Deadwood - Dexter, P: Deadwood
wahrscheinlich weglaufen, wenn er ihm gegenüberstünde. Boone beobachtete Bill und merkte sich, was er trank. Er passte auf, ob ihm die Karten aus der Hand fielen oder er auf dem Weg nach draußen, wenn er pissen musste, stolperte. Was nie geschah.
Er brauchte da draußen ewig. Beim Rausgehen kippte er seinen Stuhl gegen den Tisch, um den Platz zu reservieren, und verschwand dann für eine halbe Stunde. Niemand beschwerte sich. Wenn er Wild Bill erledigen müsste, entschied Boone, würde er es dort machen. Draußen, mit einer Flinte, aber er war sich nicht sicher, ob die Angelegenheit zu seinen Gunsten ausgehen würde.
Er hatte den Eindruck, der Revolverheld sah im Dunkeln genauso gut wie er bei Licht.
Er würde es den Katzenmann drinnen machen lassen. Er war nicht der Typ, dem man im Dunkeln trauen konnte.
Und als Boone gerade alles zum zehnten Mal durchging, biss die Bulldogge sich zu Frank Towels durch und veränderte seine Gesichtszüge nachhaltig. Boone bemerkte es gar nicht, bis er das Knacken von Knochen hörte, und dann wollte die Bulldogge Franks Kopf nicht wieder hergeben. Er war mit Hundespeichel vollgesabbert, und Boones Hände rutschten ständig ab, wenn er versuchte, ihn wegzuziehen. Der Hund knurrte und hielt fest. Es war Wild Bill selbst, der ihn zurückpfiff. Beim Klang seiner Stimme ließ er Franks Kopf los und trottete sabbernd hinüber zum Kartentisch, wo er sich zu Bills Füßen legte.
Boone legte den Kopf jetzt auf einen Baumstumpf und stellte sich neben den Katzenmann. Der Katzenmann blickte am verrosteten Lauf des Revolvers entlang, den er hielt, wandte dann den Kopf ab und drückte den Abzug. »Hast du Schiss vor Waffen?« fragte Boone, nachdem der Rauch sich verzogen hatte. »Ich hätte nicht gedacht, dass ein Katzenmann Schiss vor Waffen hat.«
»Ich hab schon Männer umgelegt«, sagte Jack McCall. »Ich hab keinen Schiss vor Waffen.« Boone zeigte auf Frank Towels’ Kopf, und der Katzenmann probierte es erneut. Diesmal schloss er die Augen nicht.
»Geh dichter ran«, sagte Boone. »Du bekommst nur einmal die Chance, berühmt zu sterben.« Jack McCall trat dichter heran und dann noch dichter. Er konnte ihn fast berühren, als er ihn endlich traf.
»Es fühlt sich komisch an«, sagte er zu Boone, »auf einen Kopf zu schießen.«
Boone zuckte die Achseln. »Es hat sich nicht besonders komisch angefühlt, als ich ihn erschossen hab.« Er hob den Kopf auf und stellte ihn wieder auf den Stumpf. »Noch mal«, sagte er.
»Warum?«
»Das nennt man Üben«, sagte Boone. Und der Katzenmann zielte mit der Pistole auf den Kopf und traf wieder. Er schoss so lange auf den Kopf, bis die einzelnen Stücke zu klein zum Hinstellen waren.
Boone nahm den Katzenmann mit ins
Gem Theater
und kaufte ihm eine Flasche von J. Fred McCurnins Whiskey, der so dickflüssig und süß war wie Melasse und auch genauso teuer. Er setzte ihn mit der Flasche und einem Glas an den Tisch und ging, um mit Al Swearingen zu sprechen. »Tu nichts, bis ich es dir sage«, befahl er dem Katzenmann. »Das hier ist ein heikles Geschäft.«
Boone fand Al Swearingen in seinem Büro mit seiner Frau. Sie heulte, daher wusste Boone, wer es war. Swearingen mochte es nicht, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigte. Boone riss ohne anzuklopfen die Tür auf und sah die beiden da stehen, ihre Gesichter so nah beieinander, als würden sie sich küssen, nur dass er ihre Bluse mit der Faust gepackt hatte.
Boone stand an der Tür und wartete. Er ging nicht weg, und er trat auch nicht ein. So, wie er das sah, musste jede, die mit Al Swearingen verheiratet war, gerne heulen. Bei ihm und Lurline war’s genauso. Sie fragte ihn immer, ob er sie eines Tages umbringen werde, und trotzdem kam sie jedes Mal zu ihm zurück. Sie hatten offensichtlich irgendwas, das sich danach sehnte.
Al Swearingen sah, dass Boone nicht wieder gehen würde, und ließ von seiner Frau ab. Sie setzte sich auf einen Stuhl und weinte, was in Boones Ohren, der deutlich Hysterischeres gewohnt war, jämmerlich klang. Swearingen setzte sich an den Schreibtisch. »Was gibt’s?« fragte er.
»Zweihundert Dollar«, sagte Boone.
Swearingens Miene veränderte sich. »Ist es erledigt?«
»So gut wie«, sagte Boone. »Ich hab den Mann, der’s tun wird, aber wenn Wild Bill in seiner Gehirnsuppe liegt, will ich von dir nicht hören, dass es nur ein Unfall war. Es hat mich viel Zeit und Mühe gekostet, den richtigen Mann auszubilden, und ich will meine zweihundert Dollar.
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