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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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funkelte.
      Bücher nahmen jeden verfügbaren Platz an den Wänden ein, und zumindest das war keine Überraschung für sie.
      Sie hatte gerade ihren Mantel ausgezogen und die Beine zum Ofen hin ausgestreckt, als Adam Lamb zurückkehrte. Er schenkte ihr aus einer Kristallkaraffe Sherry ein. Vic nippte daran. Er war sehr gut und sehr trocken, genau, wie sie ihn mochte.
      Er faltete seine lange Gestalt in das rote viktorianische Zweiersofa ihr gegenüber und hob sein Glas. »Auf die Wärme«, sagte er nachdrücklich. »Ich habe fünf Jahre in Afrika verbracht, und ich glaube, mein Blut hat seine gute englische Widerstandskraft seither nie wiedererlangt. Manchmal träume ich von der Sonne und von Nächten unter dem Moskitonetz. Aber ich langweile Sie.« Er lächelte sein entwaffnendes Lächeln und trank einen Schluck Sherry. »Sie wollen über Lydia reden.«
      »Ich möchte nicht unhöflich sein«, begann Vic zögerlich, »aber als ich Sie das erste Mal anrief, hatte ich den Eindruck, daß Sie nicht über Lydia reden wollen.«
      »Das trifft es nicht ganz«, widersprach Adam. »Ich kannte Sie nur einfach nicht.«
      »Mich?«
      Adam beugte sich vor, die Hände auf den Knien, die Miene ernst. »Ich wußte nicht, ob Sie Lydia positiv gegenüberstehen. Sie hätten genausogut - bitte entschuldigen Sie den Ausdruck - eine Skandalreporterin sein können. Und ich möchte keinem Buch Vorschub leisten, das die etwas skandalträchtige Seite von Lydias Leben mehr auswalzt als ihr literarisches Werk. >Der Dichter als Neurotiker<, Sie kennen diesen Schrott.«
      »Sie haben mit Darcy gesprochen.« Das war eher eine Feststellung als eine Frage. »Um sich über mich zu erkundigen.«
      »Sie sagten in Ihrem Brief, Sie seien an der Englischen Fakultät.« Adam betrachtete auffallend konzentriert seine Finger. »Also schien er mir die richtige Person, um eine Meinung einzuholen. Ich hatte keine Ahnung, daß Sie Nathan kennen. Persönlich, meine ich, und nicht nur in seiner Eigenschaft als Lydias Nachlaßverwalter.«
      »Und Darcy hat mich, vom akademischen Standpunkt her, als >unsolide< bezeichnet, stimmt’s? Er hat behauptet, ich wolle ein überspanntes feministisches Traktat schreiben, oder?« Vic fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Dann wurde ihr klar, daß sie den Schaden, den Darcy angerichtet hatte, nicht wiedergutmachen konnte, indem sie sich über Adam ärgerte, und holte tief Luft.
      »Das hat er nicht unbedingt gesagt...« Adams großer Mund verzog sich zu einem amüsierten Lächeln. Vic lächelte ebenfalls.
      »Aber er hat es gemeint.«
      »So ähnlich.« Adam hatte soviel Anstand, zerknirscht zu wirken. »Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen, Dr. McClellan. Ich lebe lange genug in Cambridge, um über die zahlreichen fakultätsinternen Rivalitäten Bescheid zu wissen.«
      Vic hielt es für das beste, nicht weiter darauf einzugehen und Darcy bei der nächstbesten Gelegenheit die Meinung zu geigen. »Nennen Sie mich Vic«, sagte sie laut. »Das tun alle meine Freunde.«
      »Und ich bin Adam«, erwiderte er. »Meine Schäfchen sagen Vater Adam, aber dafür besteht bei Ihnen kein Anlaß.«
      Nachdem diese Vertrauensbasis geschaffen war, versuchte Vic weitere Mißverständnisse im Vorfeld auszuräumen. »Adam«, begann sie und dachte unwillkürlich an den Jungen, den Lydia in ihren Briefen erwähnt hatte, obwohl sie jetzt einem erwachsenen Mann gegenübersaß. »Ich glaube, ich sollte keinen Zweifel an meiner Position lassen. Ich habe nicht die Absicht, mich auf die emotionalen Probleme in Lydias Leben zu konzentrieren. Aber ich kann auch nicht einfach darüber hinwegsehen. Welchen Sinn sollte eine Biographie haben, die eine Persönlichkeit nicht vollständig ausleuchtet? Man kann sich also entweder Darcys destruktiver Meinung anschließen, daß das Privatleben eines Künstlers keinerlei Relevanz für seine Kunst hat, weil das Leben eines Menschen nicht wichtig, sondern nur eine schwache Konstruktion des Ego ist, um seine Unzulänglichkeiten zu verbergen ...«
      Vic trank einen Schluck Sherry und fuhr fort: »... oder man entscheidet, daß Kunst, oder in diesem Fall Poesie, aus dem Leben und dem Erfahrenen entsteht und nur in diesem Zusammenhang echte Bedeutung erlangt. Nicht, daß ich die Macht der Sprache nicht zu schätzen wüßte - das vor allem fasziniert uns an der Poesie -, aber wenn man sie nur als Spielerei von Stil und Phantasie nimmt, dann schafft man ein

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