Deathbook (German Edition)
haben. Es waren wohl auch Aufnahmen von bereits Verstorbenen dabei: offene Särge auf Beerdigungen, Unfallopfer am Unfallort, Leichen kurz vor der Autopsie und ähnlich krankes Zeug. Also alles, was mit dem Tod zu tun hat. Der Betreiber der Seite prahlte damit, das wahre Gesicht des Todes zu zeigen. Die Seite wurde gesperrt, nachdem unser Blogger darüber berichtet hatte. Damals hieß sie
Mask of Death
.»
«Er entwickelt sich also weiter», sagte Manuela.
«Ja, und er wird professioneller. Und im Gegensatz zu damals scheint er heute mehr an die Befriedigung seiner eigenen Wünsche zu denken. Vor einem Jahr konnte man sich diese Videos einfach so anschauen, behauptet der Blogger. Ohne Gegenleistung. Was der Deathbook-Killer heute verlangt, wissen wir ja.»
«Vielleicht hat er damals in Dänemark nur rausfinden wollen, ob es einen Markt für diese Filme gibt», mutmaßte Manuela.
«Kann schon sein. Klingt jedenfalls logisch. Vor einem Jahr hat unser Blogger diese Seite also platzenlassen, und danach war Ruhe. Weil aber der Betreiber der Seite nie ermittelt wurde, hat es unserem Blogger keine Ruhe gelassen. Zurück in Deutschland, hat er sich vier Monate später erneut online auf die Suche gemacht.»
«Und stieß auf die Deathbook-Seite?»
«Genau. Das liegt etwa sechs Monate zurück. Aber der Täter hatte inzwischen seine Vorgehensweise geändert. Unser Blogger sollte seine postalische Adresse hinterlassen. Dorthin wurde ihm mit der Visitenkarte ein Zugangscode gesendet. Er gelangte auf die Seite und durfte sich das Video eines sterbenden Menschen anschauen. Danach sollte er ein eigenes Video erstellen und es mit Hilfe eines QR -Codes auf die Seite hochladen. Unser Blogger verweigerte das. Und seitdem ist er auf der Flucht. Er behauptet, vier Mordversuche überlebt zu haben. Der Typ ist zwar reichlich überspannt, vielleicht sogar psychisch krank, aber einiges von dem, was er gesagt hat, klingt plausibel.»
«Wir müssen unbedingt mit ihm reden», sagte Manuela. «Wenn seine Aussage stimmt, muss es vor sechs Monaten bereits ein Opfer gegeben haben. Hat er etwas über das Video gesagt, das er sich damals angeschaut hat?»
«Nein. Und er will nicht mit der Polizei reden. Mit mir auch nicht mehr. Es wird keinen weiteren Kontakt geben. Was das betrifft, war er sehr deutlich. Er hat mir bis hierher geholfen und erhofft sich jetzt Hilfe von mir. Dass die Polizei ihn schützen kann, glaubt er nicht.»
«Ich werde gleich morgen mit Dänemark Kontakt aufnehmen und ein Rechtshilfeersuchen stellen», sagte Manuela. «Dort gibt es sicher eine Akte.»
«Möglich, aber dort lag der Fall ganz anders, da ging es um Störung der Totenruhe. Die Seite wurde gelöscht, und damit hatte sich die Sache. Hier haben wir es mit einer ganz anderen Dimension zu tun.»
Manuela warf mir einen Seitenblick zu.
«Du denkst das Gleiche wie ich, oder?», fragte sie.
«Ich denke, der Deathbook-Killer befindet sich auf einem Weg. Ich habe keine Ahnung, wohin der ihn führen soll, aber angekommen ist er noch nicht. Damals in Dänemark, da hat er sich ausprobiert. Wahrscheinlich hat es ihn nicht einmal gestört, dass seine Seite gesperrt wurde. Das war Anfängerkram. Mittlerweile ist er Profi. Er baut ein Netzwerk der Toten. Wer sich für den Tod interessiert, bekommt ihn bei ihm zu sehen, aber zu einem hohen Preis.»
«Aber würden die Leute auch einen Mord begehen, um solche Filme anschauen zu können?»
Ich schüttelte den Kopf. «Nein, dafür wohl eher nicht, aber um sich selbst zu retten schon. Du hast doch gehört, was die Maske gesagt hat. Dreh ein Video davon, wie jemand stirbt, oder wir drehen ein Video davon, wie du stirbst. Sie tappen in seine Falle und kommen nicht mehr heraus.»
«Aber sie könnten doch zur Polizei gehen.»
«Das war auch mein erster Impuls. In Wahrheit spricht aber einiges dagegen. Anfangs halten die Leute die Aufforderung wahrscheinlich für einen Scherz. Und ein schlechtes Gewissen haben sie sowieso, weil sie sich diese Videos angeschaut haben. Wenn es ernst wird, kneifen sie entweder, oder sie filmen wirklich einen Menschen beim Sterben. Damit können sie kaum zur Polizei gehen. Ich glaube, das verbrannte Opfer …»
«Thomas Resing.»
«Genau. Ich glaube, dass er sich geweigert hat, ein solches Video zu drehen. Dafür kam er auf den Scheiterhaufen. Und wurde auf diese Art ins Netzwerk der Toten aufgenommen.»
«Oh Mann, das ist total krank», rief Manuela. «Und das Schockierendste ist, dass es
Weitere Kostenlose Bücher