Debütantinnen - Roman
Bitte glaub mir. Und jeden Tag, an dem ich nichts von Dir höre, bereue ich sie mehr. Ich weiß nicht, was ich machen soll, um es zu regeln. Ich würde am liebsten die Zeit zurückdrehen bis dahin, bevor all dies begann. Die Last meines Gewissens ist schier unerträglich.
B
C ate schaute auf ihre Uhr und richtete den Blick dann wieder auf ihr Spiegelbild. Es war 18 Uhr 23 am Freitagabend. Sie trug ein Kleid, die Haare lockten sich sanft um ihr Gesicht, und sie hatte Lippenstift und Parfüm aufgelegt. So sah eine Frau nicht aus, wenn sie eine Affäre beenden wollte. So sah eine Frau aus, die mit einem Fuß drin und mit einem draußen war, die abwarten wollte, ob die Dinge diesmal vielleicht anders liefen. Cate dachte an ihre Mutter, an die Fahrt ins Krankenhaus, und doch war sie hier, hatte ihre Wimpern mit einer Wimpernzange bearbeitet und Rouge aufgelegt. Hatte sich den Mund mit Listerine ausgespült.
Sie sollte nicht gehen. Sie sollte das Ganze ignorieren. Es hinter sich lassen. Dann dachte sie an Jack, an seine Hand auf ihrer Wange, und kam sich dumm und wirr vor.
Sie hatte nichts. Nichts zu verlieren und nichts zu gewinnen. Gar nichts.
Sie zog das Kleid aus. Sie würde bei Rachel zu Hause bleiben, und fernsehen.
Es hatte keinen Sinn zu gehen. Es war alles gesagt.
Als Cate nach unten kam, las Rachel im Wohnzimmer Zeitung. »Was hast du vor?«
»Nichts. Ich brauche nur …« Sie drehte ihre Uhr am Hand gelenk, nervös. Wie spät war es? »Ich brauche nur ein paar Zigaretten.«
Rachel setzte ihre Brille ab. »Warum begleite ich dich nicht?« Sie faltete die Zeitung zusammen. »Ich könnte einen Spaziergang vertragen.«
»Nein.« Cate schüttelte den Kopf, die Hand wanderte zum Türknauf. »Ich bin gleich wieder da. Ich muss mir nur den Kopf ein wenig durchlüften.«
Es gab kein Entrinnen. Sie lief die Stufen hinunter auf die Straße. Sämtliche inneren Debatten waren verstummt. Sie wusste, wohin sie ging. Sie hatte es immer gewusst.
Als sie dort ankam, war die Galerie geschlossen. Sie drückte auf die Klingel. Aus der Video-Wechselsprechanlage drang eine Männerstimme.
»Cate Albion?«
»Ja.«
Die Tür ging mit einem Summen auf. »Bitte kommen Sie herein.«
Einen Augenblick glaubte sie, sie müsste laut auflachen vor Aufregung, vor schierer Erleichterung, ihn wiederzusehen. Sah er immer noch so aus wie früher? Er war so weit gekommen. Was würden sie einander sagen?
Sie ging in die Hauptgalerie mit ihrem Holzfußboden und dem trüben Licht. So trüb, dass sie sie zuerst nicht sah.
In der hinteren Ecke, neben einem kleinen Tisch, saß sehr aufrecht eine Frau. Das Gesicht hatte sie dem Fenster zugewandt, doch ihr dunkles langes Haar fiel über ihre schmalen Schultern.
Es war Anne Marie.
Hinter ihr stand ein großer Mann in einem dunklen Anzug mit rotblondem Haar und Brille. Seine Hand lag leicht, beschützend, auf der Rückenlehne ihres Stuhls.
»Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich nicht aufstehe«, sagte die Frau, ohne sich umzuwenden.
Cate wollte etwas sagen, doch es kam nichts heraus. Er hätte hier sein sollen, nicht sie. Nach der langen Zeit hätte er hier sein sollen. Und doch nahm sie Anne Marie in sämtlichen faszinierenden Einzelheiten in sich auf: ihre braungebrannten, schlanken Arme, ihre langen Finger mit den kurzen, spitz zulaufenden Fingernägeln und dem großen Opalring, die Art, wie das Licht auf ihr Gesicht fiel, und die tiefen Falten um ihre Augen, die jedoch die Wirkung ihrer Gesichtszüge nicht zu mindern vermochten. Sie war kleiner, schöner, älter und weit realer.
»Sie finden es sicher seltsam, dass ich Kontakt zu Ihnen aufgenommen habe«, fuhr Anne Marie mit ruhiger, gemessener Stimme, bar jeglicher Emotionen, fort. »Aber mir ist aufgefallen, dass mein Mann … etwas übersehen hat. Und es lag mir am Herzen, es so schnell wie möglich zu klären. Meinem Anwalt hier, Mr Trask«, mit einem leichten Neigen des Kopfes wies sie auf den großen Mann mit der Brille, »ist es leider nicht gelungen, Ihnen eine Antwort zu entlocken. Also dachte ich, eine eher informelle Einladung könnte Sie vielleicht überzeugen, sich mit uns zu treffen. Sie sind ja eine wahre Einsiedlerin«, sagte sie, drehte sich um und blickte Cate zum ersten Mal in die Augen. Die Sicherheit, die in ihrem Blick lag, war niederschmetternd und faszinierend zugleich. Cate merkte, dass sie diesem Blick nicht standhielt, doch sie brachte es auch nicht über sich, die Augen abzuwenden. Noch nie im Leben hatte
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