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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Herkunft schuld«, witzelte sie, doch sie hörte selbst die Verletzlichkeit in ihrer Stimme.
      Kincaid sah sie an. »Du bist prima, so wie du bist, Gemma. Laß dir nichts einreden.« Er berührte leicht mit dem Handrücken ihre Wange. »Wenn jemand aus einer sehr bürgerlichen Familie kam, dann Lydia«, fügte er hinzu und griff nach dem Schalthebel. »Die Tochter einer Schullehrerin aus einem kleinen Dorf.«
      »Was hätte sie zu einer Bäckerstochter aus Nord-London gesagt?« überlegte Gemma. »Allmählich geht es mir fast wie Vic - ich wünschte, Lydia würde plötzlich auftauchen und mit mir reden, mir erzählen, was sie dachte und wie sie wirklich war.«
      »Wir können ja Nathan fragen«, schlug Kincaid vor und nahm Gas weg. Sie hatten die vereinzelt liegenden Häuser am Dorfrand erreicht. Über das Feld zu ihrer Linken hinweg konnten sie die Baumreihe sehen, die das Ufer der Cam markierte.
      »Und Adam Lamb«, ergänzte Gemma. »Von allen ist er derjenige, zu dem das alles am wenigsten zu passen scheint - du weißt schon, das, was sie getan haben. Er wirkt so sanft und sensibel.«
      Von Adams zerbeultem Mini war vor Nathans Cottage jedoch nichts zu sehen. Auf ihr Klingeln blieb alles still. Sie klingelten erneut und warteten, horchten auf ein Geräusch von drinnen, doch Gemma hörte nur das leise Flöten der Vögel und das gelegentliche Summen von Autoreifen auf dem Asphalt.
      »Schauen wir mal in den Garten«, schlug Kincaid vor, trat von der Veranda zurück und sah nach beiden Seiten. »Dort rechts scheint ein Gartenweg ums Haus zu führen.«
      Er wandte sich in diese Richtung. Gemma folgte. Als sie vorsichtig auf die Wegplatten trat, stieg ihr ein süßlich-würziger Geruch in die Nase. Sie bückte sich, kniete nieder und pflückte einige der winzigen grünen Stengel, die aus den Ritzen der Steine sprossen. Sie zerrieb die Blätter zwischen den Fingern und hielt sie sich unter die Nase. Der Duft war betäubend, und sie schloß für einen Moment berauscht die Augen. »Das ist Thymian, stimmt’s?« sagte sie zu Kincaid, der näher gekommen war und sie beobachtete. »Schau doch, da wachsen alle möglichen Sorten.«
      »Wie auf Prince Charles’ Thymianweg in Highgrove? Ist nicht für einen Landhausgarten ein bißchen hoch gegriffen?«
      »Ich find’s wunderbar.« Gemma richtete sich auf und klopfte sich den Staub von der Hose. »Am liebsten würde ich mich darin wälzen wie eine Katze in Katzenminze.«
      »Tu dir keinen Zwang an«, sagte er und zog amüsiert eine Augenbraue hoch.
      Sie hatten eine Steinmauer erreicht, in die ein weißes Gartentor eingelassen war. Er griff über die Pforte, um sie zu entriegeln. Dahinter öffnete sich vor ihnen ein Weg durch ein tunnelartig geschnittenes Eibenspalier. Gemma reagierte mit einem Frösteln auf die plötzliche Kühle und den Geruch nach Feuchtigkeit unter dem grünen Gewölbe. Dann traten sie am anderen Ende in den rückwärtigen Gartenteil. Die Sonne zauberte lichte Flecken auf das Gras und die Gestalt von Nathan Winter, der vor einem Hügelbeet kniete.
      Er grub wild mit einer kleinen Gartenschaufel in der Erde. Sie beobachteten ihn einige Sekunden, bevor er aufsah und sie entdeckte. Der Wind hatte sein weißes Haar zerzaust, doch er trug nur eine Jacke, die aussah, als habe sie intensiven Kontakt mit dem Komposthaufen gehabt, und schmutzige Jeans. Rote flecken glühten auf seinen Wangen, und Gemma fand, daß er trotz der körperlichen Aktivität noch kränker aussah als am Vortag. Als sie über den Rasen auf ihn zugingen, richtete er sich in der Hocke auf. Ein halbes Dutzend kleiner grüner Pflanzen glänzten auf dem Boden vor ihm, die Wurzeln nackt.
      »Hat Ihnen mein Laubengang gefallen?« begrüßte er sie, als sie ihn erreichten. »Kit hat dort gern gespielt. Er war noch jung genug für Phantasiespiele mit Soldaten oder Entdeckern. In ein paar Jahren hätte er dort Zigaretten geraucht oder "Mädchen geküßt.«
      •Gemma fröstelte, denn Nathan redete, als sei Kit ebenfalls tot oder zumindest für ihn ebenso verloren wie Vic. Sie sah zu Kincaid hinüber, aber seine Miene war unbewegt, verschlossen. Er hatte seit dem Vorabend nicht mehr von Kit gesprochen, und sie hatte keine Ahnung, was er fühlte.
      Da Nathan keine Anstalten machte aufzustehen, setzte sich Gemma zu ihm ins Gras. In der Hoffnung, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, berührte sie eine der welkenden Pflanzen und sagte: »Was graben Sie

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