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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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war und schlimmstenfalls nach Metaphysischem schmeckte.« Er schloß in gespielter Verzweiflung die Augen.
      »Was Sie mir sagen wollen, ist doch, daß Vic die Dreistigkeit besaß, der Literatur Wert beizumessen, oder?« Kincaid zog die Augenbrauen hoch.
      Eliot klatschte in die Hände. »Bravo, Mr. Kincaid. Gut analysiert. Leider haben Sie sich dabei verraten. Ihr zurückhaltendes Polizistengehabe ist mir gleich aufgesetzt vorgekommen. Besonders angesichts Ihres Akzents und Ihrer Erscheinung. Sie sind in Wirklichkeit ein Intellektueller.«
      Und Sie sind ein selbstgefälliger Idiot, dachte Kincaid und lächelte. Er verspürte keine Lust, Einzelheiten seiner Herkunft mit Darcy Eliot zu diskutieren. Der Mann mußte Vic chronisch auf die Nerven gegangen sein. »Jetzt, da ich verstehe, wie brisant Vics Biographie rein vom theoretischen Standpunkt aus war, frage ich mich ... Sagen Sie, Dr. Eliot, kennen Sie jemanden, der ganz persönlich etwas gegen Vics Recherchen über Lydia Brookes Leben gehabt haben könnte?«
      »Lydia war eine wenig bedeutende Lyrikerin, deren frühe Arbeiten angenehm leicht und unterhaltsam, wenn auch nicht unbedingt originell waren«, entgegnete Eliot gereizt. »Sie hat ein ganzes Leben lang mit der Geisteskrankheit geflirtet. Ihre Späteren Gedichte verbanden eine >bekennerhafte< Erforschung ihrer Krankheit mit trivialen Elementen des Feminismus. Mir fallen zahlreiche Leute ein, die sie mit ihren Gedichten beleidigt haben könnte, aber ich bezweifle, daß es je zu irgend etwas Dramatischem in ihrem Leben geführt hat.«
      »Aber Sie haben Lydia persönlich gekannt«, bemerkte Kincaid. »Sie sind an der Uni befreundet gewesen.«
      »Sind Ihnen noch alle sympathisch, mit denen Sie studiert haben, Mr. Kincaid?« Eliot zog eine buschige Augenbraue hoch. »Ich erlebe immer wieder, daß man aus derartigen Beziehungen mit den Jahren herauswächst. Allerdings in Lydias Fall ...« Er hielt inne und musterte Kincaid nachdenklich.
      »Halten Sie mit Ihrer Meinung nicht hinterm Berg, Dr. Eliot«, ermunterte Kincaid ihn.
      Eliot lächelte über Kincaids unverhohlenen Sarkasmus. »Soviel Taktgefühl wäre ganz untypisch, meinen Sie? Mir ist eingefallen, daß es möglicherweise eine Person gibt, die daran interessiert sein könnte, daß nicht alle Details aus Lydias Privatleben bekannt werden. Lydia flirtete nicht nur mit der Geisteskrankheit - und das zu einer Zeit, als lesbische Neigungen noch nicht als so chic galten wie heute.«
      »Lydia hatte eine lesbische Beziehung?« fragte Kincaid überrascht. Falls Vic davon gewußt hatte, hatte sie es ihm gegenüber nicht erwähnt.
      »Was die Einzelheiten betrifft - nun, das können nur die Betroffenen wissen. Jedenfalls wurde darüber gemunkelt. Und da die betreffende Dame heute Leiterin einer angesehenen Mädchenschule ist...« Eliot schnalzte mit der Zunge. »Ich bezweifle, daß der Elternrat der Schule die Geschichte amüsant fände.«
      »Wer war die andere Frau, Dr. Eliot?«
      Darcy Eliot fühlte sich offenbar nicht wohl in seiner Haut. Die Weitergabe von prickelnden Gerüchten nahm er als amüsantes Spiel. Namen zu nennen dagegen würde einen Verrat an seiner vornehmen Erziehung bedeuten. »Warum sollte ich Ihnen das sagen, Mr. Kincaid?«
      Kincaid hatte diesen Schachzug erwartet. Er beugte sich vor und sah Dr. Eliot direkt in die Augen. »Weil Victoria McClellan tot ist und ich wissen will, wer Grund hatte, sie umzubringen.«
      Eliot wandte als erster den Blick ab. »Ist vermutlich Grund genug. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß Daphne jemanden umbringen ...«
      »Daphne Morris? Lydias Freundin vom Newnham College?« Kincaid hatte aufgrund von Vics Beschreibung eine klare Vorstellung des Mädchens, die Lydias Zimmernachbarin im College gewesen war. »Direktorin eines Mädchenpensionats?«
      »Hier in Cambridge. Direkt an der Hills Road in ...«
      Es wurde zaghaft an die Tür geklopft, und ein pickeliges Jungengesicht sah zur Tür herein.
      »Geben Sie mir noch eine Minute, Matthews, ja?« sagte Eliot gereizt. Der Junge zuckte betreten zurück und schloß die Tür mit einem Knall.
      »Nur noch eines, Dr. Eliot«, sagte Kincaid und erhob sich. »Haben Sie Vic am Dienstag überhaupt gesehen?«
      »Es war ein ganz normaler Tag«, antwortete Eliot bedächtig. »Da denkt man nicht darüber nach, was man tut. Das macht es um so schwieriger, sich später daran zu erinnern. Wir sind uns auf der

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