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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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schon endlich dran, mein Gott!« Gordon atmete schwer.
      »Ich ...« Gemma trat einen weiteren Schritt zurück und tastete nach ihrer Tasche. »Nein ... ich ... ich muß gehen.« Ihre Finger umschlossen den Henkel der Tasche. Sie drehte sich um und rannte die Treppe hinunter, als sei der Teufel hinter ihr her.
     
    »Truthahn«, sagte die Köchin. »Wir braten den größten Truthahn, den du je gesehen hast... dieser Mr. Hitler soll ja nicht denken, er könnte uns unser Weihnachtsfest vermiesen«, fügte sie empört hinzu und wischte sich die rote Nasenspitze mit der Schürze ab.
      »Und Mince Pie?« warf Lewis ein. Er saß am Küchentisch, hatte die Beine um die Stuhlbeine geschlungen und brütete übereinem Aufsatz für Mr. Cuddy über den Italienisch-Griechischen Krieg.
      Obwohl ihn das Herrenhaus längst nicht mehr beeindruckte - er rannte sorglos die Treppen hinauf und hinab zum Schulzimmer im ersten Stock, wo er und William bei Mr. Cuddy Unterricht hatten, und klopfte ohne Zögern an die Tür von Edwinas Salon -, hatte er es sich angewöhnt, seine Hausaufgaben in der Küche zu erledigen. Hier war es immer warm, gute Düfte erfüllten die Luft, und er hatte gelernt, dem Geplauder der Köchin zu antworten, ohne ihr wirklich zuzuhören.
      »Sag bloß keiner Menschenseele was von meinen Mince Pies«, warnte die Köchin. »Gerade gestern habe ich gehört, wie Mavis Cole den Kolonialwarenhändler um ein paar Sultaninen hat erpressen wollen. Wenn ’s bekannt wird, haben wir hier das halbe Dorf, das bettelt.«
      Obst jeder Art... ob frisch, getrocknet oder kandiert... war Mangelware geworden. Aber die Köchin hatte noch einige Gläser eingemachte Minzpaste vom vergangenen Weihnachtsfest an einem geheimen Platz in der Speisekammer aufbewahrt und war entschlossen, das beste daraus zu machen. Lewis hatte den Verdacht, daß sie ungeachtet der Warnung bereits ein paar Anspielungen im Dorfgemacht hatte und sich schon darauf freute, von einigen Leuten um einen Teil des Vorrats angebettelt zu werden. Und wenn, wie er vermutete, die Köchin eine Schwäche für ihn hatte, so hatte er keine Skrupel, daraus Vorteile zu ziehen. »Kommt daher, weil Ihre Pasteten die besten sind«, sagte er und sah von seinem Aufsatz auf.
      »Du bist ein Schmeichler, Lewis Finch! Paß nur auf«, entgegnete die Köchin und fächelte sich Kühlung zu, aber ihr Gesicht wurde noch eine Nuance röter, und Lewis wußte, daß er den richtigen Ton getroffen hatte. »Was ist jetzt mit den Zwiebeln für deine Mutter? Sollen wir sie hübsch verpacken ... zum Beispiel zusammen mit einem Kürbis-Ingwer-Mus?«
      »Ja, bitte! Und vielleicht ein paar Reineclauden!« Lewis schenkte ihr sein charmantestes Lächeln.
      In diesem Jahr fiel Lewis’ Weihnachtsbesuch zu Hause aus. Obwohl seit dem Überfall auf Coventry am 14. November die Anzahl der Angriffe auf London zurückgegangen war, fielen auch weiterhin Bomben. Und selbst wenn London sicher gewesen wäre, gab es das vertraute Zuhause nicht mehr. Die Schäden am Haus in der Stebondale Street waren irreparabel; seine Eltern lebten mittlerweile in einer winzigen Ein-Zimmer-Wohnung in Millwall, einige Blocks vom Mudchute Park entfernt.
      Die Lebensmittelknappheit war in London noch akuter als auf dem Land, und er und die Köchin planten, ein paar Kostbarkeiten, einschließlich der Zwiebel aus dem Küchengarten des Herrenhauses, nach London zu schicken. Seine Mutter hatte geschrieben, daß sie eine einzelne Zwiebel auf einem Kissen placiert im Schaufenster des Gemüseladensgesehen habe -zum Preis von einem Sixpence -, und ihr Anblick habe ihr vor Verlangen die Tränen in die Augen getrieben.
      Seine Mutter schrieb oft. In ihren Briefen berichtete sie, wie sie Brände löschten und Verschüttete retteten, denn sie betätigte sich mittlerweile als Luftschutzwart. Nach dem Chaos der ersten Bombennächte hatte sie beschlossen, sich nützlich zu machen, und ihr Ziel mit dem ihr eigenen Sinn fürs Praktische verfolgt. Außerdem, so hatte sie Lewis in einem Brief gestanden, den sie während einer späten Nachtwache geschrieben hatte, half es ihr, sich von der Sorge um seine Brüder abzulenken, die beide auf einem Zerstörer im Nordatlantik Dienst taten ... ganz zu schweigen von dem Kummer mit Cath, die angefangen hatte, ins Kino zu gehen, und die ganze Nacht in öffentlichen Unterständen verbrachte, wenn die Luftschutzsirenen heulten, während sie unterwegs war.
      »Richtig. Und die

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