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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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sein Lächeln suchte Kincaids Verständnis.
      Kincaid dachte an Julias Gesicht, wie er es gesehen hatte, als sie ihnen, in dem Glauben, Mrs. Plumley habe geklopft, die Tür geöffnet hatte. »Dann haben Sie sie also getraut, Pastor Mead? Aber ich dachte -«
      »Ja, richtig, Connor war katholisch, aber er war kein praktizierender Katholik, und Julia wollte gerne hier heiraten.« Mit dem Kopf wies er zur Kirche hinüber. »Ich habe vor der Trauung nicht nur mit Julia gesprochen, sondern auch mit Connor, und ich muß sagen, ich hatte schon damals meine Zweifel.«
      »Aus welchem Grund?« Kincaid hatte im Lauf des Gesprächs beachtlichen Respekt vor den Beobachtungen des Pastors gewonnen.
      »Er hat mich auf eine ganz merkwürdige Weise an Matthew erinnert, oder, genauer gesagt, an Matthew, wie er vielleicht geworden wäre, wenn er am Leben geblieben wäre. Ich weiß nicht, ob ich es erklären kann ... Er war vielleicht eine Spur zu glatt für meinen Geschmack - bei so viel äußerlichem Charme läßt sich manchmal schwer erkennen, was sich unter der Oberfläche abspielt. Wie dem auch sei, die Ehe wurde nicht glücklich.«
      »Es scheint so, ja«, stimmte Kincaid zu. »Bei Julia hat sich offenbar mit der Zeit eine tiefe Abneigung gegen Connor entwickelt.« Er machte eine Pause und wählte seine Worte mit Bedacht. »Halten Sie es für möglich, daß sie ihn getötet hat? Wäre sie dazu fähig?«
      »Wir alle tragen den Keim zur Gewalt in uns, Mr. Kincaid. Die Frage, die mich stets fasziniert hat, ist, was führt dazu, daß der eine Mensch zur Gewalt greift und der andere nicht?« In Meads Blick spiegelte sich das Wissen lebenslanger Erfahrung mit Menschen jeglicher Charakterausformung, und wieder kam Kincaid der Gedanke, daß ihre Berufe einiges gemeinsam hatten. »Aber um Ihre Frage zu beantworten«, fuhr der Pastor fort, »nein, ich halte Julia nicht für fähig, einen anderen Menschen zu töten, ganz gleich unter welchen Umständen.«
      »Warum sagen Sie >einen anderen Menschen<, Pastor Mead?« fragte Kincaid verwundert.
      »Weil es nach Matthews Tod Gerüchte gab, die Ihnen zweifellos zu Ohren kommen werden, wenn Sie lange genug in der Sache herumstochern. Offene Anschuldigungen hätte man vielleicht zurückweisen können, aber gegen dieses anonyme Getuschel war man machtlos.«
      »Was wurde denn getuschelt?« fragte Kincaid, obwohl er die Antwort schon wußte.
      Mead seufzte. »Nur was man erwarten konnte, wenn man die menschliche Natur kennt und von Julias manchmal offenkundiger Eifersucht auf ihren Bruder wußte. Es wurde angedeutet, sie hätte gar nicht versucht, ihn zu retten - sie hätte ihn vielleicht sogar ins Wasser hineingestoßen.«
      »Sie war also eifersüchtig auf ihren Bruder?«
      Der Pastor richtete sich in seinem Sessel auf und wirkte zum erstenmal leicht gereizt. »Natürlich war sie eifersüchtig! Jedes normale Kind wäre unter diesen Umständen eifersüchtig gewesen.« Er sah Kincaid fest an. »Aber sie hat ihn auch geliebt, und niemals hätte sie zugelassen, daß ihm etwas geschieht, wenn sie es hätte verhindern können. Julia hat alles getan, was man von einer verängstigten Dreizehnjährigen erwarten konnte, um ihren Bruder zu retten. Wahrscheinlich sogar mehr.« Er stand auf und begann das Teegeschirr auf dem Tablett zusammenzustellen. »Ich bin nicht kühn genug, eine solche Tragödie einen Akt Gottes zu nennen. Für Unfälle gibt es häufig keine Erklärung, Mr. Kincaid.«
      Kincaid stellte seine Tasse auf das Tablett und sagte: »Ich danke Ihnen für das Gespräch, Pastor Mead.«
      Mit dem Tablett in den Händen trat Mead ans Fenster und blickte auf den Friedhof hinaus. »Ich kann nicht behaupten, daß ich die Wege des Schicksals verstehe. In meinem Geschäft ist es manchmal auch besser, wenn man sie nicht versteht«, fügte er mit einer gewissen bitteren Ironie hinzu. »Aber trotzdem hat mich die Frage nicht losgelassen. Im allgemeinen sind die Kinder mit dem Bus von der Schule nach Hause gefahren. An diesem Tag hatten sie sich verspätet und mußten statt dessen zu Fuß gehen. Was hatte sie aufgehalten?«
     
     

* 7
     
    Gereizt schob Kincaid die Akten auf seinem Schreibtisch wieder zusammen und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, bis es wie ein Hahnenkamm in die Höhe stand. Der späte Sonntagnachmittag, wenn sich im Yard kaum etwas tat, war normalerweise die ideale Zeit, um den liegengebliebenen Papierkram zu erledigen, doch heute konnte

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