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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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stellte und manchmal sechs Monate lang kein Gesicht zu sehen bekam, weder ein weißes noch das einer Rothaut. Er war kein Einsiedler aus Überzeugung, sondern aus geschäftlichen Gründen. Und dieser Trapper ließ einfacher von einer Unterhaltung ab als A. W. Merrick. Alle Zeitungsleute, die Charley je getroffen hatte, waren gleich. Es war, als hinge etwas davon ab, dass sie einem erzählten, was sie schon alles gemacht und getan hatten.
    Charley hatte schon Dutzende Interviews gegeben und war zwei Mal fotografiert worden. Sie stellten einem Fragen und schrieben dann Antworten in die Zeitung, die man nie gegeben hatte. Die Lügen über Bill waren natürlich noch schlimmer, aber der leistete ja auch seinen Beitrag dazu und erzählte den Reportern so ziemlich alles, was ihm gerade einfiel, in der Annahme, seine Fantasie sei mindestens so reich wie ihre.
    A. W. Merrick ließ sich über den undankbaren Job eines Redakteurs aus, über den Preis von Druckerschwärze, wenn man sie denn bekam, und über humorvolle Schlagzeilen aus dem ganzen Land. Er hatte gerade zur Beschreibung einer Druckerpresse angesetzt, die er einmal in Boston gesehen hatte, als Charley ihn unterbrach. »Mr. Merrick, wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, ich muss mich auf das Rennen gegen Clippinger vorbereiten«, sagte er.
    Der Zeitungsmann sah Charley an, als hätte er ihm eine Ohrfeige verpasst. »Ich wusste gar nicht, dass es dazu irgendwelcher Vorbereitungen bedarf«, sagte er. »Was braucht man denn noch außer einem Pferd?«
    So waren sie, die Zeitungsleute. Als Charley das Büro verließ, dämmerte es schon. Seine Gefühle Bill gegenüber hatten sich gewandelt, was ihn traurig machte und müde. Er wollte zurück ins
Grand Union
gehen, vielleicht traf er den berühmten Alphonso the Polite, aber an der Eingangstür dachte er an den Jungen im Wagen und ging stattdessen zurück in sein Camp. Jane saß auf Bills Baumstumpf und trank Kaffee mit Whiskey, halb und halb.
    Bill war bei einem seiner Termine in den Badlands. Er war schwach und krank, aber nicht schwach und krank genug, um hier im Mondlicht bei Jane Cannary zu bleiben. Sie starrte Charley an, scheinbar ohne ihn zu erkennen.
    »Wie geht’s dem Jungen?« fragte er.
    »Schläft«, sagte sie. »Er ist ein guter Junge, hat kein Wort gesagt.« Charley lehnte sich gegen eines der Räder und schaute in den Wagen. Malcolm lag genau da, wo er ihn zurückgelassen hatte. »Ich hab auf ihn aufgepasst, während Sie weg waren«, sagte Jane. »Keine Sorge.«
    »Danke«, sagte Charley.
    »Scheiße«, sagte Jane. Sie war noch nie gut darin gewesen, Dank entgegenzunehmen.
    »Hat er etwas gegessen?« fragte Charley. Der Junge wirkte dünn und bleich, aber das war bei dem Licht nicht richtig zu erkennen.
    »Milch«, sagte sie. »Und Maissuppe.«
    Charley setzte sich auf den Boden und lehnte seinen Rücken an das Rad. In den Hills wurde es schnell dunkel, und er hatte jetzt Schwierigkeiten, Janes Gesicht zu erkennen. »Bill ist zurückgekommen«, sagte sie. Charley antwortete nicht. »Ich war im Wagen bei dem Jungen. Als ich rausgekommen bin, hat er sich gerade mit Silber eingerieben.«
    »Quecksilber«, sagte Charley. »Der Doktor hat ihm das verschrieben.«
    »Ich wünschte, er wäre zu mir gekommen«, sagte sie. »Diese Ärzte haben keine Ahnung von Krankheiten.« Sie stocherte mit einem Stock im Boden herum, während sie sprach. »Ich habe mein ganzes Leben lang Kranke gepflegt und nie etwas dafür verlangt.«
    »Sie haben das gut gemacht mit dem Jungen«, sagte Charley.
    »Scheiße.«
    »Er sieht besser aus«, meinte er.
    »Seine Zunge ist nicht mehr geschwollen«, sagte sie. »Jeder sieht besser aus, wenn er seine Zunge wieder zurück in den Mund kriegt. Er hat noch kein Wort gesprochen.« Sie trank ihre Tasse leer und füllte sich nach. Kaffee und Whiskey, halb und halb. Mit dem Finger rührte sie alles um. »Bill mag mich nicht«, sagte sie.
    »Er ist durcheinander«, sagte Charley. »Um ihn herum ändert sich alles rasend schnell, und er versucht, derselbe zu bleiben.« Als er das sagte, erkannte er, dass das wahrscheinlich für sie beide galt. »Es hat mit niemandem etwas zu tun, außer vielleicht mit seiner Frau.«
    »Scheiße«, sagte sie. »Wild Bill Hickok hat sich doch nicht verheiratet.«
    »Ich war dort«, sagte Charley. »Die Frau heißt Agnes Lake, die berühmte Trapezkünstlerin.«
    »Ich glaub’s nicht«, sagte sie. »Wozu braucht Wild Bill eine Zirkuslady? Das ist nicht seine Sorte

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