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Deborahs Totenacker

Deborahs Totenacker

Titel: Deborahs Totenacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht mit, daß sich ihr sonst so schmales Gesicht veränderte, sich aufplusterte. Er war wie im Rausch. Er holte tief Luft durch den Mund und auch durch die Nase – und er nahm den Geruch wahr.
    Nein, keinen Geruch mehr, sondern einen Gestank.
    Ekelerregend, widerlich, ein Gruß wie aus einer alten Gruft, in der Leichen vor sich hinmodern. Es war die letzte Warnung, die durch sein Hirn schoß und ihn wieder normal werden ließ.
    Oder fast normal.
    Für Luigi Serrano war es zu spät, sich zu wehren. Auf einmal spürte er hinter sich keinen Widerstand mehr. Da gab es keine Wand, nur noch die offene Tür.
    Deborah löste sich von ihm. Gleichzeitig versetzte sie ihm einen harten Stoß, und Luigi Serrano kippte nach hinten…
    ***
    Was er dann erlebte, kam ihm vor, als wäre er in einer zeitlupenhafte Szenerie der Hauptdarsteller. Für einen Moment hatte er das Gefühl, einfach abzuheben und selbst ein Düsenjet zu sein. Seine Augen waren weit aufgerissen, und er sah, wie sich diese Person vor ihm präsentierte.
    Sie stand in der offenen Tür. Sie hatte die Arme ausgebreitet und dabei eine königlich anmutende Haltung angenommen. Ihr Kleid war noch stärker verrutscht, die Brüste lagen beinahe frei, aber Luigis Blick galt jetzt nicht dem Körper, sondern ihrem Gesicht, das nur noch wenig mit dem einer attraktiven Frau zu tun hatte.
    Es war aufgequollen, es war zu einer teigigen Masse geworden, aus der ein schiefes Maul hervorschaute, in dem lange, spitze Zähne wie Reißnägel festsaßen. Dann kippte er.
    Das Gefühl des Abhebens und des wundervollen Fliegens war abrupt beendet, als er mit dem Rücken auf den steinernen Treppenstufen aufschlug und der Schmerz durch seinen Körper schoß, als wären feurige Lohen dabei, ihn zu zerreißen.
    Er schrie – oder schrie er nicht?
    Der Schmerz war stärker. Er traf seinen Kopf, Sterne platzten vor seinen Augen auf. Luigi bekam nicht mit, wie er sich überschlug, wie er mit dem Gesicht aufprallte, wie seine Hände über die Wände schleiften, wie die Haut an den Handknöcheln durch den Druck platzte und wie er auf den Knien landete.
    Die Welt stand für Serrano dicht vor dem Untergang, und es gab nichts, was seinen Fall stoppte.
    Er ließ die Treppe sich überschlagend hinter sich und kam erst hinter der ersten Stufe zur Ruhe.
    Dort blieb er liegen.
    Zwar ein Mensch, aber degradiert zu einem menschlichen Bündel, beinahe wie zusammengestaucht oder gefaltet, als hätte ihm ein großer Hammer sämtliche Knochen gebrochen.
    Daß er noch lebte, war nicht zu sehen, sondern nur zu hören. Aus dem Mantelstoff schien seine Stimme zu kommen, nicht mehr aus dem Mund, dessen Lippen unförmig waren und bluteten.
    Deborah hatte gewonnen.
    Und sie wollte noch mehr.
    Sie hatte sich so lange am Ende der Treppe aufgehalten, bis sie sicher sein konnte, daß von Luigi Serrano keine Gefahr mehr drohte und sie ihn als ihr Opfer ansehen konnte. Sie spürte den Hunger, der in ihren Eingeweiden tobte, und sie blieb auf der zweiten Stufe stehen, um die Tür zuzuziehen. Niemand sollte sie jetzt noch stören.
    Zum Glück gab es in dem Haus einen Keller. In dem feuchten Gewölbe würde sie keiner stören.
    So ging sie weiter, tappte eine Stufe nach der andern hinab und veränderte sich dabei immer mehr. Ihr Gesicht wurde dicker. Aus den Poren lösten sich stinkende Tropfen, die in Richtung Hals wanderten.
    Auch ihr Körper machte eine Veränderung durch. Deborah hatte keine perfekte Figur mehr. Die Brüste waren verschwunden, sie bildeten mit dem aufgequollenen Bauch eine Linie. Vieles an ihr erinnerte eher an ein Walroß als an einen Menschen.
    Sie tappte weiter, eine stinkende Schleimspur hinterlassend. Sie rollte auch über die Kante der letzten Treppenstufe hinweg, so daß sie neben dem Bündel Mensch stehenblieb.
    Jetzt gehörte er ihr.
    Aus dem Spalt, der einmal ein menschlicher Mund gewesen war, drang die klumpige Zunge hervor, drehte ihre Halbkreise und leckte Schleimtropfen weg.
    Deborah bückte sich.
    Es sah so schwerfällig aus, aber sie war auch schnell und stieß ihre klumpigen Arme vor. Die kurzen, dicken Hände griffen zu. ›Finger‹ bohrten sich in die Kleidung des Mannes und zerrten dann den gesamten Körper herum.
    Sie tasteten anschließend darüber hinweg und hatten gefunden, was Deborah wolte. Sie hatte den Revolver des Mannes nicht vergessen.
    Eine Waffe konnte sie immer gebrauchen. Soviel Mensch war sie noch, um das nicht vergessen zu haben.
    Sie fand die Waffe.
    Aus ihrem Mund

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