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Deadwood - Stadt der Särge

Deadwood - Stadt der Särge

Titel: Deadwood - Stadt der Särge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Zeichen des Henkers wartete, das ihn vom Leben in den Tod beförderte. Jetzt erst spürte sie den Wind so richtig. Sie war am gesamten Körper naßgeschwitzt, die Kleidung klebte auf der Haut, und der kühle Wind ließ sie frösteln.
    Beruhigt war sie nicht. Der Schlingendruck kam ihr vor wie ein Todesurteil, das längst gesprochen war und nur darauf wartete, vollstreckt zu werden.
    Da sie erhöht stand, fiel ihr Blick über manche Hausdächer hinweg. Bis auf die Main Street konnte sie nicht sehen, hörte aber aus dieser Richtung zahlreiche Geräusche, als wäre jemand dabei, irgend etwas zu zertrümmern, das aus Holz bestand.
    Jane konnte sich keinen Reim auf diese Geräusche machen. Der Wind wehte gegen ihr Gesicht. Er trocknete nicht nur den Schweiß von der Haut, auch das Wasser in ihren Augen, so daß sie klarer sehen konnte. Etwas wurde zu ihr hingetragen. Zuerst glaubte sie an eine Täuschung, deshalb konzentrierte sie sich stärker und erfaßte tatsächlich, daß es sich dabei um Stimmen handelte.
    Zwei Personen sprachen.
    Eine Stimme gehörte John, er sagte wenig, der andere sprach mehr. Jane rechnete damit, daß es sich dabei um den Hinkefuß handelte, aber sie hörte noch eine dritte Stimme, die sich mit dem Wind mischte. Wer da sprach, fand sie nicht heraus, doch die Worte, die man ihr sagte, schockten sie zutiefst.
    »Erinnere dich, Jane Collins. Damals hast du nicht eingegriffen, als Wikka in der feurigen Schlinge verging. Heute soll dir das gleiche Schicksal zuteil werden. Einige Male bist du entkommen, diesmal werde ich es nicht zulassen.«
    Blut, das zu flüssigem Metall geworden war, rann plötzlich durch ihre Adern. So sehr hatte sie sich erschreckt. Vor ihren Augen verschwammen die Bilder, der Druck wurde unerträglich, und die Hilflosigkeit ihrer Lage kam ihr voll zu Bewußtsein. Sie hatte den Sprecher nicht gesehen, doch sie glaubte fest daran, daß der Teufel persönlich zu ihr geredet hatte.
    Die weiteren Vorgänge lenkten sie von ihren schlimmen Gedanken ab, als sie nach vorn schaute und mit ansehen mußte, wie sich die Stadt plötzlich veränderte.
    Andere Bilder schienen sich über das normale zu schieben. Etwas, das aussah wie ein Hologramm, entstand. Menschen erschienen, Gebäude, hier und da blinkte ein Licht.
    Sie roch den Staub, den Abfall und den Rauch, der aus Kaminen kroch. Deadwood lebte plötzlich!
    Da der Ort aber zu einer Geisterstadt geworden war, konnte er nur in der Vergangenheit noch leben. Und Jane Collins rechnete damit, daß eine finstere Magie sie in die Vergangenheit getrieben hatte…
    ***
    Deadwood war da, Deadwood lebte, und ich, ein Mann aus der Zukunft, stand dazwischen.
    Es waren mir schon zu oft Dinge dieser Art passiert, so daß ich nicht lange erschreckt darüber nachdachte, sondern sie einfach hinnahm und zusah, daß ich auch zurechtkam. Wie ich aus der Vergangenheit wieder herauskommen sollte, darüber verschwendete ich keinen Gedanken. Für mich war der Grey Man wichtiger, und ich zog mich in den Schatten eines Vorbaus zurück, um dort abzuwarten.
    Er stand jetzt am Rand des Gehsteigs. In der Nähe baumelte eine Laterne im leichten Wind. Das Gesicht des Hinkebeins war noch immer bleich, wenn es auch einen rötlichen Touch bekommen hatte. Er hatte einen langegezogenen Kopf, und sein Gesicht wirkte eckig. Die Augen lagen tief in den Höhlen, er trug auch seinen Schlapphut, hatte aber die Krempe nach oben gebogen und seinen breiten Mund zu einem häßlich wirkenden Grinsen verzogen.
    Nicht weit von ihm entfernt hing eine alte Glocke. Er packte das Klöppelband und begann zu läuten.
    Die Klänge hallten über die Main Street. Mir kamen sie vor wie der Gruß einer Totenglocke, deren Klang dazu beitragen sollte, Leichen wieder zum Leben zu erwecken.
    Tote waren es nicht, die aus den Häusern kamen. Auch hinter mir wurde eine Tür quietschend geöffnet. Mann und Frau — beide schon älter und in lappig wirkender Kleidung — traten aus dem Haus, übersahen mich, faßten sich an den Händen, schritten über den Stepwalk und betraten die staubige Straße.
    Dort trafen sie mit den Personen zusammen, die ebenfalls ihre Häuser verlassen hatten.
    Ganz Deadwood war auf den Beinen. Ich sah nur Erwachsene, aber keine Kinder. Ein Ort ohne Kinder, das war selten. Der Hinkefuß bimmelte weiter. Er wollte auch den letzten Einwohner aus dem Schlaf holen.
    Es war nicht sehr dunkel. Einige Lampen leuchteten außen an den Häusern. Petroleumlampen, die der Wind schaukelte und

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