Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
rundherum.
Deveney warf einen Blick in den Rückspiegel. »In Guildford gießt es wahrscheinlich in Strömen«, bemerkte er und machte Kincaid gleich darauf auf das prächtige Tor zu einem großen Gutsbesitz aufmerksam, an dem sie vorüberkamen. »Schauen Sie. Diese Leute sind es, die dafür sorgen, daß Surrey nicht von Touristen niedergetrampelt wird. Sie kommen aus London hierher und bringen ihr Geld mit, so daß wir es nicht nötig haben, Touristen anzulocken, um unsere Wirtschaft anzukurbeln.« Mit einem Achselzucken fügte er hinzu: »Aber es ist natürlich ein zweischneidiges Schwert. Diese Leute kaufen zwar Land und geben den Leuten hier Arbeit, aber viele werden von den Einheimischen nicht akzeptiert, und daraus entstehen Konflikte.«
»Und das hat auch auf Gilbert zugetroffen? Er war sicherlich der Protoyp des klassischen Pendlers«, meinte Kincaid, als sie aus einem Waldstück herausfuhren, und die Hügelkette der North Downs sich vor ihnen zeigte.
»Oh, ja, zweifellos. Er ist hier von den Leuten mit einer Mischung aus Verachtung und Schmeichelei behandelt worden. Ich meine, man will ja nicht unbedingt die Gans abstechen, die die goldenen Eier legt, nicht? Man will ihr nur klar machen, daß sie sich nicht einzubilden braucht, sie könnte sich mit an den Tisch setzen.«
Kincaid lachte. »Glauben Sie, Gilbert wußte, daß er nicht akzeptiert wurde und auch nie akzeptiert werden würde? Hat ihm das was ausgemacht?«
»Ich habe ihn nur flüchtig gekannt«, antwortete Deveney. »Ich habe nur ein paarmal bei dienstlichen Veranstaltungen mit ihm gesprochen.« Er schaltete herunter und fügte hinzu: »Brian Genovase kenne ich nur, weil wir eine Zeitlang im selben Rugby-Team gespielt haben.« Der Feldweg wurde jetzt zu einer schmalen Straße mit Bilderbuchhäusern zu beiden Seiten. »Holmbury St. Mary ist noch ganz unverdorben. Dieses Dorf hier haben sie gründlich aufgemotzt. Wahrscheinlich wollen sie den Titel als schönstes Dorf Englands erobern. Das ist der Tillingbourne River«, bemerkte er, als sie einen schmalen klaren Wasserlauf überquerten. »Den finden Sie hier auf jeder Ansichtskarte.«
»Na, ganz so schlimm kann es doch nicht sein«, meinte Kincaid, als Deveney den Wagen am Straßenrand abstellte. Er hatte eine etwas blumige Teestube bemerkt, sonst jedoch nichts Übertriebenes.
»Nein, aber das wird schon noch kommen.«
»Sie sind ein alter Zyniker.« Kincaid stieg aus dem Wagen und stampfte ein paarmal kräftig mit den Füßen, um sie nach der Fahrt im ungeheizten Auto wieder aufzuwärmen.
Lachend stimmte Deveney zu und sagte: »Es stimmt schon, ich bin zu jung, um so ein alter Griesgram zu sein. Aber vielleicht bekommt man durch Scheidung so einen bitterbösen Blick. Der Laden hier ist jedenfalls bestimmt nicht übel«, er wies auf das Schild mit der Aufschrift »Kitchen Concepts«, »und ohne die Leute aus der Stadt, wie Alastair Gilbert, wäre so was überhaupt nicht möglich. Den Bauern hier würde es nicht einfallen, sich Einbauküchen im Euro-Chic machen zu lassen.«
Die Schaufenster zeigten glänzende Fliesenwände in vielen bunten Farben und blitzende Kupfergeräte. Kincaid, der die Küche in seiner Wohnung in Hampstead selbst renoviert hatte, öffnete die Ladentür mit einer gewissen Neugier. Eine Frau mit Gummistiefeln an den Füßen und diversen Einkaufstüten in den Händen stand im Gespräch mit einem Mann vor einer der Ausstellungsküchen. Doch die Unterhaltung brach abrupt ab, als Kincaid und Deveney eintraten.
Nach einem kurzen Schweigen sagte die Frau: »Tja, dann will ich mal wieder los. Tschüs, Malcolm.« Sie warf Kincaid einen neugierigen Blick zu, als sie sich an ihm vorbei zur Tür hinausdrängte, und der fragte sich wie so oft, welchen Sinn es eigentlich hatte, in Zivil herumzulaufen, wenn jeder einem gleich ansah, daß man von der Polizei war.
Deveney hatte seinen Dienstausweis herausgezogen und Stellte sich und Kincaid vor, als Malcolm Reid zu ihnen kam, um sie zu begrüßen. Kincaid war es ganz recht, zunächst einmal im Hintergrund zu bleiben; das gab ihm Gelegenheit, Claire Gilberts Arbeitgeber etwas aufmerksamer unter die Lupe zu nehmen. Er war groß, mit kurzem blonden Haar und einem gebräunten Gesicht, das von einem kürzlichen Urlaub in wärmeren Regionen sprach. Seine Stimme war weich und ohne Akzent. »Sie sind wegen Alastair Gilbert hier? Das ist ja wirklich eine furchtbare Geschichte. Wer tut denn nur so
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