Debütantinnen - Roman
wirklich sehr schöner Raum, in strahlendem Gold dekoriert. Wissen Sie, welchen Raum ich meine?«
»Dieser Raum war sehr lange verschlossen.«
»Ja, und darin haben wir diese alten Bücher entdeckt. Sehen Sie.« Sie reichte ihr eines. »Viele sind Erstausgaben. Ihre Tochter war sehr angetan davon«, fuhr Cate fort. »Wir dachten, sie möchte sie vielleicht haben.«
»Verstehe.«
Ein wenig mehr Begeisterung hatte Cate schon erwartet. Vielleicht hatte die alte Dame sie nicht recht verstanden.
» Die meisten Bücher sind ungelesen. Sie sind wirklich sehr wertvoll«, erklärte sie. »Und in einem wunderbaren Zustand. Der Wind in den Weiden ist zum Beispiel äußerst rar.«
»Sie sind zu freundlich.« Sie hielt das Buch ungeöffnet auf dem Schoß.
»Ich meine, natürlich …«, stammelte Cate, »wenn Sie sie nicht wollen …, ist es auch nicht schlimm. Wir dachten nur …«
»Verzeihen Sie. Es ist nur so, dass wir sehr viele Sachen haben, meine Liebe«, sagte sie ruhig. »Und seit meine Tochter hier eingezogen ist, haben wir noch weniger Platz. In der Hinsicht sind wir beide nicht sonderlich talentiert.« Sie gab Cate das Buch zurück. »Ich möchte nicht undankbar klingen, aber vielleicht wäre es besser, wenn Sie sie jemand anderem geben oder sie selbst behalten.«
Etwas hatte sich verändert. Die Frau, die vor einer Minute noch lebhaft und begeistert geplaudert hatte, war plötzlich kühl und abweisend. »Es tut mir leid.« Cate steckte das Buch zurück in die Kiste und faltete die Laschen zu. »Ich … Ich meine, wir dachten, es wäre eine gute Idee.«
»Es ist ja nichts passiert. Tut mir leid, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, sie herzubringen.« Sie trank noch einen Schluck Tee.
Cate stand unbeholfen auf und nahm ebenfalls ihren Teebecher zur Hand. »Endsleigh ist ein sehr schönes Anwesen«, sagte sie in dem Versuch, wieder neutralen Boden zu betreten.
»Ja. Sicher sehr schön anzusehen.«
»Ihre Tochter hat mir erzählt, dass Sie ins Haus kamen, als Irene Blythe frisch verheiratet war.«
»Ja, als Zofe. Das ist lange her.«
Auf der verzweifelten Suche nach einem neuen Gesprächsthema sah Cate sich noch einmal im Zimmer um.
»Es war sicher sehr aufregend, für so einen berühmten Menschen zu arbeiten.«
»Nun«, Jos Mutter runzelte die Stirn und wischte einen Fussel von ihrem Rock, »damals war das nicht ganz dasselbe.«
Zwischen ihnen stand etwas im Raum, eine unsichtbare Tür, die Cate nicht öffnen konnte. Es hatte mit dem Haus zu tun, den Büchern …
»Dieser Raum im ersten Stock«, fuhr Cate unbeirrt fort, »ich fand, er war der schönste Raum im ganzen Haus. Wissen Sie, warum er abgeschlossen wurde?«
»Er wurde nicht gebraucht«, antwortete die Frau kurz angebunden. »Während des Krieges wurde der größte Teil des Hauses zugesperrt, um Strom und Heizung zu sparen. Dieser Flügel wurde nie wieder richtig genutzt. Und abgesehen davon«, sie stellte ihren Teebecher entschlossen ab, »wie viele Räume braucht ein Mensch?«
Plötzlich war es offensichtlich … Es waren alles Kinderbücher. Cate fragte sich, warum sie nicht gleich darauf gekommen war. »Es war ein Kinderzimmer, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, wozu dieses Zimmer diente. Es war immer abgeschlossen.« Die alte Frau stand auf. »Es tut mir leid, dass Sie umsonst gekommen sind. Ich sage meiner Tochter Bescheid, dass Sie hier waren. Sie hat gesagt, sie wollte zur Auktion gehen, also treffen Sie sie vielleicht dort.«
Cate stellte ihren halbvollen Teebecher ab. Ihr Besuch war eindeutig zu Ende. Sie nahm die Kiste und folgte Jos Mutter zur Tür. »Haben Sie Diana Blythe gekannt?«
»Ich bin ihr begegnet.«
»Was glauben Sie, was aus ihr geworden ist?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Cate lachte und versuchte, sie zu besänftigen. »Sie werden vermutlich häufig nach ihr gefragt!«
Die Frau sagte nichts.
»Nur seltsam, nicht wahr, dass es kein Grab gibt?«
»Ein Grab?«
»Ich weiß, dass man ihre Leiche nie gefunden hat, aber es ist doch ungewöhnlich, dass man den Verlust eines geliebten Menschen nicht auf irgendeine Weise dokumentiert, mit einem Grab oder eine Gedenkstein.«
Jos Mutter schien darüber nachzudenken. »Nicht jeder möchte an die Vergangenheit erinnert werden«, sagte sie schließlich.
»Ja. Ja, Sie haben recht. Es tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.«
Sie öffnete die Tür. »Es war sehr nett von Ihnen, dass Sie vorbeigekommen sind.«
(Cate hatte das Gefühl, dass das nicht ganz der Wahrheit
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