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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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unvermeidliche Absage.
      Daphne und ich freuen uns auf Sommerabende und Picknicks am Fluß. Nathans Familie lebt in Grantchester, habe ich Dir das schon gesagt? Er hat versprochen, uns bei schönem Wetter ein Wochenende zu sich nach Hause einzuladen, und vielleicht wagen wir ein mitternächtliches Bad in Byron’s Pool, stromabwärts von Grantchester, hinter der Mühle. Es heißt, Rupert Brooke soll Virginia Woolf überredet haben, eines Sommers um Mitternacht dort nackt zu baden.
    Alles Liebe an Dich und Nan Deine schläfrige Lydia
     
    Er hat doch halb sechs gesagt, dachte Vic, als sie auf ihre Uhr sah, und drückte noch einmal frustriert auf den Klingelknopf.
      Sie hatte die Zeit sorgfältig in ihrem Terminkalender vermerkt; wie auch den Ort, obwohl sie die alte Trinity-Street-Kirche aus grauem Stein gut kannte. Als Adam Lamb sie beim ersten Mal abgewiesen hatte, hatte sie mit dem Gedanken gespielt, einen Sonntagsgottesdienst seiner Gemeinde zu besuchen, um ihn wenigstens aus der Ferne betrachten zu können.
      Ob es Nathan freuen würde, daß seine Vermittlung ihr diese kleine Hinterhältigkeit erspart hatte? überlegte sie lächelnd. Die Gedanken an Nathan waren verlockend, selbst noch in der Kälte auf der Veranda des Pfarrhauses, aber sie lenkten ab. Statt dessen war sie bemüht, sich Adam Lamb vorzustellen, wie er auf Lydias alten Fotos ausgesehen hatte: ein jungenhafter Typ mit schmalem Gesicht und dichten, dunklen Locken, ernst - und jetzt ein feindseliger Mann, der sich nur aufgrund der Bitte eines Freundes bereit erklärt hatte, sie zu empfangen.
      Vic fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und klingelte erneut.
      Die Tür ging auf, als sie sich schon halb abgewandt hatte. Sie hatte weder Schritte noch den Schlüssel im Schloß gehört und sog hastig und überrascht die Luft ein.
      »Hallo, ich bin ...«
      »Entschuldigen Sie vielmals«, sagte Adam Lamb atemlos. »Hatte ein völlig verzweifeltes Gemeindemitglied am Telefon. Immer ist was los. Besonders wenn man’s eilig hat. Geben Sie mir Ihren Mantel«, bat er lächelnd.
      In der Diele des Pfarrhauses war es noch kälter als draußen auf der Veranda. Sie trug ein tailliertes Kostüm in Marineblau, ein langes, zweireihiges Jackett über kurzem Faltenrock, das sie in der Hoffnung gewählt hatte, gleichzeitig vertrauenswürdig und geschäftsmäßig auszusehen und Adam Lamb etwas zu bieten, falls er für Frauenbeine etwas übrig hatte. Jetzt schien es, als sei beides vergebene Liebesmüh gewesen. »Nein danke«, wehrte sie bedauernd ab. »Ich behalte den Mantel lieber an.«
      »Kluge Entscheidung. Wenn Sie dieses Haus jetzt schon als zugig empfinden, dann sollten Sie mal mitten im Winter her-kommen. Aber im Wohnzimmer habe ich das elektrische Kaminfeuer eingeschaltet. Und wir könnten ein Glas Sherry oder Madeira trinken, wenn Sie möchten.«
      »Ein Sherry wäre großartig«, sagte Vic, hastete hinter ihm her und versuchte ihrer Überraschung Herr zu werden. Adam Lamb war größer, als sie aufgrund der Fotos vermutet hatte, und noch immer hager. Das dunkle, lockige Haar war ergraut, aber voll. Das schmale Gesicht war zerfurcht, als habe er kein einfaches Leben gehabt, und er trug eine dicke graue Wolljacke über der schwarzweißen Tracht des Geistlichen. All das paßte irgendwie zu dem Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte - selbst die Brille mit Goldrand, die seinen blauen Augen etwas Eulenhaftes verlieh -, nichts jedoch hatte sie auf die ernste Freundlichkeit seines Lächelns vorbereitet.
      Sie registrierte Linoleumbelag in verblaßten Farben und senfgelbe Wände. Dann öffnete er am Ende des Korridors eine Tür und schob sie hinein. Hier war es überraschend warm, und sie setzte sich dankbar in den Sessel, den er ihr anbot.
      »Wenn Sie mich bitte kurz entschuldigen«, sagte er. »Ich hab vergessen, den Anrufbeantworter einzuschalten. Sonst werden wir nur dauernd gestört.«
      Seine Abwesenheit gab Vic Gelegenheit, das Zimmer genauer zu betrachten, und sie sah sofort, daß er hier in der schäbigen Anonymität des Pfarrhauses seinen persönlichen Stempel hinterlassen hatte. Ein farbenfroher Teppich bedeckte den senfgelben Teppichboden, und vor den Fenstern, die zur schmalen Gasse neben der Kirche hinausführen mußten, hingen dunkelrote Samtvorhänge. Auf dem niedrigen Tisch vor ihrem Sessel standen zwei schöne Kristallgläser, deren blaue und rote Farbe im Schein des Heizofens im Kamin wie Juwelen

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