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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Sturm vorbei war. Bill war inzwischen fast eingeschlafen und Charley so betrunken, dass er anfing zu verstehen, was Bill an Captain Jack Crawford gefiel. Er wusste nicht, wie spät es war, aber irgendwann in der Nacht fiel Charley auf, dass Wind und Regen nachgelassen hatten. Er ging hinaus und sah, dass die Hagelkörner inzwischen geschmolzen waren.
    »Wenn wir morgen früh wirklich auf Elchjagd gehen wollen«, sagte er zu Bill, »dann sollten wir vorher ein bisschen schlafen.« Bill sagte kein Wort. Er stand einfach von seinem Stuhl auf und stiefelte zurück ins Camp. Sie gingen im Gänsemarsch, Bill, Charley und Pink Bufords Bulldogge. Bill stieg in seinen Schlafsack, ohne die Stiefel auszuziehen. Die Bulldogge rollte sich neben ihm zusammen. Erst begann einer zu schnarchen, dann der andere. Charley konnte nicht sagen, welches Schnarchen zu wem gehörte.
    Charley legte seine Waffen ab, zog sich aus und wusch sich. Der Bach war von dem Sturm eiskalt. Er hielt seine Nase einige Zentimeter über das Wasser und spritzte es sich mit hohlen Händen wieder und wieder ins Gesicht, bis seine Wangen taub waren. Dann hörte er auf. Es fühlte sich an wie Nadelstiche, erst langsam kehrte Leben in seine Wangen zurück.
    Er strich sein Bett in dem kleinen Zelt, in dem er schlief, seit der Junge im Wagen lag, glatt. Bei dem Gedanken an den Jungen schaute er kurz nach ihm, um sicherzugehen, dass er gut zugedeckt war. Im Wagen war es dunkler als draußen, was ihn an den Brennofen erinnerte. Charley brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann sah er den Jungen, der ihn mit offenen Augen anstarrte. Sein Kopf lag im Arm von Calamity Jane Cannary, die fest schlief und glücklicher aussah, als Charley sie je zuvor gesehen hatte.
    Ein paar Minuten nach Tagesanbruch kam Captain Jack, um sie abzuholen. Er trug zwei Pistolen an seinem Holster, hatte ein Springfield-Zündnadelgewehr und eine Schrotflinte am Sattel und mehr Munition dabei als ein Mexikaner.
    Das Geräusch der Pferdehufe weckte Charley, aber Bill war bereits wach, saß auf seinem Lieblingsbaumstumpf und rieb sich mit Quecksilber ein. Falls Captain Jack bemerkte, dass Bill silberne Haut hatte, erwähnte er es zumindest nicht.
    Sie ritten von Charleys Camp zum Nordende der Stadt, um zwei Maultiere zu holen. Erst als sie an der Weide ankamen, fiel Charley der Sohn des Himmels ein, den sie im Brennofen gelassen hatten. Er stieg vom Pferd und gab Captain Jack die Zügel. »Warten Sie hier«, sagte er, »Bill und ich müssen etwas besprechen.«
    Bill sah Charley kurz an und stieg dann auch vom Pferd. Sie gingen hinüber zu den Maultieren und dem Brennofen, der unverkennbar und schwarz am Rand der Lichtung stand. Captain Jack wurde langsam ungeduldig, weil er mit der Jagd beginnen wollte. »Wir brauchen keine Packesel, Jungs«, rief er.
    Charley drehte sich um und fragte: »Sind Ihre Elche so freundlich, uns bis hierher zu begleiten, um dann von uns erschossen zu werden?«
    Wortlos gingen Bill und Charley das letzte Stück. Der Boden war durchweicht und ihre Mokassins machten beim Gehen schmatzende Geräusche. Die Maultiere waren etwa hundert Meter vom Ofen entfernt angebunden. Als sie bei den Tieren waren, erlaubte sich Charley einen Blick zurück zu Captain Jack. »Wie konnten wir nur den Sohn des Himmels vergessen?« flüsterte Bill.
    »Das kommt vom Trinken«, antwortete Charley.
    Bill nickte. »Verflucht, ich wünschte, ich hielte gerade einen Drink in der Hand.« Charley band zwei der Maultiere los, während Bill rüber zum Ofen sah. »Ich habe noch nie in meinem Leben etwas von derartiger Bedeutung vergessen.«
    Sie gingen die letzten hundert Meter zum Ofen, und Charley öffnete ihn. Erst oben, dann unten. Er starrte eine gefühlte Ewigkeit hinein und schloss dann die Türen in derselben Reihenfolge, wie er sie geöffnet hatte. Anschließend nahm er Bill eines der Maultiere ab und machte sich auf den Weg zu Captain Jack.
    »Jemand beobachtet uns«, sagte Bill.
    Charley widersprach ihm nicht. Er wartete, bis Bill ihn eingeholt hatte, und fragte dann in sein Hemd: »Weißt du, wo sie stecken?«
    »Nein, nur dass sie da sind.«
    »Wer?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Bill.
    Bevor sie Captain Jack erreichten, sagte Charley: »Der Ofen ist leer.«
    »Aber da muss doch Asche sein«, meinte Bill. »Ist aber keine da«, sagte Charley.
    Sie folgten der Strecke, die die Planwagen für gewöhnlich nach Süden nahmen. Dabei hielten sie sich

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