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Deathbook (German Edition)

Deathbook (German Edition)

Titel: Deathbook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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keine Angst. Sobald dein Blutdruck unter eine kritische Marke sinkt, fällst du ins Koma. Du wirst kaum Schmerzen haben. Aber dafür wirst du sehr lange rosig und frisch aussehen, meine Schöne. Und der Prozess hat einen weiteren Vorteil. Ich stelle die Geräte auf die langsamste Fördermenge ein, so wird es sicher zwei bis vier Stunden dauern, bis du tot bist. Ich werde die ganze Zeit filmen. Ich bin mir sicher, dass es mir heute gelingt, meinen Gott auf Video zu bannen. Dank deiner Hilfe, meine Schöne. Ich frage dich also noch einmal: Willst du mir diesen größten Liebesbeweis erbringen und heute für mich sterben?»
    Jetzt endlich beugte er sich über sie, und Ann-Christin konnte sein Gesicht sehen. Sie weinte noch immer, ihr Blick war verschwommen, deshalb war sie sich nicht vollkommen sicher, aber ja, dieser Mann kam ihr bekannt vor.
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich liebe dich nicht», sagte sie.
    Er starrte sie an.
    «Du … du bist verwirrt, das verstehe ich. Ich nehme es dir nicht übel.»
    Er verschwand aus ihrem Sichtfeld, und sie spürte, dass er sich über ihren Unterkörper beugte.
    «Das kann jetzt ein bisschen wehtun. Ich setze eine Kanüle in die linke große Oberschenkelvene, um das Blut abzuführen. Die Schlüsselbeinvene wäre eigentlich besser geeignet, aber wegen ihrer Nähe zum Herzen würde es viel zu schnell gehen. So, aufgepasst, Zähne zusammenbeißen!»
    Bevor sie noch etwas sagen konnte, spürte sie einen scharfen Schmerz an der Innenseite ihres Oberschenkels. Ann-Christin schrie und bäumte sich gegen ihre Fesseln auf, doch es nützte nichts. Er schob die Kanüle in ihre Vene und verband sie mit einem Schlauch, der in das Dialysegerät führte.
    «Das hast du ganz toll gemacht, meine Schöne. Jetzt noch die rechte Seite, dann hast du es auch schon geschafft. Über die rechte Oberschenkelarterie werde ich später die formalinhaltige Flüssigkeit zuführen. Einmal noch tapfer sein …»
    Der nächste Schnitt, wieder bäumte Ann-Christin sich auf und schrie. In dem gekachelten Raum schien ihre Stimme ewig widerzuhallen. Sie spürte, wie er an ihrem Oberschenkel herumfummelte.
    «Oh Gott, das klappt nicht, ich bekomm sie nicht hinein, halt doch still, du verlierst sonst zu viel Blut.»
    Seine Bewegungen wurden hektischer, er lag fast auf ihren Beinen, drückte und presste und bohrte. Die Schmerzen waren höllisch, und Ann-Christin schrie sich die Seele aus dem Leib.
    Endlich ließ er von ihr ab. «Geschafft …», sagte er und seufzte zufrieden.
    Er kam zurück in ihr Sichtfeld und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Dabei hinterließ er einen breiten Streifen Blut. Die Vorderseite seines weißen Kittels war ebenfalls blutverschmiert.
    «Tut mir leid, ich bin darin längst nicht so gut, wie es mein Vater war. Sonst muss ich das nur an Toten praktizieren, und bei denen kommt es ja nicht drauf an.»
    Er lächelte ihr zu. «Lass los, meine Schöne, jetzt kommt der Tod zu dir.»
    Und in diesem Augenblick wusste Ann-Christin, wer dieser Mann war.

W as haben Sie da gesagt?», fuhr ich Gustav Musiol an.
    Der Lebensgefährte von Ann-Christins Tante wich erschrocken zurück.
    «Ich … nichts, ich meinte nur, na ja, das sieht doch aus wie ein Leichenwagen. Stimmt doch, oder?»
    Hilfesuchend sah er den Polizeibeamten an.
    Der nickte. «Könnte schon sein.»
    Ich war wie erstarrt. Aber plötzlich hatte ich einen ganz neuen Blick auf die verworrene Lage, in der wir uns befanden.
    Ich kannte das vom Schreiben. Oft zog sich durch 300  Seiten eine Spur, die sich erst spät offenbarte. «Hier bin ich, ich war die ganze Zeit hier, du warst nur zu blöd, mich zu erkennen», schrie sie mich dann an. Und genau so war es jetzt.
    Meine Nackenmuskulatur verspannte sich, das Herz raste.
    Während meiner Recherchen zu Kathis Tod war ich auf diese merkwürdige Geschäftsidee aus Dänemark gestoßen. Ich erinnerte mich genau: Jemand hatte den Angehörigen von Verstorbenen angeboten, QR -Codes auf Grabsteine zu kleben. Sie enthielten alle Informationen der Verstorbenen, Bilder, Videos, Lebenslauf – alles, was das Netz hergab. Bis heute hatte ich mir nicht die Frage gestellt, wessen Idee das gewesen war. Wer diesen Vorstoß in Dänemark gewagt hatte.
    Es lag auf der Hand, dass es ein Bestatter gewesen sein musste.
    Ich hatte die Sache unter dem Eindruck der verwirrenden Erlebnisse der nächsten zwei Wochen längst vergessen, bis der Blogger mir erzählte, er sei als Journalist in

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