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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Stuhl und half ihr, sich zu setzen. Er hatte es nicht eilig, sich in Familienangelegenheiten einzumischen, aber wenn weinende, matschverschmierte Frauen aus seiner Tür gingen, hatte niemand etwas davon.
    Er zog ein Taschentuch hervor und wischte ihr wenigstens einen Teil des Matschs aus dem Gesicht. Sie saß still da und ließ es geschehen. Als er getan hatte, was er konnte, gab er ihr das Tuch, damit sie sich selbst die Hände abwischen konnte. »Wissen Sie, das Gesetz ist etwas Öffentliches«, sagte er. »Es findet keine Anwendung im Privatleben.« Solomon Star hatte sich gerade auf den Boden gekniet, mit einem Hammer in der Hand und einem halben Dutzend Nägeln zwischen den Lippen. Bullock war froh, dass Solomons Mund besetzt war.
    »Ich bin nicht wegen einer Privatsache hier«, sagte die Frau. »Mein Mann und Mr. Boone May planen, Mr. Wild Bill Hickok erschießen zu lassen.«
    Der Sheriff lächelte sie an. »Bei einem Mann wie Bill Hickok«, sagte er, »gibt es immer Geschichten …« Hickok war jetzt knapp zwei Wochen in der Stadt, und es gab bereits Stimmen, die ihn zum Sheriff machen wollten.
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Die beiden reden nicht nur«, sagte sie. »Dafür kenne ich sie zu gut.« Seth Bullock tätschelte ihre Hand. Ihn beunruhigte nicht das Gerede, dass Bill Sheriff werden sollte – das Amt war nichts, woran Seth Bullock länger festhalten wollte als unbedingt nötig –, es war vielmehr die Art,
wie
die Leute über ihn redeten. Als würde Bill sie vor Indianern, Dieben und schlechtem Wetter retten. Bill hatte nichts anderes getan, als Gin zu trinken und beim Poker zu verlieren, und trotzdem war er bereits dabei, Seth Bullocks Claim zu übernehmen. Und das nicht nur in den Badlands, sondern überall in der Stadt. Niemand kannte Bill Hickok wirklich, aber gerade darauf beruhte seine Popularität. Auf Einbildungskraft und nicht auf Tatsachen.
    Niemandem wurde ein Denkmal gesetzt, weil man ihn vom Frühstück her kannte.
    »Mrs. Swearingen«, sagte Bullock, »ich möchte, dass Sie zu Ihrem Ehemann zurückgehen und nicht erwähnen, dass Sie hier waren.«
    »Ich bin gekommen, um ihn anzuzeigen«, erwiderte sie.
    Bullock schüttelte den Kopf. »Das Gesetz ist etwas Öffentliches«, sagte er. »Ihre privaten Probleme sollten die Leute zu Hause klären. Sie haben ihn schließlich geheiratet, Ma’am. Versuchen Sie, an all das zu denken, was Ihnen damals an ihm gefiel, und überlegen Sie, was davon noch übrig ist.«
    Sie suchte in seinem Gesicht nach einem Anhaltspunkt, ob das ein Scherz sein sollte. »Sie werden nichts unternehmen, stimmt’s?« fragte sie.
    »Nein«, antwortete er, »das werde ich nicht.«
    Am Freitag brach Charley nach Cheyenne auf. Der Clippinger Pony-Express hatte seine Herausforderung angenommen. Das hatte Charley überrascht und ihm gezeigt, dass das Geschäft wohl doch nicht so einträglich war, wie er vermutet hatte.
    Er verließ Deadwood, ohne noch einmal mit Bill zu sprechen. Er schaute bei dem Jungen vorbei, den er inzwischen aufgegeben hatte, und gab Jane weitere zwanzig Dollar für ihre Verpflegung. Dann bestieg er einen raubeinig aussehenden grauen Wallach, den er für vierhundertfünfzig Dollar bei Brick Pomeroy gekauft hatte, und ritt aus der Stadt. Es fühlte sich falsch an, wegzureiten, ohne noch einmal mit Bill gesprochen zu haben, aber je länger er im
Grand Union
geblieben war, desto größer war der Abstand zwischen ihnen geworden, und er sah keinen Weg, ihn wieder zu verringern.
    Tatsächlich war es umgekehrt. Er fing an, über Bill zu urteilen und über Sachen nachzudenken, die ihn nichts angingen. Warum konnte er beispielsweise kein Geld verdienen oder hatte eine Frau geheiratet, die er gar nicht kannte. Es war kleinlich und falsch, aber er dachte trotzdem über diese Dinge nach.
    Er versuchte, laut Selbstgespräche zu führen. »Bill hat doch nur deinen Arsch aus dem Wasser gezogen – wie lange willst du ihm das noch übel nehmen?« Aber es klang hohl. An jenem Tag war im Wasser etwas geschehen, das Charley ihm nicht verzeihen konnte.
    Er brauchte sechs Tage bis nach Cheyenne, wobei er hier und da anhielt, um Vorbereitungen zur späteren Versorgung seiner Pferde zu treffen. Es gab ein paar Siedlungen, zwei oder drei Familien, die von den Indianern in Ruhe gelassen worden waren. Meistens Texaner. Es waren die humorlosesten Menschen, die Charley je kennengelernt hatte. Wahrscheinlich liegt es an den Staubstürmen, dachte er. Aber sie waren verlässlich

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