Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
oder in unsere Welt zurückzukehren.
Sie können mitspielen. Kommen Sie, ich zeig es Ihnen.« Er nahm sie beim Arm, aber Gemma widerstand der Verlockung und schüttelte den Kopf.
»Nein. Jetzt nicht.« Sie riß ihren Blick von dem geheimnisvollen Bild und sah Geoff an. »Wofür entscheidet sich das Mädchen am Ende?«
Der Ausdruck seiner grauen Augen war unerwartet ernst, als er sie ansah. »Das weiß ich nicht. Das hängt immer vom Spieler ab.«
* 5
Kincaid stand allein in der Küche der Gilberts und lauschte dem Ticken der Uhr. Sie hing über dem Kühlschrank an der Wand. Die großen schwarzen Zeiger und Ziffern auf dem weißen Zifferblatt waren nicht zu übersehen und mahnten ihn daran, daß die Zeit verrann. Er sollte sich auf den Mordfall konzentrieren, anstatt Gedanken an Gemma nachzuhängen, die nichts als Frustration in ihm auslösten. Nach ihrem zornigen Ausbruch im Garten war sie nach Guildford abgefahren, ohne ihn eines Wortes zu würdigen, das nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Was zum Teufel hatte er nur jetzt wieder angestellt? Nun wenigstens, dachte er mit einer gewissen Genugtuung, hatte er sie nicht mit Nick Deveney in die Pampas geschickt - nach den Stielaugen, die der Bursche gestern gemacht hatte.
Seufzend fuhr er sich mit der Hand durch das Haar. Ihm blieb im Grunde nichts anderes übrig als zu versuchen, aus dieser verfahrenen Situation das Beste zu machen. Automatisch sah er auf seine Uhr und zuckte sofort gereizt die Achseln. Er wußte genau, wie spät es war, und solange er hier aushalten mußte, um auf Deveney zu warten, und das Erdgeschoß des Hauses für sich hatte, konnte er die Gelegenheit nutzen, sich ein wenig umzusehen.
Er trat in den Flur und blieb einen Moment ruhig stehen, um sich zu orientieren. Zum erstenmal fiel ihm auf, wie unorthodox das Haus gebaut war - hier eine Stufe hinauf, dort eine Stufe hinunter -, jeder Raum schien auf einer anderen Ebene zu existieren. Die bloßgelegten Holzbalken der Wände waren alle irgendwie windschief. Einen Moment lang glaubte er, ein Echo des Tickens der Küchenuhr zu hören, bis er sah, daß das Geräusch von einer alten Standuhr kam, die halb versteckt in einem Alkoven unter der Treppe stand.
Der Küche am nächsten war das Wohnzimmer, in dem sie am vergangenen Abend gesessen hatte. Ein rascher Blick zeigte ihm, daß es leer war, das Feuer im Kamin zu kalter Asche heruntergebrannt. Er ging weiter durch den Flur, der zum vorderen Teil des Hauses führte, und öffnete die nächste Tür.
Der Raum dahinter war ohne Zweifel Gilberts Arbeitszimmer gewesen. Er war, wie er feststellte, als er sich genauer umsah, beinahe eine Parodie eines typisch männlichen Rückzugsorts; die Wände, sofern nicht durch Bücherregale verstellt, waren in dunklem Holz getäfelt, auf dem wuchtigen Schreibtisch stand eine Lampe mit grünem Schirm, die Sitzgruppe vor dem Fenster mit den schweren Vorhängen war in einem dunkelroten Schottenmuster bezogen. Er trat näher, um die hellen Bilder an den dunklen Wänden zu betrachten - Jagdstiche natürlich. Die große Uhr auf dem Schreibtisch tickte im Takt mit seinem eigenen Herzschlag, und einen Moment lang hatte er die Vorstellung, das ganze Haus pulsierte in einem eigenen inneren Rhythmus. »Blödsinn!« sagte er laut, um den Bann zu brechen und die Gedanken an die Geschichte von Edgar Allan Poe zu vertreiben.
Er ging weiter zum Schreibtisch und fand ihn so ordentlich aufgeräumt vor wie erwartet. Eine Fotografie in silbernem Rahmen jedoch erregte seine Aufmerksamkeit, und er nahm sie zur Hand, um sie genauer zu betrachten. Dies war ein Alastair Gilbert, den er nie kennengelernt hatte - in Hemdsärmeln, lächelnd, den Arm um die Schulter einer kleinen weißhaarigen Frau. Mutter und Sohn? Er stellte das Bild wieder nieder und dachte dabei, daß es möglicherweise nützlich sein könnte, sich einmal mit der alten Mrs. Gilbert zu unterhalten.
In der obersten Schublade lagen die üblichen Schreibutensilien, pedantisch geordnet, und die Schubladen an den Seiten enthielten eine Menge Akten, deren Durchsicht vorläufig noch würde warten müssen. Unzufrieden mit diesem mageren Ergebnis seiner Inspektion, sah Kincaid die Schubladen noch einmal gründlicher durch und stieß auf ein in Leder gebundenes Buch, das in der rechten Schublade hinter den Akten steckte. Vorsichtig nahm er es heraus, legte es auf die Schreibunterlage und klappte es auf. Es war ein Terminkalender
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