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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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mich in Gartenfragen um Rat gefragt hat. Er hat mir das Gefühl gegeben, meine Meinung sei alles, was zähle. Diese Ausschließlichkeit muß für ein Mädchen sehr verführerisch gewesen sein, das daran gewöhnt war, die zweite Geige zu spielen.«
      »Und Annabelle?«
      »Ich nehme an, daß sie sich nach Isabels Tod einfach verzweifelt danach gesehnt hat, geliebt zu werden. Und sie hat Martins Verlangen als Liebe mißverstanden. Ich schätze, sie hat schnell genug herausgefunden, daß Martin zu echter Liebe gar nicht fähig ist.«
      »Aber dazu, die eigene Schwester zu betrügen!« Gemma hatte bisher gar nicht gemerkt, wie sehr sie diese Sache aufgebracht hatte. Daß Annabelle Reg Mortimer mit Gordon Finch betrogen hatte, hatte sie rechtfertigen können, nicht aber die Affäre mit ihrem Schwager.
      »Rivalität unter Geschwistern gibt es seit Kain und Abel. Ich nehme an, Annabelle wollte das haben, wovon sie glaubte, daß ihre Schwester es hatte ... Glück in der Ehe, Kinder ... und sie war es gewöhnt, sich zu nehmen, was sie wollte.«
      »Und Jo hat ihr vergeben?«
      »Letztendlich, ja. Aber Harry nicht.«
      »Ich bin eigentlich wegen dieser Dinnerparty zu Ihnen gekommen«, gestand Gemma.
      Rachel schloß für einen Moment die Augen. »Ah, das war ein schrecklicher Abend!«
      »Sie haben die Auseinandersetzung mitbekommen?«
      »Es ist ein kleines Haus, und sie haben sich angeschrien. Nicht, daß mich das alles überrascht hätte! Keinesfalls. Ich hatte schon den Verdacht, daß sich da was zusammenbraute. Harry ist öfter bei mir, und ich habe längst gemerkt, was sein Vater mit ihm gemacht hat.« Rachel schob den Kater von ihrem Schoß und stellte die leere Tasse auf den Tisch. »Martins Untreue kann ich verzeihen, aber nicht, daß er seinen Sohn dazu mißbraucht, seine eigenen Rachegefühle zu befriedigen. Es überrascht mich offengestanden, daß noch niemand dem Mistkerl den Hals umgedreht hat.«
      »Erzählen Sie mir bitte, was an jenem Abend in der Küche gesagt worden ist.«
      »Zuerst habe ich Harry gehört. Er hat Annabelle mit gemeinen Schimpfwörtern bedacht. Jos ahnungslose Kunden waren völlig konsterniert. Ich glaube, die dachten zuerst, das alles käme aus dem Fernseher. Dann schrie Jo Harry an ... und Harry fing an zu weinen.«
      »Und Annabelle?«
      Rachel wandte den Blick ab. »Sie war ... sie hat Harry angefleht. Dann ging Reg auf sie los... Ich konnte nicht alles verstehen, aber er war außer sich. Annabelle wiederum schrie ihn an. Dann knallte die Tür zum Garten zu. Zweimal. Keiner von beiden kam ins Eßzimmer zurück. Jo erschien wenige Minuten später und hat versucht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber wir haben uns so schnell wie möglich verabschiedet.«
      »Was für einen Eindruck haben Annabelle und Reg beim Essen gemacht? Haben sie sich normal verhalten?«
      »Ja. Sie waren vielleicht ein bißchen schnippisch zueinander, aber für ein Paar, das sich so gut kannte, ist das nichts Ungewöhnliches.«
      »Und es kam sonst nichts zur Sprache, das den Streit ausgelöst haben könnte?«
      »Nicht daß ich wüßte.« Rachel Pargeter fügte nachdenklich hinzu: »Ich hoffe, Sie schließen daraus nicht, daß Reg etwas mit Annabelles Tod zu tun hat. Er ist kein schlechter Kerl... Er hat mit meinem Jimmy gespielt, wenn er zu Jo und Annabelle zu Besuch gekommen ist.«
      »Er war sehr wütend auf sie.«
      »Ich vermute, daß er nicht so sehr aus eigener Verletztheit heraus wütend war ... sondern um Jos willen. Er hat Annabelle nämlich angeschrien: >Wie konntest du das nur deiner Schwester antun?<
      Ein Jammer, daß Annabelle nie die Chance hatte auszuprobieren, was sie noch aus sich hätte machen können ... ob es ihr gelungen wäre, ihre Fehler auszubügeln«, fuhr Rachel kurz darauf fort. »Die meisten sind untröstlich, wenn ungewöhnliche Menschen sterben. Ich dagegen neige zu der Ansicht, daß die meisten sich dem Leben entziehen, sobald sie ihre Schuldigkeit getan haben.«
      »Bei Annabelle war das nicht der Fall.«
      »Sie konnte lieben. Ich glaube, sie hat ihre Schwester geliebt - trotz allem, was sie ihr angetan hatte -, und ich weiß, daß sie Harry geliebt hat. Die Zurückweisung durch den Jungen muß ein schwerer Schlag für sie gewesen sein, etwas, das sie noch nie erfahren hatte, und dieser Schmerz wäre vielleicht die Flamme gewesen, die ihren Charakter hätte formen können«, endete Rachel. Sie lächelte

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