Deadwood - Dexter, P: Deadwood
Bruder meiner Frau.« Dann kletterte sie in den Wagen, und Charley hörte, wie sie mit dem Jungen redete und Sachen hin und her bewegte. Er versuchte nicht, sie aufzuhalten, manchmal half ja ein Schock, um jemanden aus seiner Lethargie zu reißen.
Sie bat Charley um Wasser, das er ihr brachte, dann um ein Handtuch. Fast eine Stunde blieb sie im Wagen. »Seine Zunge ist geschwollen«, konstatierte sie, als sie herauskam, »aber es ist mehr als nur das.«
»Ich weiß nicht, was es ist«, sagte Charley.
»Ich könnte vorbeikommen und nach ihm sehen«, sagte Jane. »Mein ganzes Leben habe ich Kranke gepflegt. Pocken, Gelbfieber, Tuberkulose …«
Charley fand, es könne nicht schaden, wenn der Junge etwas mehr Gesellschaft hätte. Er widerstand der Versuchung, sich das unerwartete Eintreffen seiner Frau vorzustellen – Malcolm mit gespaltener Zunge und seiner Sinne beraubt in der Obhut von Calamity Jane Cannary.
Ihm war klar, dass sie in Bills Nähe sein wollte, aber da war noch etwas. Sie sorgte wirklich für die Kranken. Charley ließ den Jungen in ihrer Obhut und machte sich auf die Suche nach Enis Clippinger.
Stattdessen fand er Bill draußen vor dem
Bella Union
. Pink Bufords Bulldogge hatte gerade auf der Straße einen Wolf getötet. Pink hatte fünfhundert Dollar eingesackt, saß im Saloon und bestellte Drinks. Bill saß mit dem Hund auf der Treppe. Der Hund hatte bei dem Kampf ein Ohr verloren, war aber sonst unverletzt.
»Ich wünschte, Pink Buford würde den Hund nicht so oft kämpfen lassen«, sagte Bill.
»Vielleicht gefällt es ihm«, erwiderte Charley.
Bill küsste den Hund auf die Schnauze und sah ihm in die Augen. »Es sieht nicht so aus«, sagte er. Er bewegte den Kopf des Tieres und besah sich die Stelle, wo das Ohr gewesen war. »Das wächst nicht wieder nach«, meinte er. Der Hund leckte Bill das Kinn. Der Wolf lag mit aufgerissenem Hals auf der Straße.
Charley setzte sich neben Bill. »Ich habe mich entschieden, einen Pony-Express zu eröffnen«, sagte er.
»Es gibt bereits einen Pony-Express.«
Charley schüttelte den Kopf. »Ich werde in einem Rennen zwischen Cheyenne und Deadwood gegen ihn antreten. Um die Rechte der Postbeförderung.«
»Warum sollte er sich mit dir ein Rennen liefern?« fragte Bill.
»Ich werde ihn herausfordern«, sagte Charley. »Wenn du jemanden herausforderst, wird immer ein Rennen daraus.«
Bill strich das eine Ohr der Bulldogge zurück, damit beide Seiten gleich aussahen. Als er wieder das Wort ergriff, hörte Charley gleich, dass etwas im Busch war. »Ich habe eine halbe Meile nördlich von hier einen toten Chinamann gefunden«, sagte Bill. »In der Nähe der Maultiere.«
»Einen toten Chinamann.«
Bill zuckte die Achseln. »Sie haben weder eine Todesursache noch einen Namen. Niemand hat Anspruch erhoben, also gehört er uns.«
»Na, was für ein Glück.«
Bill blickte den Hund an, während er sprach. »Heute kam eine Lieferung aus Sioux City. Ein Brennofen, groß wie ein Ungeheuer, für die
Deadwood Brickworks Inc
. Sie haben ihn nördlich der Stadt abgeladen.«
»Wer hat ihn da abgeladen?«
Wieder zuckte Bill mit den Schultern. »Wer auch immer. Bei den
Brickworks
war man noch nicht bereit, also haben sie ihn da stehen gelassen. Gusseisen, wiegt sicher vier Tonnen. Ich habe die Transportkiste selbst zerlegt.«
»Jetzt mal langsam«, sagte Charley. Die
Deadwood Brickworks
gehörten dem Sheriff, und Charley wusste, wohin das führen würde.
»Wir könnten heute Nacht da hingehen«, sagte Bill. Charley kam der Bericht über Baron Van Palm in den Sinn. »Auch ein Chinamann hat das Recht auf eine anständige Bestattung«, ergänzte Bill.
Der Teil, an den sich Charley erinnerte, war, als sich die Hand des Barons hob, der aufsteigenden Seele den Weg wies, und ein heiliges Licht seine Füße umgab. Er musste zugeben, dass er durchaus daran interessiert war, so etwas einmal mit eigenen Augen zu sehen. »Hatte der Chinamann keine Familie?«
»Alles, was sie für ihn tun wollen, ist, ein großes Loch zu buddeln und ihn reinzurollen. Die Chinesen bekommen noch nicht mal eine Kiste, wenn niemand sich meldet. Da hat er es bei uns besser.«
»Du weißt, wem der Ofen gehört, mit dem du dieses Schlitzauge in den Himmel befördern willst, oder? Du weißt, wem die
Deadwood Brickworks
gehören?«
Das war Bill egal. »Was für einen Unterschied macht das?«
»Bullock«, sagte Charley. »Es ist Sheriff Bullocks Ofen.«
Bill sah ihn an und wartete auf den Rest.
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