Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
Lucy? Alles in Ordnung?«
»Sie stehen beide unter Schock, aber sonst geht es ihnen gut. Sie haben den Commander gefunden.«
Erleichterung und Bekümmerung mischten sich in Genovases Gesichtsausdruck. »Ach Gott.« Er wischte mit seinem Geschirrtuch über einen unsichtbaren Fleck auf dem Tresen. »War es schlimm? Was...?« Er brach ab, als Deveney leicht den Kopf schüttelte. »Oh, das geht mich wohl nichts an? Entschuldigen Sie.«
»Wir wollen die Einzelheiten vorläufig nicht bekannt werden lassen«, erklärte Deveney mit routinierter Diplomatie.
Es würde schwierig sein, in einem Dorf dieser Größe irgend etwas für längere Zeit geheimzuhalten, das war Kincaid klar, aber sie wollten es versuchen; wenigstens bis alle Nachbarn vernommen worden waren. Es konnte ja sein, daß jemand eine Bemerkung machte, die verriet, daß er etwas wußte, was er eigentlich nicht wissen konnte.
»Waren Sie mit den Gilberts befreundet?« fragte Deveney den Wirt und rutschte auf seinem Hocker etwas nach vorn, um die Ellbogen auf den Tresen stützen zu können.
»Lieber Gott, das Dorf ist klein, Nick. Sie wissen doch, wie es ist. Claire und Lucy sind allgemein beliebt.«
Kincaid trank einen Schluck aus seinem Glas und sagte dann wie beiläufig: »Und der Commander war es nicht?«
Zum erstenmal zeigte Brian Genovase vorsichtige Zurückhaltung. »Das hab ich nicht gesagt.«
»Nein.« Kincaid lächelte ihn an. »Aber trifft es zu?«
Nach einem Moment der Überlegung sagte Genovase: »Lassen Sie mich es so sagen - Alastair Gilbert hat es nicht gerade darauf angelegt, sich bei den Leuten beliebt zu machen. Rauh, aber herzlich war nicht sein Fall.«
»Hatte das einen besonderen Grund?« fragte Kincaid. Gilbert hatte es auch im Dienst nicht darauf angelegt, sich bei seinen Leuten beliebt zu machen, jedenfalls nicht nach Kincaids Erfahrungen mit ihm. Es hatte ganz im Gegenteil den Anschein gehabt, als genösse er es, seine Überlegenheit herauszukehren.
»Nein, das eigentlich nicht. Es war mehr eine Ansammlung kleiner Mißverständnisse, die durch den Klatsch hochgejubelt worden sind. Sie können sich sicher vorstellen, wie das in so einem Dorf ist, da wird manches mächtig aufgebauscht.« Offensichtlich nicht bereit, mehr zu erzählen, leerte Genovase sein Glas mit einem Zug und stellte es auf den Tresen.
Deveney tat es ihm nach und seufzte. »Also, auf diese Geschichte freue ich mich überhaupt nicht, das kann ich Ihnen sagen. Ich überlasse Ihnen den Schleudersitz mit Vergnügen«, fügte er zu Kincaid gewandt hinzu.
»Danke«, sagte Kincaid ironisch. Auch er leerte sein Glas, dann stand er auf und nahm seinen Mantel und seine Reisetasche. »So, das war’s für heute.« Er sah auf seine Uhr und fluchte. »Lohnt sich ja kaum noch, zu Bett zu gehen.«
»Sie haben das letzte Zimmer links, Mr. Kincaid«, sagte Genovase. »Frühstücken können Sie morgen früh hier, wenn Sie möchten.«
Kincaid bedankte sich bei den beiden Männern und wollte sich gerade zum Gehen wenden, als Deveney ihm auf den Arm tippte und leise sagte: »Ihr Sergeant - Gemma - sie ist doch nicht verheiratet?«
Kincaid mußte erst schlucken, ehe er es schaffte, ruhig zu antworten: »Nein, sie ist nicht verheiratet.«
»Ist sie - äh - ungebunden?«
»Das«, erwiderte Kincaid zähneknirschend, »müssen Sie sie schon selbst fragen.«
* 3
Die Verletzung war ihm anzusehen gewesen. Gemma hatte es nicht erwartet, und beinahe hätte sie ihren Vorsatz darüber aufgegeben. In den paar Tagen, in denen sie sich bei ihrer Schwester versteckt und, während sie Toby beim Spiel mit seinen Vettern zusah, unablässig darüber nachgedacht hatte, was sie tun sollte, hatte sie es geschafft, sich einzureden, daß er froh sein würde, das Geschehene einfach ignorieren zu können; erleichtert, vielleicht sogar dankbar. Sie hatte deshalb eine kleine Rede vorbereitet, die ihm die Möglichkeit bot, sich mit Anstand aus der Affäre zu ziehen, und hatte sich die Szene so häufig vorgestellt, daß sie seine Antwort beinahe hören konnte. >Natürlich, Sie haben völlig recht, Gemma. Wir lassen einfach alles beim alten, ja?<
Sie hätte aus Erfahrung wissen müssen, daß Duncan Kincaid niemals genau so reagiert, wie man es erwartete.
Fröstelnd in der Kälte des Zimmers, schlug sie die Bettdecke zurück und legte ihr Nachthemd zurecht. Sie kramte in ihrer Reisetasche, bis sie ihre
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