Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
der Falle, dachte sie und preßte ihre Lippen zusammen, um sich von ihrer Genugtuung nichts anmerken zu lassen.
Sie warteten schweigend, bis Hicks schließlich sagte: »Kann schon sein. Na und? Gedroht hab ich ihm jedenfalls nicht, da können Sie sagen, was Sie wollen.«
Rastlos ging Kincaid vor dem Tisch auf und ab. »Ich glaube Ihnen nicht«, entgegnete er. »Ihr Boß wäre Ihnen auf die Pelle gerückt, wenn Sie nicht mit dem Geld rübergekommen wären - ich glaube nicht, daß Sie nicht ein bißchen Überredung angewendet haben.« Er lächelte Hicks an, als er wieder in seine Nähe kam. »Und das Problem ist, daß man manchmal ein bißchen zu weit geht, wenn man jemanden überreden möchte. Stimmt das nicht, Kenneth?«
»Nein. Ich weiß nicht. Ich mein -«
»Wollen Sie sagen, daß es kein Unfall war? Daß Sie die Absicht hatten, ihn zu töten?«
»Das hab ich nicht gemeint.« Hicks schluckte und wischte sich die Hände an seinen Oberschenkeln. »Ich hab ihm nur einen Vorschlag gemacht, ein Angebot, könnte man sagen.«
Kincaid blieb stehen. Die Hände in den Hosentaschen, sah er Hicks aufmerksam an. »Das klingt ja sehr interessant, Kenneth. Was war denn das für ein Angebot?«
Gemma hielt den Atem an, als sie sah, daß Hicks am Rand eines Geständnisses zu schwanken schien. Während sie seinen keuchenden Atemzügen lauschte, sandte sie ein Stoßgebet zum Gott der Vernehmungen hinauf.
Dann sprach Hicks endlich, sprudelnd, als wäre ein Damm gebrochen, und voll giftiger Gehässigkeit. »Ich hab von Anfang an über ihn und seine feinen Ashertons Bescheid gewußt. So wie er von denen geredet hat, hätt man ja meinen können, die wären vom Feinsten, aber ich hab Bescheid gewußt. Diese Dame Caroline ist doch nichts weiter als eine aufgemotzte Nutte. Und das Theater, das sie wegen dem Kleinen gemacht haben, der ertrunken ist - der war ja nicht mal das Kind von Sir Gerald. Ein Bastard war er, sonst nichts.«
Matty. Er meint Matty, dachte Gemma in dem Bemühen, aus seinen Worten klug zu werden.
Kincaid setzte sich wieder und zog seinen Stuhl so nahe an den Tisch, daß er seine Arme aufstützen konnte. »Fangen wir doch von vorn an, Kenneth, hm?« sagte er sehr ruhig, und Gemma fröstelte. »Sie haben Connor Swann gesagt, daß Matthew Asherton ein uneheliches Kind war, habe ich das richtig verstanden?«
Hicks’ Adamsapfel sprang aus dem mageren Hals hervor, als der Mann krampfhaft schluckte und nickte. Er sah Gemma hilfesuchend an. Angst vor der eigenen Courage, dachte Gemma und fragte sich plötzlich, was Kincaid getan hätte, wenn sie nicht im Raum gewesen und der Recorder nicht eingeschaltet gewesen wäre.
»Woher wissen Sie das?« fragte Kincaid mit samtweicher Stimme.
»Weil mein Onkel Tommy sein Vater war, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
In der Stille, die diesen Worten folgte, hörte Gemma überlaut Hicks’ pfeifenden Atem. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie konnte kein Wort hervorbringen.
»Ihr Onkel Tommy? Sprechen Sie von Tommy Godwin?« fragte schließlich Kincaid, dem es nicht ganz gelang, seine Überraschung zu verbergen.
Gemma hatte ein Gefühl, als drückte ihr jemand die Luft ab. Sie sah wieder die Fotografie Matthew Ashertons vor sich - das blonde Haar, das spitzbübische Lächeln in dem offenen Gesicht. Sie erinnerte sich an Tommy Godwins Ton, als er von Caroline Stowe gesprochen hatte, und fragte sich, wieso sie es nicht schon früher erkannt hatte.
»Ich hab gehört, wie er’s meiner Mutter erzählt hat, als der Kleine ertrunken ist«, sagte Hicks. Er hielt ihre Überraschung offenbar für Ungläubigkeit und beteuerte mit schriller Panik in der Stimme: »Ich schwör’s. Ich hab nie was gesagt, aber wie ich dann Con kennengelernt hab und er von ihnen geredet hat, sind mir die Namen wieder eingefallen.«
»Ich glaube Ihnen nicht«, sagte Gemma hitzig. »Sie können nicht Tommy Godwins Neffe sein. Das ist ausgeschlossen.« Sie dachte an Godwins Eleganz, an seine Höflichkeit und Geduld, als sie im Yard das Protokoll seiner Aussage aufgenommen hatte, doch sosehr sie sich dagegen wehrte, der erste Eindruck, Hicks irgendwoher zu kennen, blieb. War es die Form der Nase oder die Kontur des Unterkiefers?
»Dann fahren Sie doch nach Clapham und fragen Sie meine Mutter. Die wird Ihnen schon sagen -«
»Sie haben gesagt, Sie hätten Connor Swann einen Vorschlag gemacht«, unterbrach Kincaid
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