Charley, blieb man vielleicht für immer so. Er wünschte, er könnte das dem Jungen erklären.
    Am Ende der Woche hatte die Zunge des Jungen ihre Farbe verändert. Sie war jetzt heller, grün, blau und lila und sah nicht mehr so geschwollen aus. »Was um alles in der Welt ist bloß mit dir passiert?« sagte Charley, mehr zu sich selbst als zu ihm. Der Junge zuckte die Achseln. Das machte er immer, wenn er jemanden reden hörte.
    Am Freitagnachmittag kam Calamity Jane Cannary vorbei. Sie war schon drei Mal da gewesen und hatte nach Bill gesucht. Einmal hatte er sich unter dem Wagen versteckt. Freitagnachmittag war das erste Mal, dass Charley sie nüchtern sah.
    »Er ist im Wagen, oder?« fragte sie.
    »Nein, Ma’am«, antwortete Charley.
    »Da ist aber jemand drin«, meinte sie.
    »Es ist der Bruder meiner Frau«, sagte er. Er versuchte immer seine Frau mindestens ein Mal zu erwähnen, wenn er Jane begegnete. »Er ist schon die ganze Woche krank.«
    Jane nahm ihren Hut ab und fuhr sich mit der Hand durch das struppige, verfilzte Haar. Charley hielt Ausschau nach Fledermäusen. »Was hat er?« fragte sie. »Die Gelbsucht?«
    Charley schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich habe ihn Anfang der Woche hier im Wagen gefunden und bis jetzt hat er sich nicht bewegt.« Jane schloss die Augen und dachte nach.
    »Ich kann ihn mir ansehen«, meinte sie.
    »Es war schon ein Doktor hier«, sagte Charley. Er hatte Dr. O.E. Sick eines Nachmittags in seinem Büro aufgesucht und ihn mit zum Wagen gebracht. Er war zu ihm gegangen, weil er den Flaschenfreund kannte, dessen Schicksal für Charley Ähnlichkeiten mit dem jetzigen Fall aufwies. Dr. O.E. Sick war dem Jungen mit der Hand durchs Haar gefahren. »Irgendwie«, hatte er gesagt, »sieht es aus wie ein Schlangenbiss.«
    »Ärzte haben keine Ahnung vom Heilen«, sagte Jane. Sie ging an Charley, der von ihrem Körpergeruch schier überwältigt wurde, vorbei zum Wagen. Sie trug Hosen und eine Jacke aus Wildleder, mit Fransen, und einen alten Colt Kaliber .41, der mindestens acht Pfund wiegen musste, einen Munitionsgürtel und um den Hals einen Wollschal. Mitten im Sommer.
    Sie lehnte sich an den Wagen und starrte hinein. »Er ist ja noch ein Junge«, sagte sie.
    »Er ist achtzehn«, sagte Charley. »Der

Weitere Kostenlose Bücher