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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ereignislose Tage gegeben haben. In der Erinnerung jedoch waren sie alle erfüllt gewesen mit der süchtigmachenden Atmosphäre des Abenteuers. Erst jetzt im Rückblick erkannte er, was ihm dieses unerschütterliche Vertrauen in die eigene Sicherheit gegeben hatte: nämlich das Bewußtsein, daß er allabendlich bei seiner Rückkehr nach Hause nach Ladenschluß seine Mutter und seinen Vater, eine warme Mahlzeit und die Schwester Miranda vorfinden würde, die mit ihm Monopoly oder Fangen spielen wollte.
      Dieser familiäre Rückhalt war ihm als unumstößliche Bastion erschienen. Niemals war ihm der Gedanke gekommen, daß sie so leicht zu erschüttern war wie ein Kartenhaus.
      Es war fast Mittag, als er in die Auffahrt der Millers einbog und den Motor abstellte. Laura Miller war Vics Sekretärin und gute Freundin von der Englischen Fakultät der Universität gewesen. Ihr Sohn Colin war ein Schulkamerad von Kit, obwohl die Millers in Comberton, einem kleinen Dorf wenige Meilen außerhalb von Grantchester, wohnten. Lauras Bereitwilligkeit, Kit nach dem Tod der Mutter bei sich aufzunehmen, hatte dem Jungen ein Paradies an familiärer Sicherheit und Kontinuität während des laufenden Schuljahres beschert.
      Zu Kincaids Überraschung öffnete Laura selbst auf sein Klingeln. »Ich dachte, du seist im Büro«, begann er und gab ihr einen Kuß auf die Wange.
      »Ich habe auch Sommerferien«, antwortete sie und ließ ihn herein. Sie trug weiße Shorts und eine farbige, indische Baumwollbluse, und ihre helle Haut war von der Hitze leicht gerötet. »Komm hinter in die Küche. Da ist es kühler.«
      Das Reihenhaus war gemütlich eingerichtet. Überall lagen Schuhe und Sportgeräte herum, die verrieten, daß in diesem Haushalt Jungen wohnten. »Colin ist in diesem Sommer fußballwahnsinnig. Keine Ahnung, was ihn gepackt hat«, bemerkte Laura, als sie einen Ball und schmutzige Socken vom Küchenstuhl räumte. »Setz dich. Ich hole dir was zu trinken. Ginger Ale mit Eis?«
      Als er nickte, fuhr sie fort: »Ich habe heute morgen schon versucht, dich anzurufen.« Sie reichte ihm ein Glas Ginger Ale und setzte sich ebenfalls. »Was ist eigentlich los, Duncan? Kit ist verschlossen wie eine Sphinx aus London zurückgekommen ... und dann ist gestern auch noch Ian McClellan hier aufgetaucht und hat behauptet, er sei wieder in Cambridge ... und zwar auf Dauer. Erst heute morgen habe ich Kit schließlich dazu gebracht, mir zu erzählen, daß Ian ihn zu sich ins Cottage nach Grantchester nehmen will.«
      »Dann hat Ian schon mit Kit gesprochen?«
      »Er ist nicht lange geblieben. Mehr war aus Kit nicht herauszubekommen. Er will überhaupt nicht darüber reden und weigert sich, das Haus zu verlassen. Ich mache mir langsam wirklich Sorgen.«
      »Ich habe Kit gesagt, daß ich sein Vater bin«, gestand Kincaid zögernd. »Am Abend, bevor Ian mich in London angerufen hat.«
      »Ach du liebe Zeit!« Laura war entsetzt. »Kein Wunder, daß der Junge völlig verstört war, als er hier ankam.«
      »Ich wußte, daß der Gedanke gewöhnungsbedürftig sein würde, aber mit einer Abfuhr hatte ich wohl nicht gerechnet... Schätze, ich hatte gehofft, daß er sich freuen würde.«
      Laura schüttelte den Kopf. »Du warst Kits Zuflucht vor seinem alten Leben, ein Außenstehender ... und bis auf die letzten Monate ein Freund.«
      »Aber ein Vater ist doch sicher ...«
      »Ich glaube, du verstehst nicht, Duncan. Für Kit sind Eltern die letzten Menschen, auf die er sich verlassen kann. Sie laufen weg und lassen ihn allein. Oder sie sterben. Ich glaube, nichts hätte ihm einen größeren Schreck einjagen können.«
      Kincaid sah sie an und fragte sich, warum er darauf nicht schon selbst gekommen war. »Mein Gott! Mir war gar nicht klar ... Wie kann ich das nur wieder ausbügeln?«
      Laura runzelte die Stirn. »Keine Ahnung. Versuch einfach, ihm die Sicherheit zu geben, daß sich zwischen euch nichts geändert hat.« Sie deutete auf die Gartentür. »Er ist hinten im Garten.«
      Herumliegendes Gartengerät und leere Plastiktöpfe verrieten ihm, daß Laura an den Staudenbeeten gearbeitet hatte, die in der prallen Sonne lagen. Erst einige alte Eichen im rückwärtigen Gartenteil machten den Garten zu einer schattigen Idylle. Er pfiff nach Tess, die sofort angerannt kam, um ihn schwanzwedelnd zu begrüßen. Kit war nirgends zu sehen, bis er den ersten Baum umrundet hatte.
      Dort saß Kit mit dem Rücken gegen

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