Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
zugestehen musste, dass er seine Pflichten noch nie vernachlässigt hatte.
Aber er war ein Lügner. Der sie benutzte. Und Gott weiß was sonst noch.
Sie hatte Alexi angerufen und bis zum Ende der Woche für beide Grundstücke eine Alarmanlage in Auftrag gegeben. Dann hatte sie mit ihren Brüdern sprechen wollen, hatte Aaron und Robert Nachrichten hinterlassen, bis sie endlich Shea persönlich erreichte. Er war bei ihrer Mutter und versprach, zu ihr zu kommen.
Aber eins nach dem anderen.
Zunächst einmal brauchte sie einen fahrbaren Untersatz, denn ihr Pick-up war von der Polizei noch nicht wieder freigegeben worden. Deshalb bat sie Travis, sie in die Stadt zu fahren, wo sie sich einen Mietwagen besorgen wollte.
»Das wäre nicht nötig«, sagte Travis auf dem Weg in die Stadt. »Ich fahre dich gern.«
»Ich will einen eigenen Wagen.« Nach Nates Geständnis und seinen Theorien traute sie niemandem mehr, auch Travis nicht. Außerdem wollte sie ihn nicht ständig um sich haben; sie gehörte nicht zu den Frauen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Mann an ihrer Seite brauchten… Schon gar nicht einen Mann, der sie sexuell reizte und seine eigenen Pläne hatte.
»Du hast dich von Santana verunsichern lassen«, stellte er fest und bremste an einer Abzweigung kurz vor dem Ortseingang.
»Ich brauche einfach meinen Freiraum, okay?«
Er nahm eine Hand vom Steuer. »Schließ mich bitte nicht aus.«
»Warum nicht? Weil wir miteinander geschlafen haben?«, versetzte sie und hasste sich selbst für die scharfen Worte.
»Nein. Weil wir eine gemeinsame Tochter haben.«
»Tatsächlich?«, fuhr sie ihn an. »Ich glaube, da verstehst du etwas falsch. Wir haben nichts gemeinsam. Ich habe meine Rechte als Mutter schon vor langer Zeit aufgegeben.« Wütend verschränkte sie die Arme vor der Brust, wie um sich zu schützen. Was war nur in sie gefahren, sich von seinem Gerede über die gemeinsame Tochter einlullen zu lassen? Dani gehörte zu Travis. Punkt. Zwar hätte Shannon alles Menschenmögliche getan, um das Mädchen zu finden, und sehnte sich verzweifelt danach, das Kind kennenzulernen, das sie zur Welt gebracht hatte, aber sie wusste doch, dass ihr heimlicher Traum – dass sie irgendwie zusammen eine Familie sein könnten, Travis der Vater, sie die Mutter und Dani die liebe, heißgeliebte Tochter – ein Phantasiegespinst ohne jeden Bezug zur Realität war. Es konnte niemals Wirklichkeit werden, nicht einmal wenn alle Beteiligten bereit wären, einen Versuch zu wagen.
»Da ist es.« Sie zeigte auf ein kleines Schaufenster zwischen einem Supermarkt und einem Donut-Stand. Darin hing ein Schild: Vermietung von Gebrauchtwagen. Travis bog auf den von Schlaglöchern übersäten Parkplatz ein. Noch ehe der Wagen stand, war Shannon bereits ausgestiegen. »Danke«, sagte sie kühl, besann sich jedoch und beschloss, sich einzugestehen, dass dieser Mann ihr etwas bedeutete – mehr, als ihr selbst lieb war. »Wirklich. Ich danke dir für alles, was du getan hast.«
»Ich könnte …«
Sie hob abwehrend die Hand. »Du hast genug getan. Ehrlich. Ich … ich rufe dich später an, oder du meldest dich bei mir, wenn du etwas Neues über Dani erfährst.«
»Shannon …«
»Jetzt nicht. Bitte. Wir haben beide keine Zeit. Lass uns Dani finden und dann weitersehen, okay?« Sie bemerkte die Fältchen in seinem Gesicht. Verdammt, er sah gut aus. Aber sie durfte ihm nicht trauen, ebenso wenig wie irgendeinem anderen Mann in ihrem Leben.
Eine halbe Stunde später saß sie am Steuer eines fünf Jahre alten Mazda in bestem Zustand, wenn auch ohne den Luxus einer Klimaanlage, und fuhr zu ihrer Mutter.
Er war gereizt. Nervös. Wütend auf die Kleine, auf sich selbst. Der Zeitverlust zwang ihn, einen Teil seiner Pläne aufzugeben. Da waren noch andere, die bezahlen mussten, aber das würde warten müssen. Bis danach.
Jetzt musste er wegen der verfluchten Göre seinen Zeitplan straffen.
Obwohl die Temperatur über dreißig Grad lag, zündete er ein Feuer an, zog sich aus und spürte die sengende Hitze auf seiner Haut. Sie brachte das Grauen zurück, das er immer und immer wieder im Geiste Revue passieren ließ, um sich daran zu erinnern, dass er Vergeltung üben musste.
Die Flammen des Holzfeuers in der Hütte loderten heißer, und er begann zu schwitzen, war jetzt nackt und spürte die Hitze umso stärker.
Flammen … überall Flammen … er erinnerte sich daran, wie er zugesehen hatte, als sie sein Opfer verschlangen …
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