Deadwood - Stadt der Särge
grausamen Lohn für ihre Arbeit bekommen.
Ich fühlte mich innerlich aufgewühlt. Wenn ich in die Gesichter der Frauen blickte, so sah ich, daß dieses spartanische Leben bei ihnen Spuren hinterlassen hatte.
Da sahen die jungen Frauen schon ziemlich alt aus. Falten hatten sich in ihre Haut gegraben. Sie wirkten verhärmt. Viele Lippen waren zusammengekniffen und zeigten einen verbissenen Ausdruck. Diese Menschen hatten es wirklich nicht leicht gehabt.
Noch etwas kam hinzu, das mir erst jetzt richtig auffiel. Zwar wurde der Staub durch die über den Boden schleifenden Füße aufgewirbelt, ich aber roch ihn trotzdem nicht. Und ich hörte auch nicht die Schritte der Menschen. Alles lief in einer beinahe gespenstischen Lautlosigkeit ab. Obwohl ich ein Fremdkörper war und es auch bleiben würde, wollte ich mich keinesfalls zurückziehen und bis zum bitteren und grausamen Ende ausharren.
Wir hatten inzwischen den größten Teil der Stadt durchquert und fast das Ende der Main Street erreicht. In dieser Umgebung hatte man keinen Wert mehr auf einen exakten Baustil der Hütten und Gebäude gelegt. Manche sahen aus wie Hundehäuser, nur das Ballhaus auf der linken Seite stach von den anderen ab.
Ich hatte schon angenommen, daß der Weg dorthin führen würde, aber wir verließen den Ort, der sehr dicht am Rand der Berge lag, die einen felsigen Vorbau besaßen.
Da hatte sich auch in über hundert Jahren kaum etwas verändert. Den Weg war ich zusammen mit Jane schon in meiner Zeit gegangen. Ich dachte auch an die Mulde, wo sich der Eingang zu dieser unterirdischen Höhle befand.
Es war unser Ziel.
Auch als der Weg schwieriger wurde, blieben die Menschen beisammen. Ich überholte sie an der rechten Seite und kletterte über einige Felsbrocken hinweg, so daß ich einige Zeit vor ihnen den Rand der kleinen Senke erreichte.
Ich sah sie noch nicht, der Weg war einfach zu kurvig und zu eng. Nur den Schein der Fackeln erkannte ich, wenn er geisterhaft bleich über das Gestein huschte und es für einen Moment blutig anmalte. Ich rutschte in die Senke hinein und war überrascht, denn ihre Ausmaße waren andere als in der Gegenwart. Desgleichen der Eingang. Im Laufe der langen Jahre hatten ihn Wind und Wetter zugeweht, vielleicht war er auch zugefallen, zu dieser Zeit allerdings zeichnete er sich so hoch in den schrägen Rand der Senke ab, daß ein Mensch aufrecht hindurchgehen konnte.
Ich stellte mich direkt daneben auf und wartete auf die schaurige Prozession.
Sie kamen.
An ihrer Spitze erschien der Hinkefuß. Trotz seiner Behinderung bewegte er sich fast geschmeidig voran. Er hatte sich inzwischen eine Fackel genommen und hielt sie hoch über seinen Kopf, so daß das Licht ihm den Weg weisen konnte.
Am Rand der Mulde blieb er kurz stehen, drehte sich um, winkte mit der freien Hand und rutschte danach, eingehüllt in eine Staubwolke, den Abhang hinab.
Auf dem Grund wäre er fast gefallen. Mit der Fackel stützte er sich ab, die Flamme glitt in die Höhe und wäre fast über sein Gesicht gestrichen. Er schüttelte wütend den Kopf, stand auf und ging dem Stolleneingang entgegen.
Ich war gespannt, ob er micht bemerkte, doch er nahm keine Notiz von mir, bis ich es leid war und ihm einfach in den Weg trat. Da blieb er plötzlich stehen.
»Na, Geisterjäger, du bist schon hier?« fragte er. Seine Stimme kam mir vor, als würde er aus großer Entfernung zu mir sprechen, wobei sich zwischen uns noch eine Wand befand.
»Ja, ich habe den Weg gefunden.«
»Dann wirst du auch in die Höhle kommen. Wir sehen uns bestimmt noch.« Er ließ mich stehen und betrat den Stollen. Ich sah auch die anderen. Sie rutschten den Senkenrand hinab. Einige von ihnen fielen, murrten aber nicht. Ihre Gesichter behielten den gleichgültigen Ausdruck, als sie sich wieder auf die Beine stellten und weitergingen.
Ich brauchte mich nicht einmal zur Seite zu bewegen. Für die Männer und Frauen war ich nicht existent, also schritten sie einfach durch mich hindurch.
Sie hatten wieder eine Zweierreihe gebildet und tauchten neben mir in das Innere des felsigen Hügels.
Erst als das letzte Paar mich passiert hatte, drehte auch ich mich, um den Stollen zu betreten.
Meine kleine Leuchte konnte ich steckenlassen. Die Fackeln gaben genügend Licht, um den engen, staubigen Raum zwischen den feuchten Wänden auszuleuchten.
Sie brauchten es nicht, aber jeder von ihnen ging gebückt, als hätte er Angst, mit dem Kopf an der Decke entlangzuschrammen. Der Weg
Weitere Kostenlose Bücher