Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
Schulter. Dann neigte sie ihren Kopf nach rückwärts, so daß sie ihm in die Augen sehen konnte. Ihre Stimme klang ein wenig rauh von unterdrücktem Gelächter, als sie fragte: »Steht Scotland Yard immer so begeistert zu Diensten?«
Rot vor Verlegenheit trat er zurück. »Das tut mir leid. Ich -«
»Es macht doch nichts«, sagte sie, ihn wieder an sich ziehend.
* 14
Tonys Stimme weckte ihn. »Ihr Morgentee, Mr. Kincaid«, sagte er, als er klopfte und eintrat. »Und eine Nachricht von Sergeant Makepeace aus High Wycombe. Sie hätten den Vogel erwischt, hinter dem Sie her sind.«
Kincaid setzte sich und fuhr sich mit den Fingern durch sein Haar, ehe er die Tasse entgegennahm. »Danke, Tony«, rief er dem Davoneilenden nach. Sie hatten also Kenneth Hicks aufgestöbert und auf die Dienststelle gebracht. Lange würden sie ihn ohne Grund nicht festhalten können. Er hätte gestern abend noch nachfragen sollen. Heißer Tee schwappte ihm auf die Hand, als schlagartig die Erinnerung an den vergangenen Abend zurückkehrte.
Julia. Verdammt noch mal, was habe ich da getan! Wie hatte er sich so unprofessionell verhalten können? Trevor Simons’ Worte fielen ihm ein: Ich wollte es nicht. Es war einfach - Julia. Und dazu seine eigenen reichlich hochnäsigen Bemerkungen über den Fehltritt des Mannes.
Er schloß die Augen. Solange er bei der Polizei war, hatte er diese Grenze niemals überschritten, hatte nicht einmal geglaubt, daß er sich überhaupt vor der Versuchung in acht nehmen müßte. Aber selbst während er sich die schwersten Vorwürfe machte, war ihm bewußt, daß ein Teil von ihm nichts bereute, denn ihr Zusammenkommen war eine Heilung gewesen, bei der alter Schmerz endlich gestillt und allzu lang aufrechterhaltene Barrieren eingerissen worden waren.
Erst als er den Speiseraum des Chequers betrat und Gemma allein an einem Tisch sitzen sah, erinnerte er sich der Nachricht, die er ihr gestern im Yard hinterlassen hatte. Wann war sie hier angekommen und wie lange hatte sie auf ihn gewartet?
Als er sich ihr gegenüber setzte, sagte er so unbefangen wie möglich: »Na, Sie sind aber eine Frühaufsteherin. Aber das ist ganz gut so. Wir müssen schleunigst rüber nach High Wycombe. Dort wartet Kenneth Hicks auf uns.«
Nicht halb so munter wie sonst antwortete Gemma: »Ich weiß. Ich habe schon mit Jack Makepeace gesprochen.«
»Stimmt was nicht, Gemma?«
»Kopfschmerzen.« Lustlos knabberte sie an einer trockenen Scheibe Toast.
»Tony hat’s wohl zu gut mit Ihnen gemeint gestern abend?« sagte er scherzhaft, aber sie zuckte nur die Achseln. »Gemma«, fuhr er fort, während er sich fragte, ob sein Schuldbewußtsein ihm anzusehen war, »tut mir leid, daß ich mich gestern abend nicht gemeldet habe. Ich bin - aufgehalten worden.« Sie war vermutlich im Expreßtempo aus London hierher gefahren und hatte auf ihn gewartet, sich vielleicht sogar Sorgen um ihn gemacht, und er hatte sich nicht einmal gerührt. »Ich hätte Sie anrufen sollen, ich weiß. Das war ungezogen von mir.« Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und sah sie forschend an. »Soll ich auf Knien rutschen? Oder feurige Kohlen auf mein Haupt sammeln?«
Diesmal lächelte sie, und er atmete auf. Um das Thema zu wechseln, sagte er: »Wie war Ihr Gespräch mit Godwin? Erzählen Sie.«
Während er sich hungrig über sein Frühstück hermachte, lieferte ihm Gemma einen Kurzbericht ihrer Zusammenkunft mit Tommy Godwin. »Ich habe seine Aussage zu Protokoll genommen«, sagte sie abschließend, »und sein Auto und seine Wohnung durchsuchen lassen.«
»Ich habe noch einmal mit Sharon Doyle und Trevor Simons gesprochen«, berichtete er mit vollem Mund. »Und mit Julia. Connor Swann ist nach dem Zusammenstoß mit Tommy Godwin noch mal nach Hause gefahren, Gemma. Godwin scheint also sauber zu sein, es sei denn, wir können beweisen, daß er Connor Swann später noch einmal getroffen hat. Swann hat allerdings von seiner Wohnung aus jemanden angerufen - der Haken ist nur, daß wir keinen blassen Schimmer haben, wen.«
Julia. Wie er ihren Namen gesagt hatte. Mit solcher Vertrautheit. Gemma versuchte sich auf das Fahren zu konzentrieren, die Gewißheit, die sich langsam in ihr festzusetzen begann, zu verdrängen. Das konnte doch nur Einbildung sein. Und selbst wenn es wahr sein sollte - weshalb sollte es ihr derart zusetzen, wenn Duncan Kincaid zu einer Frau, die zu den Verdächtigen in
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