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Deadwood - Stadt der Särge

Deadwood - Stadt der Särge

Titel: Deadwood - Stadt der Särge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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öffnete, trat über die Schwelle — und blieb wie angewurzelt stehen.
    Ihre Augen wurden groß. Angst weitete den Blick stärker. Was sie dort sah, war unbegreiflich, unfaßbar, und sie spürte, wie ihre Knie anfingen zu zittern…
    ***
    Gezahlt hatte ich bereits, Jane war auch schon weg — sie hatte sich ein Taxi genommen —, aber ich war noch allein am Tisch sitzengeblieben und schaute ins Kerzenlicht.
    Fast lautlos war der Ober an meinen Tisch getreten. Er beugte sich leicht vor, so erschien sein Gesicht mit dem fragenden Ausdruck darin aus der Dunkelheit. »Kann ich noch etwas für Sie tun, Sir?« erkundigte er sich mit höflicher Stimme.
    »Die Rechnung können Sie mir bringen.«
    »Sofort, Sir.« Er verschwand ebenso lautlos, wie er gekommen war. Ich nahm das Weinglas, drehte es zwischen meinen Händen und schaute auf die rote Flüssigkeit. Meinen Leih-Rover hatte ich in der Garage gelassen. An einem Abend wie diesem wußte man nie genau, wieviel man trank. Da war es besser, man bestellte sich ein Taxi. Jane und ich hatten vorzüglich gegessen. Dieser Italiener hatte sich in Soho einen guten Ruf erworben. Auch der Wein war prächtig. Ein Gewächs aus der Toscana, das direkt ins Blut ging. Es paßte zu der Atmosphäre des Lokals, wo man ungestört saß und dem Gast die Umgebung manchmal vorkam wie im Traum. Es war alles gedämpft. Der Innenarchitekt hatte die Lampen so aufgestellt, daß sie Lichtinseln schufen, die aber nicht störend wirkten.
    Der Ober kam mit der Rechnung. Sie lag in einer kleinen Truhe, deren Deckel ich anheben mußte. Der Betrag war nicht gerade niedrig, aber gutes Essen hat eben seinen Preis. Ich legte noch ein Trinkgeld hinzu und dachte daran, daß Jane eigentlich viel zu früh gegangen war, als hätte sie Furcht davor gehabt, noch länger mit mir an diesem Tisch zu sitzen.
    Klar, es war nicht so wie früher zwischen uns beiden, und es würde auch nicht mehr so werden, weil keiner von uns die Vergangenheit vergessen konnte, ich aber begegnete Jane so normal wie möglich, was umgekehrt nicht der Fall war. Jedenfalls hatte ich den Eindruck. Ich nahm das Weinglas, lehnte mich zurück und trank den letzten Schluck.
    Danach stand ich auf, strich meine Flanelljacke glatt und ging zur Garderobe, wo mein Mantel hing. Der Ober war schon zur Stelle und half mir hinein.
    »Beehren Sie uns bald wieder, Sir«, sagte er zum Abschied und fragte noch, ob er ein Taxi rufen könne.
    »Danke, sehr freundlich. Das finde ich schon.«
    »Gute Nacht, Sir.«
    Ich drückte die Rundbogentür auf und hielt mein Gesicht in die Kühle des späten Abends. Der Fümmel war bedeckt. Leuchtreklamen malten ein buntes Muster. Autos fuhren, auf den Gesteigen herrschte auch jetzt noch Betrieb, wir hatten wider Erwarten einen wunderbaren Herbst bekommen. Den Mantel hatte ich nicht geschlossen. Gemächlich, die Flände in den Hosentaschen, schlenderte ich den Gehsteig hinab und sah aus wie ein Mann, der tief in Gedanken versunken war. Nicht so fröhlich und manchmal auch aufgedreht wie die Passanten, die mir entgegenkamen.
    Taxis gab es in London genug. Wer keines fand, der mußte schon blind sein.
    Obwohl es bis zu meiner Wohnung nicht allzu weit war, hatte ich keine Lust, zu laufen. Ich winkte einen Wagen herbei und warf mich in den Fond.
    »Wohin, Mister?«
    Ich nannte die Adresse.
    »Ist gut.«
    Der Driver war ziemlich schweigsam. Londoner Taxifahrer sind sowieso Typen für sich. Die reden nicht sehr viel, und sie zeigen auch oft genug, wie sympathisch oder unsympathisch ihnen ein Fahrgast ist. Meiner reagierte überhaupt nicht. Ich schien ihm egal zu sein. Ich schaute aus dem Fenster. Soho ist ein Stadtteil, in dem man gut leben kann. Es gibt nicht nur die Bars und Porno Shops, hier wohnen auch normale Menschen, die gern feiern, essen gehen und sich oft genug künstlerisch betätigen. Soho befand sich in einem Umbruch. In einigen Jahren würde es sich bestimmt aus den Schatten der Vergangenheit gelöst haben, obwohl diese nach wie vor da waren.
    Wir hielten an einer Ampel. Ich schaute den Menschen nach, die über die Straßen schritten. Hin buntes Völkchen. Da sah jeder anders aus, da zog sich jeder anders an, und niemand nahm Anstoß daran. London war tolerant.
    Der Fahrer startete schon, als die Ampel noch gelb zeigte. Zwei dunkelhäutige junge Männer, bunt angezogen wie Punker, überquerten die Straße im Breakdance-Rhythmus. Dabei streckten sie uns die Zungen raus und machten auch durch obszöne Gesten auf sich

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