Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
stopfen. Gerade als Kincaid aufstand, um ihn zu begrüßen, wurde der Tisch am Kamin frei, und sie schnappten ihn sich geschwind.
Als Deveney mit seinem Bier vom Tresen zurückkam, hob Kincaid sein Glas. »Prost. Die Einheimischen haben Ihnen soeben ihr Vertrauen ausgesprochen.«
»Ich wollte,ich wär überzeugt, daß ich es verdiene.« Seufzend rollte er seine Schultern. »War das ein beschissener Tag! Ich hab diese ewige Schreibtischarbeit während der Schulzeit wirklich gehaßt, aber manchmal frage ich mich, warum ich ...«Erbrach ab und riß die Augen auf, als sein Blick zum anderen Ende des Raums schweifte. Dann lächelte er breit. »Der Tag hat soeben eine äußerst erfreuliche Wendung genommen.«
Kincaid drehte sich um und sah Gemma, die sich langsam zwischen den Tischen ihren Weg bahnte.
»Wieso kann mein Sergeant nicht so aussehen?« beklagte sich Deveney mit Leidensstimme. »Ich werd’ eine Beschwerde einreichen, und zwar gleich ganz oben, beim Chief Constable.«
Doch Kincaid hörte ihn kaum. Das Kleid war schwarz, mit langen Ärmeln, aber das war auch das einzig Brave an ihm. Es saß Gemma wie auf den Leib geschneidert und hörte weit über ihren Knien auf. Sie trug ihr Haar selten offen, aber an diesem Abend hatte sie es so gelassen, und ihre helle Haut schimmerte von Kupferrot umrahmt wie Milch und Blut.
»Machen Sie den Mund wieder zu«, sagte Deveney grinsend, als er aufstand, um Gemma einen Stuhl zu holen.
»Gemma«, begann Kincaid, ohne zu wissen, was er eigentlich sagen wollte, und im selbem Moment gingen die Lichter aus.
Einen gespenstischen Moment lang wurde es grabesstill, dann brach ein Höllenlärm aus.
»Moment, Moment!« schrie Brian. »Ich hole die Lichter.« Die zuckende Flamme seines Feuerzeugs verschwand hinter der Tür am anderen Ende des Tresens. Wenig später erschien er mit drei brennenden Notlampen wieder, die er im Raum verteilte.
Das Licht der Petroleumlampen verbreitete einen weichen gelblichen Schein, und Deveney sah Gemma mit unverhohlenem Gefallen lächelnd an. »Wenn das nicht ein großer Auftritt war! Bei Kerzenlicht sehen Sie noch schöner aus, wenn das überhaupt möglich ist.«
Wenigstens, dachte Kincaid, hatte sie den Anstand zu erröten. Er stand auf, um Gemma etwas zu trinken zu holen, aber Deveney pfiff ihn zurück. »Nein, lassen Sie mich das machen«, sagte er. »Ich komm’ leichter raus.«
Kincaid ließ sich wieder auf die Bank sinken und betrachtete Gemma, unsicher, was er sagen sollte, da er nicht wußte, wie sie reagieren würde. Schließlich sagte er: »Nick hat recht, du siehst wunderbar aus.«
Aber anstatt ihn anzusehen, drehte sie den leeren Aschenbecher hin und her und blickte zur Bar hinüber. »Ist GeofF gar nicht hier? Das ist Brians Sohn«, erklärte sie, sich Kincaid zuwendend. »Ich habe ihn heute nachmittag kennengelernt, und nach dem, was er mir erzählt hat, dachte ich eigentlich, er würde an der Bar helfen.«
Brian trat wieder aus der Küche und verkündete mit lauter Stimme: »Ich habe mit dem Elektrizitätswerk telefoniert. Zwischen Dorking und Guildford ist ein Transformator ausgefallen, es kann also noch eine Weile dauern, bis wir wieder Strom kriegen. Aber keine Angst«, unterbrach er das anschwellende Stimmengewirr, »der Herd arbeitet mit Gas. Das Essen muß also nicht ausfallen.«
»Na, das ist ein Trost«, meinte Deveney, als er Gemmas Wodka mit Orangensaft und die Speisekarte brachte. »Ich habe einen Bärenhunger. Mal sehen, was Brian unter diesen Umständen zustande bringt.« Nachdem sie ihre Wahl getroffen hatten, sagte er zu Kincaid: »Auf der Dienststelle hat eine Nachricht von Chief Constable auf mich gewartet. Im wesentlichen wollte er uns mitteilen, daß er baldigst konkrete Ergebnisse erwartet. Es ginge schließlich um das >Image der Polizei< und so weiter.«
Kincaid und Gemma schnitten Gesichter. Diese Sprache von oben war ihnen nur allzu vertraut, mit dem täglichen Kleinkrieg polizeilicher Ermittlungen hatte sie wenig zu tun.
»Halten Sie eigentlich immer noch an Ihrer Theorie vom Einbrecher fest, Nick?« fragte Kincaid.
Deveney zuckte die Achseln. »Sie ist so gut wie jede andere.«
»Dann würde ich vorschlagen, wir fangen damit an,jeden im Dorf zu vernehmen, der in letzter Zeit einen Diebstahl gemeldet hat. Wir müssen die Möglichkeit eines Zusammenhangs mit den Diebstählen eliminieren, ehe wir weitermachen können. Haben wir
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