Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Wie sie gewirbelt und aufgelodert, sich rasend schnell durch den Wald gefressen hatten. Der Mann war bereits bewusstlos gewesen, als das Feuer auf ihn zukroch und wütende schwarze Rauchwolken zum Himmel schickte.
Dann war Wind aufgekommen, hatte das Feuer in die entgegengesetzte Richtung getrieben, so dass es ihm den Fluchtweg abschnitt. Er durfte nicht länger warten. Er rannte bergauf, spürte die sengende Hitze, sah aus den Augenwinkeln, wie die Flammen einen Bogen beschrieben, und dann regneten ohne Vorwarnung Funken vom Himmel. Sie fielen in sein Haar, seinen Nacken, setzten seine Kleidung in Brand.
Brennender Schmerz überzog seinen Rücken. Er warf sich auf den Boden, wälzte sich hin und her in dem Versuch, das Feuer zu löschen, spürte die Glut, während um ihn herum der Wald prasselnd abbrannte.
Er war dumm gewesen.
Hatte zu lange gewartet.
Er würde mit seinem Opfer sterben müssen. Ryan Carlyle und ein nicht identifizierter Mann … Sie würden lange brauchen, um herauszufinden, was sich tatsächlich ereignet hatte.
Er zwang sich aufzustehen und lief weiter. Sein Hemd war ihm vom Körper gebrannt, die Haut war wund, warf Blasen und schmerzte. So schnell er konnte, stieg er bergan zu der Stelle, an der er seinen Wagen abgestellt hatte. Sekundenlang fürchtete er, der Wagen könnte von Flammen eingeschlossen sein oder Feuer fangen, der Benzintank könnte explodieren, und dann würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als zu Fuß zu flüchten.
Doch als er mit brennender Lunge den Berg hinaufhastete, sah er sein Fahrzeug und wusste, dass er entkommen würde.
Auf seinem Rücken tobte der Schmerz; zweifellos würden Narben zurückbleiben.
Aber er würde überleben.
Und er hatte überlebt.
Um Vergeltung zu üben.
Unter dem Eindruck der Erinnerung verzogen sich seine Lippen zu einem kalten Lächeln.
Er straffte sich und löschte die Flammen langsam mit seiner Pisse. Er mochte dieses Gefühl, genoss seine Macht über das Feuer. Er genoss es, das wütende Zischen zu hören, wenn er den Strahl in die Glut richtete. Er bebte vor Energie.
Jetzt war es Zeit.
Jetzt.
Als er fertig war, ging er nackt zur Tür des Raumes, in dem er sie gefangen hielt. Er hämmerte mit der Faust dagegen und brüllte: »Okay, die Show beginnt.« Mit der Klaue seines Hammers zog er die langen Nägel, mit denen er die Tür gesichert hatte. Knarrend lösten sie sich aus dem Holz. Das Brett fiel mit einem Krach zu Boden.
Er holte ihre Kleider und Schuhe und warf sie in den Raum, ohne auch nur nach ihr zu sehen. Sie konnte nicht geflohen sein, und jetzt würde sie endlich ihren Zweck erfüllen. »Beeil dich«, befahl er.
Zwar würden bis zum Einbruch der Nacht noch Stunden vergehen, aber er hatte eine Menge zu erledigen.
Shannon lenkte ihren kleinen Mazda durch die vertrauten Straßen. Dabei gingen ihr Nates Theorien durch den Kopf: dass ihr Vater der unsichtbare Feuerteufel gewesen sei, dass einer ihrer Brüder in die Fußstapfen ihres Dads getreten, ein geisteskranker, mörderischer Brandstifter geworden sei.
Ergab das einen Sinn?
War es überhaupt möglich?
Sie wusste, an welchem Tag Dani Settler entführt worden war. Hatte alles überprüft. Ihre Brüder gaben sich gegenseitig ein Alibi, hatten sonst jedoch keine Zeugen. Anscheinend hätte jeder von ihnen die Gelegenheit gehabt: Shea hatte zwei Tage Urlaub genommen, um ein verlängertes Wochenende mit Angeln zu verbringen. Robert hatte nach seinem Dienstplan frei. Aaron arbeitete selbstständig.
Oliver war inzwischen tot.
Schock und Schmerz ließen ganz allmählich nach und machten einer rasenden Wut Platz. Shannon weigerte sich zu glauben, dass ihre Brüder solcher Taten, wie Nate sie angedeutet hatte, fähig wären. Und sie war wütend auf ihn wegen seiner verrückten Ideen, wütend, weil er sie belogen und benutzt hatte. Und für Travis galt das Gleiche. Hatte er nicht ihre Nähe allein deswegen gesucht, weil er seine Tochter finden wollte? Hatte er sie nicht anfangs in Verdacht gehabt, Dani entführt zu haben? Sie hatte am Morgen sein Gesicht gesehen, das Schuldbewusstsein, als Nate ihm vorwarf, sie zu benutzen. Deshalb war sie auf ihn genauso wütend wie auf ihre Brüder, die Geheimnisse vor ihr hatten.
Schlimmer noch, sie war wütend auf sich selbst.
Weil sie so verdammt vertrauensselig war.
Ihre Gedanken schweiften ab zu ihrem Vater.
Patrick hatte sich, wie schon sein Vater vor ihm, an den Glaubenssatz gehalten: Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben.
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